Die Kriegerin der Kelten
und das weiß auch Valerius. Genau das ist der Grund, weshalb er die Nachricht aus Camulodunum Cerialis persönlich überbracht hat. Obwohl er mit Leichtigkeit auch Hawk oder Longinus hätte schicken können. Und es ist auch allein Valerius zu verdanken, dass er die Neunte Legion so weit hat nach Süden locken können. Sicherlich, wir haben der Schlange zwar höchstens ein wenig den Schwanz kupiert, aber ohne die Mithilfe meines Bruders hätten wir noch nicht einmal das geschafft.« Breaca beobachtete, wie Cygfa scheinbar gleichgültig mit den Schultern zuckte. »Und du denkst, das reicht noch immer nicht aus, um das Kriegsheer von seiner Loyalität zu überzeugen?«
»Es ist zumindest schon einmal ein Anfang. Aber jetzt müssen wir ihn auch noch im Kampf sehen, und zwar nicht nur wir, sondern auch die Legionen müssen ihren einstigen Kameraden dabei beobachten. Erst dann, wenn offensichtlich ist, auf wessen Seite er steht, werden auch die Krieger langsam begreifen, wer Valerius wirklich ist und wozu er fähig ist. Bis dahin warten sie jeden Augenblick darauf, dass er sie verraten möge. Und selbst wenn es auch nur den leisesten Konflikt zwischen Valerius und einem der Krieger geben sollte, werden sie sich sofort auf Cunomars Seite schlagen.«
»Zu einem Konflikt wird es nur dann kommen, wenn die Krieger mich dabei erwischen, wie ich im Kampf versage«, widersprach Breaca. »Aber ich werde meinen Zusammenbruch noch mindestens so lange hinauszögern, bis Valerius endlich bereit ist, die Führerschaft über das Kriegsheer zu übernehmen.«
»Ich danke dir.« Cygfa war schon immer die Direkteste von allen Kindern Caradocs gewesen. »Auf genau diese Antwort hatte ich gehofft. Im Übrigen ist Valerius jetzt gerade auf dem Weg zu uns, gemeinsam mit den Batavern. Die werden nun an unserer Stelle kämpfen. Aber sollten wir doch noch eingreifen müssen, darf ich dann deine Schildseite schützen, während wir die letzten verbliebenen Soldaten töten?«
Breaca verlagerte den Griff um ihr Schwert ein wenig. Zehn lange Jahre der schier unaufhörlichen Schlachten hindurch hatte Cygfa stets Breacas Schildseite geschützt - und nie hatte sie um Erlaubnis bitten müssen, diese Stellung einnehmen zu dürfen. »Aber«, entgegnete Breaca, »dieser Platz ist doch immer der deine. So lange, bis du mir sagst, dass du ihn nicht mehr willst.«
Cygfas Züge wirkten hart und spröde. Dennoch konnte Breaca unter der Maske der scheinbaren Unbeteiligtheit jene Tochter im Geiste erkennen, die bereits so viele Male den Kampf um Leben und Tod mit ihr durchfochten hatte, dass sie sie schon gar nicht mehr zählen konnte. Nach einer Pause entgegnete Cygfa mit überraschend sanfter Stimme: »Das wird nicht passieren. Niemals.« Sie blinzelte heftig und setzte dann ein etwas gezwungen wirkendes Lächeln auf. »Achte auf den schwarzen Hengst mit den weißen Fesseln und dem Mond auf der Stirn. Denn damit hat dein Bruder ein Tier gefunden, das es mit dem Krähenpferd aufnehmen kann. Wenn es ihn lebend durch die Schlacht bringt, werde ich mich mit ihm um das Pferd schlagen, und zwar ehe Cunomar auch nur die leiseste Chance erhält, Valerius das Tier abspenstig zu machen.«
Zum ersten Mal an diesem Tage breitete sich ein herzliches Grinsen über Breacas Gesicht. »Du und Valerius im Ringkampf um ein Pferd... also, das wäre doch wirklich mal interessant zu beobachten.«
Die Ereignisse des Tages verdichteten sich. Weder Mensch noch Tier, weder Legionar noch Krieger schienen noch ihrem eigenen Willen zu folgen, sondern allein dem Befehl der Götter zu unterstehen. Jenen Göttern, denen es gefiel, zu ihrer Unterhaltung nun eine erbitterte Schlacht zu inszenieren.
Civilis ritt ganz vorn an der Spitze seiner Kavallerie, Valerius dicht neben sich. Ein knapper Befehl des alten Mannes genügte, und schon zügelten die Bataver ihre Tiere zu gemächlicherem Schritttempo und ritten einer nach dem anderen den schmalen Grünstreifen entlang. Stolz ging der schwarze Junghengst mit den weißen Fesseln und dem Mond auf der Stirn voran und trat behutsam zwischen den Körpern der bereits Getöteten hindurch, ganz so, als ob diese nur schliefen und nicht geweckt werden dürften.
Die Reihen der noch am Leben gebliebenen Legionare begrüßten sowohl Pferd als auch Reiter, als ob diese alte Freunde wären. Sie alle kannten Civilis und den Junghengst, den dieser einst zugeritten hatte, und die meisten hatten im Verlaufe der Nacht auch schon von dem Kurier und
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