Die Krone der Macht
aufgebaut hast. Hast du denn alles vergessen, was ich dir über Nador gesagt habe?“
Sarja glitt aus dem Sattel. Sie barg den Kopf an Ástinos Brust und klammerte sich an seine Schultern.
„Hilf mir, Ástino!“ flüsterte sie. „Du bist der einzige, der mir raten kann. Ich bin so verwirrt und weiß gar nicht, was in mich gefahren ist.“
„Komm!“ sagte er weich. Er legte seinen Arm um ihre Schultern und zog sie an den Wegrand. Dort drückte er sie ins Gras nieder und setzte sich neben sie. „Wir haben zwar wenig Zeit, aber das muss geklärt werden, bevor wir die beiden wiedersehen. Sarja, du musst dir schon über deine Gefühle selbst klar werden. Dabei kann ich dir nicht helfen. Aber ich kann dir zumindest sagen, wie du das erreichen kannst. Zunächst solltest du beiden in den folgenden Tagen aus dem Weg gehen und es vermeiden, mit einem von ihnen allein zu sein, damit du dich nicht verrätst. Du wirst auch nicht bei Nador schlafen, dafür werde ich sorgen. Er braucht sowieso Ruhe, so dass das nicht auffallen wird. Damit bekommst du genügend Zeit, um dir Klarheit zu verschaffen. Entscheidest du dich für Nador, gibt es kein weiteres Problem. Doch dann solltest du Ardon dringend klarmachen, dass du für ihn nie mehr als seine Reisegefährtin sein kannst. Das bist du ihm für seine große Hilfe schuldig, und außerdem solltest du nicht mit seinen Gefühlen spielen, die er wahrscheinlich schon für dich entwickelt hat. Fällt deine Wahl allerdings auf Ardon, wirst du mit großen Schwierigkeiten zu rechnen haben. Ich warne dich jedoch davor, nur aus Mitleid und Schuldgefühl bei Nador zu bleiben. Er ist nicht blind und sehr sensibel und würde es bald merken, zumal du auch nicht in der Lage bist, dich auf Dauer zu verstellen. Deine Augen würden dich ihm verraten, genau wie sie mir alles erzählt haben. Das wäre für ihn schlimmer, als wenn du ihm die Wahrheit sagst. Er erwartet unbewusst immer noch eine solche Wendung, obwohl du versucht hast, ihn vom Gegenteil zu überzeugen. Und vielleicht hat er damit ja auch gar nicht so Unrecht. Er wird lernen, mit der Wahrheit zu leben, aber dein Mitleid würde er nicht ertragen.
Aber du solltest auch nicht Ardons Nähe suchen. Er weiß nichts von Nador und dir, und somit glaubt er, um dich werben zu können. Ich habe gesehen, dass er sich sehr zu dir hingezogen fühlt, und er wird mit allen Mitteln versuchen, dich für sich zu gewinnen. Und ein Mann wie er hat viele solcher Mittel, die du dir in deiner Unerfahrenheit nicht einmal vorstellen kannst, glaube mir! Daher bin ich mir absolut nicht sicher, ob du stark genug bist, seinem Charme, von dem er eine gewaltige Portion besitzt, zu widerstehen, solange du dir über deine Gefühle noch nicht im Klaren bist. Sei also auf der Hut! Ich werde tun, was ich kann, um dich zu schützen, aber ich kann nicht überall sein.“
Sarja ergriff Ástinos Hand. „Du bist ein wahrer Freund, Ástino“, sagte sie warm, „nicht nur für mich, sondern auch für Nador und... sogar für Ardon, obwohl du böse auf ihn bist.“
„Ich bin nicht böse auf Ardon“, widersprach Ástino.“ Wie könnte ich das?! Er hat doch keine Ahnung, welches Problem er hervorruft. Und außerdem hat er unser aller Leben gerettet. Im Gegenteil, ich möchte auch ihn nur davor bewahren, in etwas hinein zu geraten, das uns vielleicht allen Unheil bringen kann - und davor, dass du vielleicht mit seinen Gefühlen spielst. Das hat er nicht verdient! Du solltest jedoch nur dein Herz entscheiden lassen. Alles andere, so wichtig es auch sein möge, darf deine Wahl nicht beeinflussen. Nur so kannst du sicher sein, das Richtige zu tun.“
Er führte Sarja wieder zu den Pferden zurück und half ihr in den Sattel. Dann sprang er selbst auf. „Lasse uns jetzt schnell weiterreiten, damit wie die verlorene Zeit einholen.“
Sie trieben die Pferde in einem raschen Trab und setzten ihren Ritt schweigend fort, jeder in seine Gedanken vertieft.
Wie Ardon es vorhergesagt hatte, erreichten sie gegen Abend die Ortschaft Erisa, die direkt am Fluss lag. In der Nähe des kleinen Hafens lag das Wirtshaus „Zu den zwei Schwertern“. Ardon war schon lange da und hatte drei Zimmer für sie bereiten lassen. In eines der Zimmer hatte man Nador gebracht. Er war kurze Zeit, nachdem Ardon ihn auf das Floß gebracht hatte, wieder zu sich gekommen. Nun fühlte er sich etwas besser, obwohl er immer noch sehr schwach war. Das zweite Zimmer war für Sarja
Weitere Kostenlose Bücher