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Die Kristallwelt der Robina Crux

Die Kristallwelt der Robina Crux

Titel: Die Kristallwelt der Robina Crux Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Kröger
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gespielte Orgel gehört. Das erste, was sie dachte: Wie mickrig ist dagegen die raffinierteste Tontechnik…
    Dann sah sie nicht mehr das hektisch rote Gesicht des Alten, die starren, streng ausgerichteten Bankreihen, auch nicht die dunklen Bilder… Sie ließ sich forttragen von der Klangfülle. Einen Augenblick lang war es ihr, als griffen die Töne so mächtig nach ihr, daß sie sich von der Erde löste…
    Später, als sich hohes Diskantspiel scheinbar an den Gotikverästelungen emporfistelte, empfand Robina wie als Kind, wenn Ed sie mit den Fingern neckend in die Rippen stipste.
    Dann brach das Spiel jäh ab. Die Stille stürzte auf Robina, daß sie erschrak.
    Versonnen, kindlich lächelnd saß der Alte, die Hände noch auf den Tasten. Und ohne Robina anzusehen, sagte er: „Das ist doch groß, nicht?“ Und er ließ noch einmal in einigen Dissonanzen das Instrument aufschreien wie in hoher Not.
    „Es hat dich berührt, nicht mein Spiel, der Klang!“ sagte er.
    Robina lächelte und nickte versonnen, aber auch mit einigem Unverständnis im Blick. „Heb ihn dir auf, bald ist er für immer – verklungen.“
    Robina begriff nicht. „Wieso?“ fragte sie, und es klang naiv.
    Hart klappte der Alte das Instrument zu. Dann stieß er hervor, so heftig, daß Robina zurückwich: „Weil sie es kaputtmachen!“ Er stand auf und verschwand hinter den Umbauten der Orgel. „… uttmachen,…machen…“, hallte es sekundenlang aus den Gewölben. Zwei, drei Leute drehten die Köpfe. Langsam ging Robina dem Ausgang zu, noch unter dem Eindruck der Musik und der Worte des Alten. Komischer Kauz, dachte sie. Wer sollte hier schon etwas kaputtmachen. Ed war hier, um alles ganz zu machen, zu renovieren. Sie fühlte, daß die Behauptung des Alten etwas mit Eds Tätigkeit zu tun hatte. „Robi, überlege! Selbst ein gewisser Überfluß in den Staaten, die die ersten waren, rechtfertigt diesen Aufwand nicht, das ist jedenfalls meine Meinung.“
    Es war am Abend in Eds V-Wohnung. Robina hatte im selben Trakt eine bekommen. Sie hatte von ihrem Erlebnis im Dom erzählt. „Ja, aber – uns geht doch etwas verloren, als Menschen, meine ich“, rief sie empört.
    Ed zuckte mit den Schultern. „Im Dom zum Beispiel haben sie den letzten Gottesdienst vor hundertzweiunddreißig Jahren abgehalten, das weiß ich zufällig. Seitdem ist der Dom Touristenattraktion und, zugegeben, Aufführungsstätte vieler Konzerte, einzigartiger Konzerte.“ „Na bitte!“ warf Robina rechthaberisch ein.
    „Und wie stellst du dir das vor! Sollen Hunderte von Bildhauern manuell Sandsteine behauen, nach komplizierten Verfahren einsetzen und so nach und nach einen neuen Dom, eine neue Kathedrale, ein historisches Theater oder was sonst auch immer praktisch neu errichten? Ich frage dich, wer das machen soll!“
    „Es gibt Menschen genug, die sich dafür interessieren würden.“ Robinas Antwort klang um ein weniges kleinlauter.
    „Dabei geht es nicht nur ums Interesse, das ich übrigens bezweifle, wenn ich daran denke, wie langwierig solche Arbeiten sind – so etwas liegt uns nicht mehr; es geht um ein Programm, das der Gesellschaft viel, zu viel kosten würde. Die Akustik haben wir in unseren Musikhallen auch, na ja, in einigen. Und das Wesentliche, nämlich das – das Kulturzeugnis, eben das Bauwerk schlechthin als solches, erhalten wir mit unserem Verfahren, und diesmal wirklich für die Ewigkeit, wahrscheinlich. – So wie du es heute gesehen hast.“
    „Und die Akustik läßt sich nicht erhalten? Soll dieses Erhabene wirklich verlorengehen? Hast du es überhaupt einmal erlebt?“
    „Ja – nein. Es läßt sich nichts machen, nur sehen kann man danach noch alles. Er wird von außen und innen mit Polyclear überzogen. Das Zeug ist durchsichtig, verbindet sich mit dem Stein, ein weiterer Verfall ist ausgeschlossen.
    Übrigens bedeutet das schon so viel an gesellschaftlichem Aufwand
wie der Neubau zweier Großkulturpaläste – so wie des neuen in Berlin
beispielsweise.“
„Ihr mit euren ökonomischen Erwägungen.“
    „Und damit wird auch, glaube ich, begreiflich“, fuhr Ed ungeachtet ihres Einwurfs fort, „weshalb wir uns auf die bedeutendsten Bauwerke konzentrieren, sozusagen auf die Hauptzeugen einer Epoche, einer Kunstrichtung. Alles andere läßt sich nicht halten auf die Dauer… Da kannst du die Stirn runzeln, soviel du willst.“
    „Ich glaube, Ed, es ist ein Glück, daß du nicht dem Rat für kulturelles Erbe angehörst“, sagte Robina

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