Die Kristallwelt der Robina Crux
dreiundsechzig Jahre reichen würde.
Warum haben wir ausgerechnet so wenig Wasser hertransportiert? Diese Frage war nicht ernst gemeint; denn sie wußte, daß noch weitere Transporte folgen sollten. Maschinen hatten sie vorgesehen, eine Auswahlbibliothek und noch Wasser.
Jetzt, da sie an die Bibliothek dachte, hätte sie losheulen mögen. Welch ein Zeitvertreib wäre das gewesen!
Quatsch – wenn, hätte… Robina seufzte. Sie starrte vor sich hin…
Was wohl Boris empfand, wenn er von ihr hörte. Gewiß wußte er, daß sie zur Besatzung der REAKTOM zählte – freilich, aufregend ist so ein Raumstart nicht, aber immerhin mit einem so modernen Schiff… Er würde auch wissen, daß zwei Männer und zwei Frauen an Bord gingen. Ob er der Meinung ist, ich sei über den Berg – ob er überhaupt gemerkt hat, daß er mir weh getan hat, als er mich verließ?
„Dir geht alles zu sehr unter die Haut, Robi“, hatte er mehr als einmal gesagt, „du mußt trainieren, versuchen, die Dinge leichter zu nehmen. Es lebt sich dann besser! Jeder Situation das Beste abgewinnen, weißt du.“
Längst wird er der Meinung sein, daß ich an unsere Zeit wie – wie an einen, na, schönen Ausflug, an glückliche Ferien zurückdenke – so wie er vielleicht… Und – hat er nicht recht? Ist es nicht wirklich das beste so?
Frank hat gewußt, geahnt, daß mir das noch anhängt, noch eine Weile anhängen würde. Er war so taktvoll…
Nur einmal hat er davon gesprochen, ein paar Sätze nur. „Du wirst es ganz überwunden haben, wenn wir daheim sind. Hier im Raum hast du zuviel Zeit zum Grübeln. Unsere Zeit, Robi, kommt daheim. Paß auf, das erste Frühjahr verbringen wir in der Südsee. Es gibt da noch einiges Unberührte, wieder Paradiesisches. Und wenn wir gemeinsam durch die Wellen flitzen, abends mit Freunden am Feuer sitzen oder unsere Filme aufbereiten…“
Sie werden am Feuer sitzen, Frank, deine Freunde, die Sporttaucher, aber ohne ihren Freund, den Kosmonauten, der so gut zu grillen verstand, und ohne Robina… Ab und an werden sie noch von ihm sprechen. Boris wird von mir nie sprechen…
Nur schwer konnte sich Robina am nächsten Tag zu einer Tätigkeit aufraffen. Sie räumte lustlos die Kabine auf, sortierte ihre Berechnungen. Dann entschloß sie sich, nach draußen zu gehen, nur eben so, ohne Ziel.
Es dauerte lange, bis sie sich umgezogen hatte; immer wieder versank sie ins Sinnieren.
Wiederholt stellte sie sich die Frage, ob es vorteilhaft sei, zu wissen, wann alles vorbei ist. Für bestimmte Situationen, stellte sie sich vor, wahrscheinlich. Man konnte sich die Zeit einteilen, konnte ein Maß finden zwischen persönlichen und gesellschaftlichen Aufwendungen. Man kannte das zu erreichende Ziel.
Andererseits, dachte Robina, könnte es auch zur Resignation, zum Verschlampen führen.
Vater dürfte es – vielleicht – nicht wissen, Ed fände es nützlich. Ich…?
Oder ob dieses Wissen die Menschen ändern würde, ob sie dadurch, angestachelt durch die Angst, etwas nicht mehr zu schaffen, zielstrebiger, in ihrem Wirken effektiver werden könnten?
Robina schränkte ein: natürlich unter normalen äußeren Bedingungen. Ob aber nicht die vielen, scheinbar nebensächlichen Dinge am Rande des Alltags, die das Leben spritzig machen, dann verschwänden, weil dafür die Zeit zu schade sein könnte, weil sie für das große Ziel, das Lebensziel, geopfert würden? Dann konnte jede Begegnung mit einem lieben Menschen die letzte sein. Man könnte die Wiedersehen programmieren…
Unnötiger Gedanke, Robi! Hier gibt es nichts zu programmieren.
Draußen in der Grotte faßte sie den Entschluß, die Vorräte umzuordnen, damit sie bequemer zu erreichen seien. Nur ganz entfernt dachte sie daran, daß sie dadurch die Dauer der kommenden täglichen Verrichtungen weiter verringerte.
Später ging Robina in die Ebene hinaus, hatte einen Augenblick lang das Verlangen, mit dem Eselchen zu fahren, schritt aber dann doch lustlos, ohne Ziel auf das gegenüberliegende Ufer zu, dessen Struktur wie ein Spitzensaum an einem historischen Gewand wirkte.
Der Untergrund spiegelte. Ein alter Spiegel mit zahlreichen Narben, größeren und kleineren. Splitter, weißlich schimmernd auf dem dunkel reflektierenden Grund, lagen umher. Nur allmählich wurde Robina bewußt, daß sie von Meteoriten herausgeschlagen worden waren. Ja – erinnerte sie sich –, der Raumsektor ist meteoritenaktiv, hatten wir festgestellt. Klein sollen sie sein, hatte Stef
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