Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Die Kristallhexe

Titel: Die Kristallhexe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claudia Kern
Vom Netzwerk:
fiel es leicht, in die Welt neben der Welt einzudringen, in der nicht das Auge die Wirklichkeit bestimmte, sondern der Geist. Dort würde man, zumindest ansatzweise, erkennen, wie es im Krater wirklich aussah, und mit sehr viel Glück herausfinden, wo genau sich der Schattenlord aufhielt.
    Er spürte, wie Cedric seinen Geist vom Körper löste. Es war nicht zwingend nötig, dass sie sich an den Händen hielten, aber die Berührung war wie ein Anker, der es ihnen erleichtern würde, in die Welt der Augen zurückzukehren.
    Zwei erwachsene Männer, die Händchen haltend am Strand sitzen, dachte Simon amüsiert. Wenn uns jemand sieht, wird die Gerüchteküche kochen.
    Das habe ich gehört, antwortete Cedric in seinem Geist, und ich weiß nicht, was daran witzig sein soll. Ziehen wir das jetzt durch oder nicht?
    Wir sind schon mittendrin, antwortete Simon und öffnete die Augen.
    Im ersten Moment sah alles so aus wie zuvor. Sie saßen am Flussufer, hinter ihnen sangen Vögel, die Blätter der Bäume rauschten in der kühlen Brise. Doch dann sah Simon, dass das Wasser des Flusses eine schmutzig braune Farbe angenommen hatte. Der Elfenjunge am Grund wirkte wie ein heller Fleck, so als würde er aus sich heraus leuchten. Feine Fäden hingen an seinen Tentakeln. Sie breiteten sich unter Wasser aus wie ein gewaltiges Netz.
    Was bist du?, fragte sich Simon neugierig.
    Deshalb sind wir nicht hier. Komm!
    Simon drehte sich um und sah, dass Cedric bereits aufgestanden war und ungeduldig auf dem Weg zum Dorf stand. Die anderen Elfenjungen bemerkten sie nicht, sondern blickten weiter auf die Stelle, an der sich in der Welt der Augen ihre Körper befanden.
    Bist du denn kein bisschen neugierig?
    Cedric schüttelte den Kopf. Nicht, wenn ich Angst um meinen Hintern haben muss. Hier stimmt irgendwas nicht, Simon. Je schneller wir hier weg sind, desto besser.
    Simon stellte seine Behauptung nicht infrage. Jeder Elf hatte eigene Talente, und Cedric schien ein Gespür für Gefahren zu haben - deshalb war er vielleicht dem Feuer so mühelos entgangen. Gemeinsam gingen sie den Weg hinauf. Das Grün der Bäume wirkte blass, das Braun der Erde staubig, das Blau des Himmels stumpf. Geräusche klangen leise und dumpf, das Singen der Vögel freudlos. Es kam Simon so vor, als fehle der Welt die Lebenslust, als hätte sie aufgegeben.
    Verdammt, sagte Cedric.
    Simon folgte seinem Blick und blieb stehen. Eine Flüssigkeit, so schwarz wie Öl und so zähflüssig wie Lava, bedeckte vor ihnen den Weg und breitete sich langsam aus. Sie kroch an Baumstämmen empor und bedeckte Pflanzen. Sie war vollkommen lautlos, nur das Knistern des Laubs, das unter ihr verschwand, war zu hören.
    Wir gehen besser durch den Wald, sagte Simon. Ich möchte das nicht berühren.
    Cedric hob die Augenbrauen, verkniff sich aber einen Kommentar.
    Der Weg durch das Unterholz war mühsam. Je näher sie dem Platz kamen, auf dem die Hütten der Überlebenden standen, desto öfter trafen sie auf den schwarzen Schleim und mussten ausweichen. Der Weg war bereits vollständig davon bedeckt, aber es schien nicht nur eine, sondern mehrere Quellen zu geben, denn sie sahen auch einzelne Pfützen im Wald, die sich langsam ausbreiteten.
    Du weißt, was das ist, oder?, fragte Cedric.
    Ja, sagte Simon. Das ist er.
    Kurz vor dem Platz, der immer noch hinter dichtem Laubwerk verborgen war, mussten sie aufgeben. Der schwarze Schleim bedeckte den Waldboden. Es sah aus wie nach einer Ölpest. Cedric stieß Simon an und zeigte auf einen großen Baum, der an eine Eiche erinnerte.
    Von da oben sollten wir den Platz sehen können.
    In der Welt der Augen hätte Simon abgelehnt, sein Körper war für solche Anstrengungen nicht geschaffen, aber in dieser nickte er einfach nur, ging auf den Baum zu und kletterte ihn rasch hinauf. Cedric folgte ihm, überholte ihn und fand schließlich eine Astgabel, die breit genug war, um sie beide zu tragen.
    Simon setzte sich neben ihn und bog die Zweige auseinander. Sein Atem stockte.
    Die Hütten und der Platz waren verschwunden, der schwarze Schleim hatte alles verschlungen. An einigen Stellen bildete er meterhohe Blasen, die wie Geschwüre platzten und in sich zusammenfielen. Es stank nach Fäulnis. Simon würgte, Cedric spuckte aus.
    Der Schleim breitete sich von diesem Platz aus. Die Pfützen, die sie gesehen hatten, entstanden dort, wo Tropfen der platzenden Blasen landeten. Simon schüttelte sich bei dem Gedanken, was wohl passieren würde, wenn er oder Cedric

Weitere Kostenlose Bücher