Die Krone der Macht
sagte er zu Ástino und drückte beruhigend Sarjas Hand. Dann folgte er Ardon.
Sarja erschrocken. „Ástino, was hat er vor? Er wird doch nicht mit Ardon kämpfen wollen?“
Ástino beruhigte sie. „Keine Angst, Sarja! Nador ist kein dummer Knabe und auch nicht lebensmüde. Aber die beiden müssen sich aussprechen. In einer Gemeinschaft wie unserer, wo jeder auf den anderen angewiesen ist, darf es keinerlei Feindschaft geben. Und das weiß Nador genau. Deshalb müssen die beiden die Sache unter sich klären.“
„Du weißt...?“ fragte Sarja bestürzt.
„Ja“, antwortete Ástino schlicht, „aber nun lass es gut sein und iss dein Frühstück!“
Aber Sarja konnte keinen Bissen herunterbringen und zerpflückte nur nervös ein Stück Brot in den Händen.
Nador fand Ardon im Garten, wo er an einem Baum lehnte, die Hände in den Taschen vergraben, und auf den Fluss hinausstarrte.
Nador trat zu ihm und sagte ruhig: „Ich glaube, wir sollten miteinander reden, Ardon.“
„Ja“, sagte Ardon, ohne ihn anzusehen, „ich glaube auch, das sollten wir.“ Dann drehte er sich abrupt zu Nador um und stieß heftig hervor: „Ich werde mich nicht bei dir entschuldigen, Nador, denn ich bereue nicht, was ich getan habe. Ich liebe Sarja genau wie du und wusste nicht, dass zwischen euch beiden etwas war. Aber selbst wenn ihr es mir gesagt hättet, weiß ich nicht, ob ich nicht doch versucht hätte, sie für mich zu gewinnen. Denn sie ist die außergewöhnlichste Frau, die mir in meinem ganzen Leben begegnet ist.“
„Du musst dich auch nicht entschuldigen, Ardon“, antwortete Nador. „Dein Verhalten ist durchaus verständlich, und vielleicht hätte ich an deiner Stelle das Gleiche getan, denn Sarja ist ein Preis, für den es sich wohl zu kämpfen lohnt. Außerdem verdanken wir dir alle unser Leben, besonders ich. Doch du bist ein durch den Stein ausgewähltes Mitglied der Gemeinschaft, und persönliche Dinge dürfen uns nicht von unserer Aufgabe ablenken. Wir können daher keine Rivalität zwischen uns gebrauchen. Deshalb sollten wir die Angelegenheit hier und jetzt klären, damit wir dann unseren Weg ungestört fortsetzen können. Der schwerste Teil unserer Aufgabe steht unmittelbar bevor, und wir können es nur schaffen, wenn jeder jedem voll vertrauen kann. Aber wie könnten wir das, wenn jeder von uns beiden im anderen nur einen Rivalen um Sarjas Gunst sieht, den er im Innersten seines Herzens vielleicht gern aus dem Weg geräumt sähe? Wir müssen daher eine Lösung finden - und wir müssen sie schnell finden! Ich von meiner Seite bin bereit, die Sache zu vergessen. Und auch du solltest versuchen, das Gleiche zu tun. Denn wie Sarja es dir ja bereits gesagt hat und wie du es wohl auch gesehen hast, hat sie ihre Wahl getroffen. Ich finde, wir sollten das beide akzeptieren.“
Während Nador sprach, hatte Ardon sich von ihm abgewandt. Er lehnte nun wieder am Baum, das Gesicht gegen den rauen Stamm gepresst. Nun schlug er in ohnmächtiger Verzweiflung immer wieder mit der Faust gegen den Stamm.
„Ich sehe ja ein, dass du Recht hast, Nador“, presste er hervor. „und ich hatte Sarja auch gesagt, dass ich Ihre Entscheidung akzeptiere, aber … verdammt, ich kann es nicht! Ich liebe sie und soll doch einfach aufgeben, ohne den Versuch zu unternehmen, sie zurückzugewinnen?“ Er drehte sich zu Nador um und fragte rau: „Und du, was würdest du denn tun, wenn sie sich für mich entschieden hätte? Würdest du einfach aufgeben? Sei ehrlich!“
Nador schaute Ardon in die Augen. Dann senkte er den Kopf und sagte: „Ich weiß es nicht. Vielleicht würde ich aufgeben, wenn ich davon überzeugt wäre, dass sie nur so glücklich wird.“
„Gut!“ sagte Ardon nach einer Weile. „So wollen wir einen Kompromiss schließen: Solange ich sehe, dass Sarja mit dir glücklich ist, werde ich nicht versuchen, euer Glück zu stören, und du hast nichts von mir zu befürchten. Aber sollte ich feststellen, dass du nicht in der Lage bist, ihr all die Liebe zu geben, die sie braucht, oder dass du nicht gut zu ihr bist, werde ich erneut versuchen, sie für mich zu gewinnen. Bist du damit einverstanden?“
„Ja, damit bin ich einverstanden“, sagte Nador, „denn ich möchte, dass Sarja glücklich ist. Und wenn ich nicht fähig bin, sie glücklich zu machen, habe ich sie auch nicht verdient und es geschähe mir nur recht, wenn sie sich dann einem anderen
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