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Die Kristallhexe

Titel: Die Kristallhexe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claudia Kern
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an deiner Seite verbringen, aber ...« Sie hielt inne.
    »Aber?«, hakte Alberich nach. Sanft nahm er ihre Hand von seinem Gesicht und küsste sie. »Sag mir, was du vermisst, und ich werde nicht eher ruhen, bis ich es dir gebracht habe.«
    Sag es ihm, drängte eine Stimme in ihr, vielleicht war es Angelinas. Er wird nicht lockerlassen, bis er weiß, was dich bedrückt. Also sag es ihm.
    Sie schluckte. »Ich vermisse meine Kinder.«
    »Oh!« Alberich ließ ihre Hand los und wandte sich ab. Angela wünschte, sie hätte sein Gesicht sehen können, aber er drehte ihr den Rücken zu. »Ich dachte, du wärst weiter.«
    »Weiter?« Sie verstand nicht, was er meinte, wünschte sich jedoch bereits, sie hätte geschwiegen. Die Enttäuschung in seiner Stimme schmerzte sie.
    Alberich verschränkte die Hände hinter dem Rücken. Seine Schulterblätter traten so weit hervor, dass sie wie Flügelansätze wirkten. »Du hast keine Kinder«, sagte er, ohne sich umzudrehen. »Dieser Körper, in dem deine Seele gelandet ist, hat welche geboren, aber in ihnen steckt nichts von dir.«
    Du irrst dich!, wollte sie sagen, aber sie schluckte die Worte hinunter, bevor ihr Mund sie aussprechen konnte. Er hatte ja recht. Sie war nicht Angela aus der Personalabteilung, sondern Angelina, die Urenkelin des Drachen. Trotzdem sehnte sie sich nach Luca und Sandra. Manchmal, kurz nach dem Aufwachen, wenn sie ihren Gedanken freien Lauf ließ, kreisten sie um die beiden. Dann fragte sie sich, was sie wohl in diesem Augenblick taten, wo sie sich aufhielten.
    »Ich weiß«, sagte sie schließlich, »aber das ändert nichts an meinen Erinnerungen. Ich habe sie vom ersten Tag ihres Lebens an begleitet, sie sind ein Teil von mir, und ich liebe sie.«
    »Es sind Kinder!« Alberich drehte sich um. In seinen Augen funkelte es. »Ich hatte ein paar davon. Sie sind alle gleich ... undankbare kleine Ratten, die dich verraten, sobald sie alt genug sind, eigene Pläne zu schmieden!«
    Er schien zu bemerken, dass er Angela schockiert hatte, denn seine Stimme wurde weicher. »Glaubst du, die Kinder aus deinem Körper wären anders? Was, glaubst du, würde passieren, wenn sie dich so sehen könnten? Würden sie sich freuen, weil ihre Mutter endlich das Glück gefunden hat, das ihr so lange versagt wurde? Würden sie mir auf Knien danken, weil ich dir dein wahres Ich gezeigt habe und Kräfte aus dir hervorlocken konnte, mit denen du eines Tages ganze Armeen zerschmettern wirst?«
    Angela schwieg. Jeder Satz war wie ein Nagel, der tief in ihre Seele getrieben wurde.
    »Wenn du das glaubst«, fuhr Alberich fort, »dann werde ich alles tun, um dir diese Kinder zu bringen, das schwöre ich dir. Aber weißt du, was ich denke? Sie würden sich nicht für dich freuen, ganz im Gegenteil. Sie würden alles tun, um dich in dein altes, unerträglich langweiliges Leben mit diesem Versager, diesem ...« Er schnippte mit den Fingern.
    »Felix«, sagte Angela leise.
    »... mit diesem Felix zurückzustoßen.« Alberich blieb vor ihr stehen. So eindringlich sah er sie an, dass Angela es kaum ertragen konnte. »Die Drachenseele in dir will fliegen. Deine Kinder würden dir eher die Flügel ausreißen, als das zuzulassen.«
    Sie senkte den Blick. »Du kennst nicht einmal ihre Namen, oder?«
    Alberich hob die Schultern. »Ich kenne deinen Namen, die, mit denen sich dein Körper in seinem früheren Leben umgeben hat, sind mir egal. Und sie sollten dir auch egal sein, denn in ein paar Wochen werden sie ohnehin sterben.«
    »So wie ich?«
    »Ich habe dir gesagt, dass ich nicht vorhabe, dein Leben enden zu lassen.« Er lächelte und küsste sie auf den Mund. »Du bist meine Königin. Was wäre ich ohne dich?«
    Sie erwiderte seinen Kuss. Tränen stiegen ihr in die Augen. »Du hast mir so viel gegeben«, sagte sie zwischen seinen Küssen, »und was tue ich? Nörgeln, kritisieren und zweifeln. Manchmal verstehe ich nicht, wie du es mit mir aushältst.«
    »Ich verstehe, dass du Zeit brauchst. Deine Welt ist eine andere geworden, eine bessere, aber das musst du erst noch erkennen. Ich werde dir dabei helfen, so gut ich kann.«
    Sie umarmten sich. Angela legte ihren Kopf an seine Brust und blinzelte die Tränen weg. »Und ich werde deine Hilfe annehmen.«
    Nach einer Weile löste sich Alberich aus ihrer Umarmung. »Ich muss noch einmal nach oben in die Bibliothek«, sagte er. »Manche Bücher lassen sich nur nachts lesen. Ich weiß nicht, wie lange ich brauchen werde, aber du gehst besser

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