Die Kristallwelt der Robina Crux
hätte es schreien mögen.
Robinas Körper straffte sich: Deutlich in der Vergrößerung, konturenklar im atmosphärefreien Raum, steht oder liegt auf der Kuppel, unmittelbar unter dem Spiegel, ein halbes deformiertes Ellipsoid oder, besser, eine überdimensionale halbierte Birne oder ein Riesenkäfer, ein metallisch glänzender.
Mit zittrigen Fingern stellt Robina das Fernglas ein. Dort oben bewegt sich nichts oder nichts mehr! Der Spiegel steht starr wie eh und je. Halt! Halte das ganz ruhig, Robi. Am Ende der Birne, dem Stielende, wackelt doch etwas.
Robina konzentriert sich: Ein dünnes armartiges Gebilde hantiert dort mit einem – Robina atmet erregt aus – Meßinstrument, kein Zweifel, einem Kästchen. „Er richtet den Spiegel ein“, flüstert Robina, und sie spürt, wie sich ein Gefühl tiefster Befriedigung in ihr breitmacht, wie ihr Tränen in die Augen steigen. „So ist das also, die Begegnung – meine Begegnung…“
Dann, beinahe hätte Robina den Augenblick verpaßt, strebt der Körper horizontal vom Spiegelmast weg, über die Plattform hinaus, steht über Eingang drei Bruchteile von Sekunden, sackt ab, richtet sich vor dem Türkristall auf, die Tür schwenkt hoch und schließt sich hinter dem Etwas. Und bevor Robina noch einmal Luft holt, liegt der Bolid in bekannter Bewegungslosigkeit.
Wie Hohngelächter kommen Robina auf einmal Pulsation und Reflexe vor.
Robina schwitzte vor Aufregung, ihr Puls raste. Trotzdem bemächtigte sich ihrer eine kalte Beherrschung.
In den Bau – und so schnell wie möglich! befahl sie sich.
Sie schlang das Seil um einen Vorsprung und ließ sich vom Würfel hinab. Unter irdischen Bedingungen würden die Handschuhe qualmen, dachte sie grimmig.
Und dann sprang sie mit geschlossenen Füßen, als sei sie Teil der Spirale, die Stufenpyramide hoch, sie aktivierte Bärenkräfte, über deren Ursprung sie sich wunderte und die sie sich nicht zugetraut hätte. Obwohl sich Robina vergegenwärtigte, daß die Birne erst vor einer halben Stunde den Gang passiert hatte, ließ sie sich nicht irritieren. So schnell es ihr die umgehängte Spirale gestattete, trippelte sie zur Treppe, holte ungeachtet der Möglichkeit, sich zu verraten, den Fahrstuhl, fuhr hinab in den Rundraum und ebenso zielstrebig hoch zur Kuppel. Dort setzte sie eilig, aber konzentriert den Hacker in Gang, obwohl die umgehängte Spirale sie dabei arg behinderte. Mehr denn je achtete Robina darauf, daß ihr Körper, vor allem ihre Hände im Inneren der Spirale blieben.
Dann, als die S-Melodie abstrahlte, zog sich Robina mit Herzklopfen an die Kuppelwand zurück. Erst jetzt wieder bemerkte sie die Reaktion ihres Körpers auf die ungewöhnliche Anstrengung. Sie kam sich vor wie zerschlagen, aber Müdigkeit spürte sie nicht. Der Puls ging noch immer überschnell, und es war, als fiebere jede Faser ihres Körpers. Es war eine Angst, die in Robina tobte, wie sie sie noch nie in ihrem Leben empfunden hatte.
Alle Minuten sah Robina zur Uhr, bis sie sich zur Ordnung rief. Wirre Gedanken gingen ihr durch den Kopf, alle möglichen Varianten, die nur ein Ergebnis hatten: Sie kommen nicht, es war vergeblich; sie haben mich bemerkt, des verdammten Fahrstuhls wegen. Aber wie anders sollte ich hier hochkommen?
Und dann hätte sie das Aufklappen der Tür beinahe verpaßt.
Robina erstarrte, aber ihre Sinne nahmen überwach wahr, was sich in der Kuppel tat.
In der Tür lag – oder stand? – die halbe Birne, mit dem Stielende voraus, das, auf Robina gerichtet, einen Augenblick gläsern fluoreszierte. Dann schwebte sie zielstrebig auf den Hacker zu und zeigte Robina den „Rücken“.
Im nächsten Augenblick verstummte die S-Melodie in Robinas Hörern.
Sosehr sie sich auch bemühte, sie sah nichts von dem, was die Birne trieb – nur ein leichtes Hin- und Herschwenken des Körpers, der perlmuttfarbig-metallisch glänzte.
Robina entspannte sich – und erstarrte dann abermals: Sie spürte, wie sich ihr die Haare sträubten, wie die Kopfhaut kribbelte, unter den Armen rann kalter Schweiß, und sie wurde sich plötzlich ihrer völligen Wehrlosigkeit bewußt.
Das Etwas hatte sich ihr zugewandt, wieder flirrte es bläulich im Vorderteil. Es hob sich vom Boden ab, dreißig, vierzig Zentimeter. In ei nem Manipulator – kein Zweifel, es war ein Manipulator! – hielt es den Hacker.
Langsam schwebte es auf Robina zu. Ihr erstarrte das Blut, ein Schrei blieb in der Kehle stecken.
Von alldem nahm das Ding keine Notiz. Es
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