Die Kristallhexe
fristen.«
»Aber wieso willst du ihnen das antun? Sie haben ihre Pflicht erfüllt. Sie sind bei deiner Bewachung gestorben.«
Marcus wirkte verwirrt, nicht wütend. Er hatte wohl nicht damit gerechnet, dass Alberich ihm diesen Dienst verweigern würde.
Angela wollte sich für ihn einsetzen, aber da drehte sich Alberich bereits um.
»Sie haben nichts bewacht und keine Pflicht erfüllt. Angela hat das getan. Sie hat mich beschützt, nicht meine sogenannten Wachen, und ich werde niemanden erlösen, der sich einfach ummähen lässt, anstatt bis zum letzten Tropfen Blut für mich zu kämpfen. Sag deinen Männern das.«
Marcus öffnete den Mund.
»Sag deinen Männern das!«, wiederholte Alberich schärfer.
»Ja, Herr.« Die Miene des römischen Soldaten verhärtete sich.
Ohne ein weiteres Wort wandte er sich ab und verließ den Raum.
Angela sah ihm nach, bis sich seine Gestalt auflöste und er als Schatten im Treppenhaus verschwand. »Er hasst dich jetzt«, sagte sie, »und mich vielleicht auch.«
Alberich hob die Schultern. »Na und? Ich werde ihn töten und einen neuen Kommandanten einsetzen. Und wenn der mich hasst, werde ich ihn ebenfalls töten und so weiter, bis ich einen Nachfolger gefunden habe, der mich zu sehr fürchtet, um zu hassen. So herrscht man, Angela, nicht anders.«
Sie zweifelte nicht daran, dass er die richtigen Entscheidungen traf. Ein hartes Land erforderte einen harten Herrscher, das hatte er einmal zu ihr gesagt.
»Es tut mir so leid, dass ich dein Leben gefährdet habe«, sagte sie leise. Einen Augenblick lang blitzte erneut Wut in Alberichs Augen auf, doch dann lächelte er und kam um den Tisch herum zu ihr.
»Du hast es aus Liebe getan und aus Dummheit.« Er ergriff ihre Hände. Sein Lächeln erreichte nicht seine Augen. »Sei nie wieder so dumm.«
Alberich drückte ihre Hände, bis es schmerzte.
21
In der
Falle
A lle hatten sich im Gemeinschaftsraum versammelt: Bricius, Josce, Deochar und einige andere, besonders starke Iolair, unter ihnen Venorim, die dürre, fast schon skelettartige Kriegerin mit den schwarzen Augen. Ihr Haar hatte sie mit Nadeln und Steckkämmen aufgetürmt, Kleid und Umhang hingen ihr in Fetzen um den Körper. Die Absätze ihrer Schnürstiefel waren so hoch, dass ihre Füße fast wie Hufe wirkten.
»Mir sind nur wenige Wesen unheimlich«, sagte Simon leise, »aber sie gehört dazu.«
Cedric nickte. Dann richtete er seine Aufmerksamkeit auf Bricius, der auf einen Stuhl in der Mitte des Raums stieg. »Weiß jeder, was er zu tun hat?«
Die Iolair bejahten die Frage. Mit Bricius waren sie zu zehnt, dazu die beiden Sucher. Den Bann, den sie sprechen würden, hatten sie gemeinsam einstudiert. Sie würden sich gegenseitig unterstützen, und dadurch würde sich die Macht des Zaubers multiplizieren.
Wenn das nicht reicht, kann nichts den Schattenlord aufhalten, dachte Cedric.
»Gibt es noch Fragen?« Bricius sah sich um. Als ihm nur Kopfschütteln antwortete, stieg er vom Stuhl. »Dann lasst uns beginnen. Mögen die Götter auf unserer Seite sein.«
Jack wartete bereits am Eingang des Höhlensystems. Rimmzahn stand ungefesselt neben ihm und trat von einem Fuß auf den anderen. Er wirkte nervös, was vielleicht auch an dem halben Dutzend Krieger lag, die in voller Rüstung und mit Schwert und Schild bewaffnet auf ihn zukamen.
»Nur eine Sicherheitsvorkehrung«, sagte Jack, als Cedric fragend auf die Männer und Frauen zeigte. »Wer weiß, wie die Gläubigen reagieren, wenn Rimmzahn ihren Gott hintergeht.«
»Ich werde ihn nicht hintergehen.« Rimmzahns Nervosität wich Ärger. »Ich werde ihn herbeiholen, damit er euch zerschmettern kann.«
Cedric wandte sich ab, aber ein Teil von ihm fragte sich, ob der Schweizer seine Worte ernst meinte oder nur versuchte, seinen Verrat vor sich selbst zu rechtfertigen.
Sie machten sich auf den Weg zum Platz. Die Sonne hing tief über dem Kraterrand und tauchte Cuan Bé in ein weiches gelbes Licht. Der Himmel war klar, die Luft kühl.
»Wenn es schiefgeht, liegt es wenigstens nicht am Wetter«, sagte Simon.
Cedric blieb ernst. »Es wird nicht schiefgehen.«
Außer den Gläubigen sahen sie niemanden auf dem großen Platz.
Cedric entdeckte Sandra, die zielstrebig auf Rimmzahns Hütte zuging, klopfte und sich nach einem Moment abwandte. Sie hob ratlos die Arme, wollte den anderen wohl damit zeigen, dass ihr Prophet immer noch nicht zurückgekehrt war.
Dann bemerkten die Ersten die Gruppe, die sich ihnen von den
Weitere Kostenlose Bücher