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Die Kristallwelt der Robina Crux

Die Kristallwelt der Robina Crux

Titel: Die Kristallwelt der Robina Crux Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Kröger
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Ed, ich gehe in mich.“
    Eine Weile waren sie schweigend ausgeschritten. Dann hatte Ed gefragt: „Sag mal, Kleine, was ist das mit dem Boris?“ Die Frage war zögernd gekommen, so als hätte er Bedenken, sie zu stellen.
    Robina empfand, daß es auf diese direkte Frage diesmal kein Ausweichen geben konnte. „Was soll sein?“ hatte sie betont gleichgültig zurückgefragt. „Wir haben uns noch nicht entschließen können, dem ZS vierzehn, der für uns zuständig ist, die Information zu geben, daß wir monogam werden wollen.“
    „Du Schalk, das habe ich nicht gefragt. Ich wollte wissen, ob ihr euch
mögt.“
„Ich glaube – schon…“
„Und – also – warum nur habt ihr dann eurem ZS die Vorinformati
on nicht gegeben?“
„Man kann sich auch so mögen.“

    „Na, Robi, mir machst du doch nichts vor, hm?“
    Robina antwortete nicht. Hätte sie Ed auseinandersetzen sollen, daß sie wohl diese Information in den Computer gesteckt hätte. Was nützte dem Bruder, wenn er wußte, daß Boris bisher immer wieder einem solchen Vorhaben ausgewichen war; schließlich schluckt der Zentralspeicher nur, wenn beide einwerfen. Sollte sie Ed sagen, daß sie schon seit Wochen einen Baby-Clip mit sich herumtrug, sich aber bisher nicht entschließen konnte, mit Boris darüber zu sprechen?
    Freilich, Ed hätte sicher Verständnis für sie, würde dieses und jenes raten. Aber – hatte sich Robina gefragt – was sollte es? So nahe geht mir Boris' Unentschlossenheit nun auch wieder nicht, und – da hat er recht – mögen kann man sich auch, ohne gleich den Computer darauf aufmerksam zu machen.
    Das Hotel war einer jener Bauten, wie sie am Anfang des Jahrhunderts in großer Stückzahl, nur wenig abgewandelt, errichtet worden waren, ein Gebäude im Stschjoti-Stil.
    Von Ed aufmerksam gemacht, hatte Robina die Fassade bewußt gemustert, hatte den Blick über die horizontal „aufgefädelten“ Wohnkugeln gleiten lassen, von denen eine jede vier Appartementzellen enthielt, und über die dünnen, scheinbar zerbrechlichen Grashalmtürme, die den Bau flankierten. Die zahlreichen Spannseile hatte die Dunkelheit verschluckt. In der Tat sah das Hotel wie eine Rechenmaschine für Riesenkinder aus, auf den Speichen die Kugeln regelmäßig verteilt. Einzuwenden gab es dagegen nichts. Robina wußte aus eigener Erfahrung, wie angenehm es sich darin wohnte, von allen Seiten Licht, Luft, Gleiteranflug aus allen Richtungen möglich. Und was machte es schon, daß diese Bauten ein Zeitalter der Verschwendung repräsentierten, die Epoche nach der allgemeinen Abrüstung, als die Menschen in ihrer Entwicklung einen Sprung nach vorn taten. Das machte diese Hotels nicht weniger wohnlich.
    Und dann hatte Robina mit Ed diskutiert, daß man wahrscheinlich das Wohnen an sich gar nicht isoliert betrachten dürfe, sondern nur in der Gesamtheit der jeweiligen sozialen Struktur.
    Falls man jenen Menschen, die sich durchaus wohl fühlten, wenn jede Familie abgekapselt für sich blieb, damals beizubringen versucht hätte, daß es einen Unterschied gibt zwischen individuellem Wohnen und Wohnen schlechthin, dann hätten sie das vielleicht noch lächelnd zur Kenntnis genommen. Aber danach handeln? Heute hier, morgen dort übernachten, nur Tage da wohnen, wo es der Arbeitsund Lebensprozeß verlangt, sich dort versorgen, ungezwungen von der nächsten freien Wohnmöglichkeit Besitz ergreifen. Und nur gelegentlich, wenn es ohne Hast paßt, wenn sich ein Anlaß bietet, kommt man nach Hause… Würden sie so gehandelt haben? Sie strebten alle nach Hause, damals, in übervollen Transportmitteln, mit dem eigenen Fahrzeug, auf Kosten der Freizeit.
    Müßige Überlegungen, Robi. Ein historischer Prozeß liegt zwischen damals und heute. Sie hatten nicht die Voraussetzungen. Wohnungen waren über Jahrhunderte knapp, waren Spekulationsobjekt. Mangelnde Baukapazität, Materialschwierigkeiten, Mobiliar nur für den Wohnraum, der dringend gebraucht wurde, und nicht etwa für Wohnungen, die nur gelegentlich belegt werden. Und Geld, das man dazu benötigte und das man verdienen mußte…
    Am Abend hatten Ed und Robina in einer Live-Illusion an einem Karneval in Havanna teilgenommen. Später suchte Robina rechtschaffen müde ihr Appartement auf, bestellte sich für den nächsten Tag derbere Kleidung und schlief dann bald ein.
    Am darauffolgenden Morgen hatte es Ed eilig. Er hatte Robina am Dispatcherballon abgesetzt, ihr noch einige Instruktionen erteilt, die darin gipfelten, daß

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