Die Kriegerin der Kelten
Zeichen für die von ihr besiegten Feinde. Über ihre Lippen spielte ein verkniffenes kleines Lächeln, während ihre grauen Augen so scharf und hart schienen wie das Eis zu Mittwinter. Ihr Gesicht war auf der einen Seite mit feinen Sprenkeln getrockneten Bluts übersät, ganz so, als ob sie sich zu dicht über einen der Sterbenden gebeugt hätte. Das Schwert, das seitlich an ihrer Taille baumelte, war noch unbenutzt. Sie atmete leicht und rasch, ähnlich einem Pferd am Ende eines Rennens.
Cygfa war schon immer schön gewesen. Sie war wie Caradoc, ihr Vater, nur in der Gestalt einer Frau und damit noch anmutiger. Zwei Jahre der Inhaftierung in Rom an der Seite jenes halben Mannes, zu dem ihr Vater verkrüppelt worden war, hatten sie stiller und härter werden lassen, hatten sie unnachgiebiger gegenüber den Fehlern anderer gemacht und ihr nicht zuletzt auch eine erschreckende Brutalität im Kampf verliehen. Und schließlich hatte auch die schier nicht enden wollende Flut an Vergewaltigungen, die ihr durch die Männer des Prokurators angetan worden war, sie nur noch weiter jenen Weg hinuntergetrieben, den ihre Seele bereits eingeschlagen hatte. Cygfa war strahlend schön und zerbrechlich zugleich, wie eine Waffe, die zu eifrig poliert worden war und die bald rosten oder sogar ganz zerbrechen würde.
Und es gab nichts dazu zu sagen, nichts, was man an dieser fatalen Entwicklung noch hätte ändern können. Airmid hatte Cygfa ihre Hilfe angeboten, hatte ihrer Seele Heilung schenken wollen, doch nach drei Tagen vergeblicher Versuche, in denen Cygfa ihr Angebot immer wieder ausgeschlagen hatte, hatte Airmid schließlich aufgegeben. Einzig Valerius, jener Mann mit den tausend Fehlern, der selbst bereits so manche seelische Verwundung hatte ertragen müssen, hatte Cygfa als eine Art Vorbild dienen können, wie sie die Qualen, die ihrer Seele zugefügt worden waren, eines Tages vielleicht doch noch würde überwinden können. Als Einzige von allen Kriegerinnen und Kriegern hatte Cygfa Valerius ohne jegliche Zweifel als einen der ihren akzeptiert, hatte in ihm jenen einen Mann gesehen, der sie als Einziger würde lehren können, wie sie selbst die letzte Faser Roms noch zerreißen könnte.
»Bist du etwa den gesamten Weg gerannt?«, fragte Breaca.
»Den Großteil.« Cygfa grinste und nahm dankend den Trinkschlauch entgegen. Sie spülte sich den Mund, trank jedoch nicht, sondern spuckte das Wasser gleich wieder aus. Feine rote Streifen durchzogen das Gemisch aus Speichel und Wasser, zeigten an, dass Cygfas Lungen unter dem Lauf ein wenig gelitten hatten und bluteten. »Es gab ja schließlich keinen Grund, warum ich noch länger dort hätte warten sollen. Ich hab Valerius’ Signal weitergegeben und bin dann losgerannt. Ich wollte vor ihm hier sein.«
»Um ihn kämpfen zu sehen?«
»Zum Teil. Ich hab ihn zwar schon in Gallien beobachten können, aber hier wird er sicherlich noch ganz anders kämpfen, und das möchte ich gern sehen. Doch das ist nicht der einzige Grund, warum ich hier bin.« Cygfa reichte Breaca den Wasserschlauch zurück. Ihr Blick war scharf und kalt wie ein Häutemesser im Winter, und sie unternahm nicht den leisesten Versuch, die Verletzungen, die ihr Blick anderen zuweilen zufügte, zu lindern. »Denn falls es zum Kampf zwischen deinem Bruder und deinem Sohn um die Führerschaft der Krieger kommen sollte, wüsstest du dann, wen du gerne als deinen Nachfolger sehen würdest?«
Mit Ausnahme von Valerius hatte es bisher noch niemand gewagt, dieses heikle Thema anzuschneiden. Doch Breaca spürte eine gewisse Erleichterung, dass Cygfa nun so offen darüber sprach, und entgegnete: »Nun ja, du jedenfalls hast deine Wahl bereits getroffen. Das hast du an dem Morgen, als der römische Kurier starb, allen deutlich zu erkennen gegeben. Und mit deiner unverbrüchlichen Unterstützung sollte es zwischen meinem Bruder und meinem Sohn höchstens noch zu einem Wortgefecht kommen, nicht aber zu einem Kampf mit Waffen.«
»Vielleicht. Aber Valerius wird noch mehr Leute auf seiner Seite brauchen als bloß mich, damit das Kriegsheer ihn als neuen Führer akzeptiert. Die ganz Jungen wissen nur, was sie sehen. Die Mehrzahl der Speerkämpfer ist jedoch bereits alt genug, um sich noch an jene Zeit zu erinnern, als Valerius ihre Siedlungen in Brand steckte und ihre Krieger niedermetzelte. Es gibt also noch mehr als bloß Cunomar, die glauben, dass Valerius sich am Ende doch wieder mit den Römern verbinden wird.«
»Ja,
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