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Die Kriegerin der Kelten

Die Kriegerin der Kelten

Titel: Die Kriegerin der Kelten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manda Scott
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hellwachem Geist, klarem Kopf und durchdrungen von dem Atem der Bärin, der ihm das Herz wärmte, hob Cunomar beide Daumen an die Lippen und ahmte das Schreien einer Rohrdommel nach.
     
    Wenig später stieß Ulla zu ihm, gefolgt von Scerros und dessen Cousine von den hoch im Norden lebenden Eceni, deren Namen Cunomar nie erfahren hatte. Die drei waren kaum zu erkennen, da ihre Gesichtszüge hinter den mit weißem Kalk auf grauem Waid aufgemalten Totenschädelmustern verborgen waren. Sie begrüßten einander mit einem wortlosen Lächeln, ein Aufblitzen von weißen Zähnen, das bewies, dass sie noch keine Wiedergänger waren. Beseelt vom Geist der Bärin, Atem und Herzschlag von Erregung beflügelt und erfüllt von der Hoffnung auf Ehre und dem Drang nach Rache, traten sie in den Nebel, der den Steinernen Pfad der Ahnen einhüllte, und wurden augenblicklich regelrecht unsichtbar.
    Nachdem sie einen halben Vormittag lang stocksteif und reglos in ihren Verstecken gelegen hatten, war es für sie ein echter Willensakt, sich nun überhaupt noch bewegen zu können. Und dann trotz steifer, schmerzender Gelenke auch noch vollkommen lautlos durch das letzte Stückchen Wald zu laufen, auf den alten Steinpfad hinaufzusprinten und hinter den letzten vier den Weg entlangmarschierenden Legionssoldaten herzujagen, das war für sich allein genommen schon eine Leistung, die einer am winterlichen Feuer erzählten Heldengeschichte würdig war.
    Der plötzliche, durchdringende Gestank nach Bär und Schweinefett ließ die Nachhut der Neunten zwar erkennen, dass sie von feindlichen Kriegern angegriffen wurde, doch die Warnung kam nicht mehr rechtzeitig genug. Vier Hände packten vier behelmte Köpfe und rissen sie mit einer ruckartigen Bewegung nach hinten; vier Klingen schnitten blitzschnell durch Nebel und Haut und Knorpel. Vier Männer schrien warnend und voller Schmerz und Todesqual durch aufgeschlitzte Luftröhren, die doch keinerlei Laut mehr transportierten. Wie abgeschlachtetes Vieh vermochten auch die Legionare nur noch lautlos zu brüllen, um kurz danach zu verenden. Ihre Augen verdrehten sich nach oben, sodass nur noch das Weiß der Augäpfel zu sehen war, und ihre Gliedmaßen erschlafften abrupt.
    Blut rann in Strömen über das graue, kalte Pflaster des Steinernen Pfades der Ahnen. Vier Seelen lösten sich aus ihrer irdischen Hülle und wurden rasch von Airmid, Gunovar und Lanis davongeführt, die sich zusammengetan hatten, um gemeinsam dafür zu sorgen, dass die Geister der Toten beider Seiten nicht sich selbst überlassen blieben und verloren und hilflos im Nebel umherirrten. Valerius war derjenige gewesen, der die Träumer ausdrücklich darum gebeten hatte, sich auch der Seelen der getöteten Feinde anzunehmen, und niemand hatte sich dagegen ausgesprochen.
    Im selben Augenblick kamen andere Krieger zwischen den Bäumen hervor und halfen mit, die Leichen zu stützen und die Schilde und Tornister der Getöteten aufzufangen, damit nichts davon laut scheppernd auf das Steinpflaster fallen konnte und so die vorausmarschierenden Legionare vor dem Gemetzel warnte, das nur wenige Schritte hinter ihnen stattfand. Vorsichtig und ohne jedes Geräusch wurden die Toten vom Pfad hinuntergetragen, gegen die Bäume gelehnt und dann dort zurückgelassen, damit später, wenn die Gefahr vorüber war, die Großmütter und Kinder kommen und ihnen die Waffen abnehmen konnten.
    Schon hatte der Kreislauf des Tötens von neuem begonnen. Inzwischen hatten vier weitere Krieger ihren Platz zwischen den Bäumen verlassen und waren - ebenso grau und gespenstisch anmutend wie ihre Gefährten, ebenso schnell und lautlos - auf den Pfad gehuscht, um die vier Männer der nunmehr letzten Reihe bei den Köpfen zu packen und ihnen die Kehle durchzuschneiden, noch bevor diese auch nur merkten, dass sie im Sterben lagen.
    Die restlichen Männer der Neunten marschierten unterdessen ahnungslos weiter, versunken in ihren eigenen monotonen Rhythmus von Fleisch auf Leder und Eisen auf Stein. Eine Strecke weiter vor ihnen lockten die Signalhörner der ersten Kohorte, versprachen den erschöpften Männern mit jedem neuen Refrain bereits fertig aufgestellte Zelte und Kochfeuer, die schon lodernd brannten, und prall gefüllte Weinschläuche, die nur noch darauf warteten, geleert zu werden. Denn das war stets die Belohnung, die denjenigen winkte, die in der Nachhut jeder Kolonne marschierten - nämlich am Abend in ein Lager zu kommen, das bereits fix und fertig

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