Die Kristallwelt der Robina Crux
sehr solide ausgeführt, und zweitens hatte sie keinerlei Ahnung, welche Entfernung zwischen dem Boliden und einem bewohnten Stützpunkt der Anderen wohl zu überwinden wäre – oder ob es sie überhaupt noch gab, die Anderen.
Robina benutzte den Eingang, der auf die Ebene mündete. Zum erstenmal stellte sie fest, daß der Gang eigentlich recht eng war. Immer wieder stieß sie mit ihren Gerätschaften an. Ein Glück nur, empfand sie, daß kein Lärm übertragen wurde.
Am Fahrstuhl stutzte sie einen Augenblick. Sie fand die Tür geschlossen, und es dauerte Minuten, bis sie die Kabine herbeigerufen hatte. Es war logisch, daß sie letztens den Lift am Gang verlassen hatte, also hatte er, nach allem, was sie von derartigen Beförderungsmitteln verstand, an derselben Stelle zu stehen.
Weitere Gedanken machte sich Robina freilich nicht, da sie zugab, von diesem Fahrstuhl, den möglicherweise eine Automatik in eine Ausgangsstellung zurückrief, nichts zu verstehen.
Robina betrat die Balustrade, war erneut geblendet von der Lichtflut, und bevor sie die gegenüberliegende Tür erreichte, kontrollierte sie die Fenster in den Nischen. Sie stellte wiederum keinerlei Veränderungen fest.
„Dann eben nicht“, sagte Robina, und sie fuhr mit einer Sicherheit, als sei sie in diesem unterbolidischen Bau völlig heimisch, nach oben in die Kuppel.
Nur wenige Augenblicke fühlte sie sich vom Anblick der Maschinerie gefangen. Dann begann sie die Apparate bedächtig zu umkreisen. Lange musterte sie die mächtigen Schleifen, die Auskopplung im Dach, von der Leitungen zur Antenne führten. Dorthin war nur schwer zu gelangen. Und die Schleife selbst? Es soll ein Supraleiter sein! Schon der Terminus flößte Robina Respekt ein.
Immer wieder kehrte sie beim Herumschlendern zum Aufheizer zurück. So hatte sie das Aggregat getauft, das offenbar durch plötzliche, kontinuierlich steigende Wärmeentwicklung in der Schleife die Sendeenergie erzeugte. Zwei etwas mehr als daumendicke Rohre führten von dort weg, bogen nach etwa einem halben Meter rechtwinklig ab und verschwanden im Fußboden.
In einem war sich Robina völlig sicher: daß hier mit Strom gearbeitet wurde und daß auch die Anderen für dessen Kreislauf zwei Leiter benötigten. Freilich zweifelte sie ein wenig, ob sie mit den Rohren jene beiden Leiter, die den Aufheizer betrieben, auch tatsächlich vor sich hatte. Ebenso konnte darin eine Flüssigkeit pulsieren, ein Gas – oder wer weiß was. „Wir werden sehen“, sagte Robina, und sie setzte forsch den Brenner an. Nach wenigen Sekunden hielt sie inne. „So nicht, Robi“, rief sie. Ihr lautes Sprechen sollte dabei die Bangigkeit und Ungewißheit übertönen.
Robina stellte ihr Anzugfunkgerät auf Empfang, wartete den Ton ab. Und als er aufklang, schaltete sie erneut den Brenner ein.
Obwohl das Rohr sehr bald zu glühen begann, schmolz es nicht.
Und wieder stieg der Ton in ihrem Helm an, unverfälscht wie vordem.
Unter dem Brenner entstand Weißglut, der Untergrund begann zu sprühen.
Dann kam Robina ein Einfall. Sie fingerte hinter sich – ohne die Lage des Brenners zu verändern – und zog aus ihrer Werkzeugtasche ein großes Messer.
Als der Ton abermals anschwoll, hieb sie zu. Der Stahl der Klinge verschwand in dem weißglühenden Rohr wie in Butter. Der Ton jedoch stieg weiter an.
Langsam zog Robina das Messer aus dem Schnitt. Der Ton jedoch stieg weiter an, blieb dann plötzlich hängen, ohne das Maximum erreicht zu haben, und dann sackte er wieder ab.
Es klang Robina wie Musik in den Ohren. Sie setzte den Brenner ab und atmete auf.
Langsam ging die Glut zurück. Das Signal war in seiner tiefsten Lage gleichsam verröchelt. Obwohl die Pausenzeit lange vorüber war – es kam kein Ton mehr.
Zum erstenmal nach der Havarie fühlte sich Robina unsagbar glücklich. Sie warf Brenner und Messer so impulsiv von sich, daß sie über den glatten Boden schlitterten. Dann sprang sie hoch, landete unter der Kuppel, stieß sich ab, stand Kopf; dazu rief sie: „Ich habe sie, ich habe sie!“
Später lehnte sie froh erregt und außer Atem an der Kuppelwand, und sie flüsterte immer noch: „Ich habe sie…“
Nur langsam klang ihre Euphorie ab, sie dachte wieder nüchterner. Sie kroch auf allen vieren zum Messer hin, nahm es auf und krabbelte zum durchschnittenen Rohr.
Außer dem feinen Schnitt zeigte sich dort nichts, weder eine Verfärbung noch eine Verformung. Robina schien jedoch, als sei auf der Schnittfläche des
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