Die Kristallhexe
die Antwort auf diese Frage war?
»Wir haben den Dolch«, fuhr sie fort. »Wir können ihn töten. Alberich ist neben dem Schattenlord die größte Bedrohung für Innistìr. Warum gebt ihr auf einmal so leicht auf?«
»Weil wir nicht einmal wissen, wo er ist«, sagte Felix. Missmutig zeichnete er mit dem Finger Muster in den Sand neben seiner Matte. »Glaub mir, es gibt niemanden in dieser Hütte, der ihn lieber tot sehen würde als ich. Er hat meine Frau entführt. Gott weiß, was er ihr antut, während wir ...«
Er unterbrach sich und sah seinen Sohn an, der mit übereinandergeschlagenen Beinen und gesenktem Kopf an einem Balken saß. »Das habe ich nicht so gemeint. Ich bin sicher, dass es deiner Mutter gut geht.«
Luca nickte. »Ich auch«, sagte er leise, aber Laura hörte seiner Stimme an, dass das gelogen war.
Sie seufzte. »Wenn wir ihn tot sehen wollen, dann müssen wir ihn töten. Und dazu müssen wir ihn finden.«
»Wie?« Die Frage kam von Milt.
»Wir gehen in den Palast.« Laura verschränkte die Arme vor der Brust. Sie wusste, dass nicht alle in der Hütte mit dem einverstanden sein würden, was sie als Nächstes sagen wollte. »Wir gehen hinein, suchen ihn, und wenn er nicht dort ist, finden wir heraus, wo er ist. Dann folgen wir dem Mistkerl und bringen ihn endlich um.«
Milt hob den Kopf und sah sie an. »Du bist verrückt. Wir kommen nicht mal in die Nähe des Palasts, ohne dass die Hölle losbricht, geschweige denn hinein. Die Wachen warten doch nur darauf, dass wir etwas versuchen.«
»Und wenn sie nicht erkennen, dass wir es sind?« Nidi entrollte seinen Schwanz und hüpfte in den Kreis. Laura war froh, dass ihr jemand beistand.
»Wie heißt dieses Elfenzeugs noch, bei dem man so tut, als wäre man eine Sache, ist aber in Wirklichkeit eine ganz andere?«, fragte der Schrazel.
Veda sah die anderen Elfen in der Hütte fragend an. »Weiß jemand, was er meint?«
»Ich glaube schon.« Arun nickte und strich sich nachdenklich über seinen Kinnbart, als wäre er schon beim nächsten Problem. »Mit einem Täuschungszauber könnte das tatsächlich gelingen.«
»Genau!« Nidi grinste. »So heißt das.«
Der Elf mit dem feingliedrigen, ebenmäßigen Gesicht nickte langsam. Seine schwarzen Locken fielen ihm bis auf die Brust und hätten ihm wohl in die Augen gehangen, wenn er sie nicht mit einem um den Kopf gebundenen Tuch gezähmt hätte. Seit Laura ihn kannte, verstand sie den Unterschied zwischen gut aussehend und schön. Alles an Arun war schön, von seinen Haaren über die türkisfarbenen Augen bis hin zu seinem makellosen Körper und seiner tiefen, klaren Stimme. Sie hatte noch nie jemanden wie ihn gesehen.
Wie immer brauchte sie einen Moment, um sich nach einem Blick in sein Gesicht zu sammeln. »Erkläre mir, wie das funktioniert.«
Arun neigte den Kopf. Die Kordel mit Münzen und Perlen, die aus seinem Kopftuch bis auf die Schulter fiel, klimperte. »Das kann Naburo besser als ich. Diese Art Magie ist nicht meine Stärke.«
Laura hätte beinahe gelacht, als sie das Gesicht des kalkweißen, ernst wirkenden Elfen sah. Jeder wusste, dass Naburo nicht gern redete. Er war ein Mann der Tat, der alles ernst nahm und vielleicht in seinem ganzen langen Leben nie gescherzt hatte. Trotzdem erkannte er, wenn ihn jemand aufzog, so wie Arun gerade.
Er hob eine Augenbraue, räusperte sich, kam der Bitte aber dennoch nach. »Ich nehme an, dass du weißt, was ein Täuschungszauber ist«, sagte er. »Man spiegelt anderen vor, etwas zu sehen, was entweder nicht da ist oder anders aussieht. In diesem Fall besteht das Problem darin, dass man sehr viele Augen gleichzeitig täuschen muss. Das wird schwierig.«
»Wie schwierig?«, fragte Laura.
»Sehr schwierig.«
Sie wartete, aber Naburo führte seine Antwort nicht weiter aus. Kerzengerade und mit vorgestrecktem Kinn saß er auf seiner Matte. Das Licht der Öllampen brach sich in seiner schwarz schimmernden Rüstung, auf deren Brustplatte das stilisierte Zeichen zweier Falkenschwingen prangte. Er hatte getan, was von ihm verlangt wurde, zu mehr war er nicht bereit.
»Wie schwierig?«, wiederholte Laura.
Arun ergriff das Wort. »Fünf Leute höchsten und das nicht für unbegrenzte Zeit. Da es um Alberich geht, musst du Krieger mitnehmen. Du weißt nicht, was dich im Palast erwartet.«
Veda mischte sich ein. »Ich kann keine Iolair entbehren, so gern ich helfen würde. Leonidas wird das Lager früher oder später wahrscheinlich angreifen, darauf
Weitere Kostenlose Bücher