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Die Kriegerin der Kelten

Die Kriegerin der Kelten

Titel: Die Kriegerin der Kelten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manda Scott
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Ältestenrats haben hier, in diesem Haus, die Ausbildung ihres Geistes erfahren. Und ausgerechnet ich bin nun derjenige, der all dies in Flammen aufgehen lässt, um jene Dinge zu schützen, die meiner Ansicht nach noch wertvoller sind. Aber es könnte durchaus sein, dass ich mich irre. Womöglich ist dies nun der größte Fehler, den ein Mann, der sein Leben doch eigentlich im Angesicht der Götter leben sollte, jemals begangen hat. Vielleicht hat sich noch nie jemand dermaßen selbst überschätzt. Und genau darum muss ich hier sein, wenn es passiert. Nur so werde ich erfahren, ob es richtig war, wie ich gehandelt habe, oder grundfalsch.«
    Das Feuer schenkte ihnen wohlige Wärme, und in der Stille, die folgte, bekam Bellos erstmals eine vage Ahnung davon, wie Luain mac Calma aussah, wenn er die Gestalt seines Geistes nicht mehr zu verbergen versuchte, wenn er seinen Schüler, den Blinden, der zwischen den Welten wanderte, einen Blick auf sein wahres Ich werfen ließ.
    »Die Legionen fürchten sich davor, die Meerenge zu überqueren«, erklärte Bellos. »Sie glauben, dass sich darin Seeschlangen und die Geister von Frauen tummeln. Frauen, die die Männer mit ihren Gesängen erst anlocken und dann ertränken. Sie haben Angst vor den Kriegern, jenen Männern und Frauen, die sich nicht etwa in Reih und Glied aufstellen, um zu kämpfen, sondern die aus dem Schutz des Waldes heraus töten und von den Bergketten herabstoßen. Vor allem aber fürchten sie sich vor den Träumern. Ihre Kommandeure haben ihnen erzählt, dass wir angeblich lebende Menschen in die Flammen stoßen würden, um anhand ihrer Schreie die Zukunft zu entschlüsseln. Sie alle haben bereits den Circus Maximus in Rom kennengelernt, und allein die bloße Vorstellung, dass ein ähnliches, qualvolles Sterben nun auch ihnen, den Legionaren, bevorstehen könnte, lässt sie vor lauter Furcht fast schon tot umfallen. Falls wir es also schaffen könnten, ihnen bereits im Vorfeld der Schlacht schon einmal irgendeines dieser schauerlichen Spektakel vorzuspielen, dann hätten wir sie quasi schon besiegt, kaum dass sie auch nur einen Fuß auf diese Insel setzen.«
    »Oder aber sie kämpfen dann mit jener vollkommen angstfreien Selbstvergessenheit von Männern, die bereits wissen, dass ihr Leben ohnehin verwirkt ist, und die nur noch den sauberen Tod im Kampf suchen. Ich habe dergleichen schon gesehen, und zwar nicht nur in den Reihen der Legionen. Zuweilen, wenn die Angst am größten ist, verwandelt sie sich plötzlich in eine wahre Kampfeswut, und dann lässt sich das Handeln der Männer überhaupt nicht mehr steuern. Aber es ist gut zu wissen, wovor genau sie sich fürchten. Damit können wir in jedem Fall schon einmal etwas anfangen. Ich danke dir.« Mac Calma tippte leicht mit den Fingerspitzen gegen Bellos’ Knie, eine Geste, wie er sie schon ein- oder zweimal zuvor gemacht hatte, während sie gemeinsam die visionären Talente des Jungen trainierten. »Ich kann mir ungefähr vorstellen, wie schwer das für dich gewesen sein muss. Und vielleicht werden wir dich noch einmal brauchen. Wärst du also bereit, diese Aufgabe abermals auf dich zu nehmen?«
    »Es war wirklich keine große Anstrengung für mich«, antwortete Bellos. »Und wenn wir damit Rom schlagen können, bin ich bereit, alles zu tun, worum du mich bittest. Egal, wie lange das auch dauern mag.«
    »Gut. Heute Nacht aber werde ich dich um nichts mehr bitten. Du musst schlafen. Thorn hat ein kleines Feuer in deiner Hütte entzündet. Wenn du dich jetzt auf den Weg machst, ist sie vielleicht noch da, wenn du ankommst.«
    In der Tat, Thorn war noch in Bellos’ Hütte, als dieser durch die Tür trat. Genau wie mac Calma, so behandelte Thorn auch ihn, den Blinden, keineswegs behutsamer, als sie auch jeden anderen Menschen behandelte. Dafür war Bellos ihr täglich aufs Neue dankbar. Sie war warm und großzügig und freute sich stets, ihn zu sehen. Und auch das verschlug ihm jedes Mal wieder die Sprache und erfüllte ihn mit Verwunderung und tiefster Dankbarkeit.
    In Gallien hatte er sich als Kind prostituieren müssen. Männer hatten ihn benutzt und waren dabei keineswegs sanft mit ihm umgegangen. Und wenn er zurückgeschreckt war vor den aufdringlichen Annäherungsversuchen der Kerle, dann hatte der Tavernenwirt ihn zur Strafe verprügelt. Zwar hatte auch Bellos sein eigenes Verlangen nach Zuwendung entwickelt, doch er hatte schon früh gelernt, diese Sehnsucht niemals auf einen Menschen zu richten,

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