Die Krone der Macht
nicht mehr so hoch wie gestern, bereitet mir aber immer noch Sorgen“, sagte er, als er sich wieder am Feuer niederließ. „Aber ich denke, er wird es schaffen.“
Sarja reichte Ardon einen Becher Wein, und als er ihn entgegennahm, schloss sich seine Hand kurz um die ihre. Schnell zog Sarja die Hand fort und hätte dabei beinahe den Wein verschüttet. Dem aufmerksamen Ástino war dieses Zwischenspiel nicht entgangen.
Da die beiden Männer durch die schwere Arbeit ermüdet waren, legte man sich bald nieder, um am nächsten Morgen früh aufbrechen zu können. Nador sollte so schnell wie möglich aus der Wildnis heraus. Ardon hatte ihnen erklärt, dass nur mit dem Floß ein ruhiger Transport des Verletzten möglich sei. Selbst auf einer Trage zwischen zwei Pferden wäre die Erschütterung für Nador vielleicht verhängnisvoll geworden. Auch hätten sie den Ritt kaum in kürzerer Zeit bewältigen können, da sie mit Rücksicht auf den Verwundeten nur sehr langsam vorwärts gekommen wären. Das Floß machte zwar viel Arbeit, war aber das ruhigste Transportmittel und alles in allem auch das schnellste.
Ástino verstand es so einzurichten, dass sein Schlafplatz zwischen Sarja und Ardon lag. Auf einmal jedoch stöhnte Nador, und wie der Wind waren die beiden auf und knieten bei ihm nieder.
„Sein Fieber ist weiter gestiegen“, sagte Ardon. „Doch legt Euch ruhig wieder nieder, Sarja. Ich werde bei ihm wachen.“
Er nahm ihre Hand und führte sie zu ihrem Lager zurück. „Schlaft ruhig, ich werde gut für Euren Gefährten sorgen. Ich wecke Euch, falls sich sein Zustand verschlechtern sollte.“
Dann beugte er sich über ihre Hand und küsste diese, ein klein wenig zu lange, wie Ástino fand. Ástino blickte zu Sarja hin, aber diese wendete ihm den Rücken zu, so dass sie mit dem Gesicht zu der Stelle hin lag, wo Ardon bei Nador wachte. So konnte Ástino zu seinem Bedauern nicht feststellen, wem von beiden ihre größere Aufmerksamkeit galt.
Am nächsten Morgen packte Sarja die Sachen zusammen und sattelte die Pferde, während Ardon und Ástino mit der Fertigstellung des Floßes beschäftigt waren. Als sie fertig war, ging sie zu den beiden Männern hinüber, um zu sehen, wie weit diese mit ihrer Arbeit waren. Die beiden verknoteten gerade die letzten Stücke des langen, geflochtenen Lederseils, das Ástino stets mit sich führte, um die Stämme des Floßes.
Das Floß war nicht sehr groß. Es maß etwa eineinhalb Mannslängen und war nicht ganz so breit, aber das würde ausreichen, um Nador und Ardon bis zu der nächsten Ortschaft zu bringen, zumal der Fluss hier sehr ruhig dahinströmte und nicht sehr tief war. Ástino und Sarja wollten helfen, es ins Wasser zu schieben, aber Ardon beförderte es mit einer Leichtigkeit in den Fluss, als sei es aus Papier. Er band es an einer der Baumkronen fest, die beim Fällen bis ins Wasser gestürzt waren. Dann ging er zurück ins Lager und kam mit dem immer noch bewusstlosen Nador auf den Armen wieder zurück.
„Holt noch einige Decken“, sagte er zu Ástino und Sarja, „damit er es bequem hat.“
Sie legten die Decken auf das Floß, zuunterst die gewachste Decke von Sarja, damit sie nicht von unten nass werden konnten. Dann hob Ardon Nador wieder auf und trug ihn durch das seichte Wasser aufs Floß. Behutsamen bettete er ihn auf die Decken und breitete eine weitere über ihm aus. Dann kam er noch mal ans Ufer zurück.
„Ich werde eher ankommen als ihr“, sagte er, „da der Fluss bis zum Ort fast in gerader Richtung und recht schnell fließt. Die Ortschaft heißt Erisa und ihr könnt sie gar nicht verfehlen. Ihr dürftet sie wohl gegen Abend erreicht haben, denn ich glaube nicht, dass im Augenblick mit weiteren Angriffen zu rechnen ist. Es gibt nur zwei Gasthäuser in Erisa. Ihr werdet mich in den „Zwei Schwertern“ finden.“ Er reichte den beiden die Hand. „Achtet gut auf Nador!“ bat Sarja.
„Seid unbesorgt, ihm wird nichts geschehen!“ beruhigte Ardon sie. „Er ist bei mir sicherer, als ihr beide allein auf der Straße seid. Darum seid vorsichtig und beeilt euch, soweit eure Wunden es zulassen.“
Er wandte sich um und band das Floß los. Dann stieg er vorsichtig darauf, um es nicht zum schwanken zu bringen, und stieß sich mit einer langen Stange vom Ufer ab. Bald hatte die Strömung das Floß ergriffen und ließ es schnell dahingleiten. Ardon hob noch einmal die Hand zum Gruß, dann wandte er seine
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