Die Krone der Macht
genauso, wie ich es bereits befürchtet habe“, sagte er bedrückt. „Meine Verwundung hat uns so lange aufgehalten, dass wir wohl bis zum Frühjahr hier festsitzen werden. Inzwischen hat Doron Zeit genug, alle seine finsteren Pläne zu verwirklichen. Ich werde natürlich morgen noch weiter versuchen, ein Schiff aufzutreiben, aber ich habe wenig Hoffnung. Ich weiß, was es heißt, um diese Zeit auf See zu sein. Ich habe es einmal mitgemacht und bin nur durch ein Wunder noch am Leben.“
Stumm saßen die Freunde am Tisch und hingen düsteren Gedanken nach. Allmählich leerte sich die Gaststube, und sie waren die einzigen Gäste. Der Wirt wollte gerade die Tür zusperren, als ein hoch gewachsener Mann das Gasthaus betrat. Er war in einen langen Mantel gehüllt und hatte zum Schutz vor dem Wetter einen großen Hut tief in die Stirn gezogen.
„Gnädiger Herr“, sagte der Wirt, „ich wollte gerade schließen. Wollt Ihr übernachten? Sonst möchte ich Euch bitten, morgen wieder vorbeizukommen.“
„Lasst Euch nicht davon abhalten, die Tür zu verschließen“, antwortete ihm eine tiefe, volle Stimme, bei deren Klang Sarja, Ástino und Ardon aufhorchten. Auch Nador hob den Kopf und sah zu dem Eintretenden hinüber.
„Ich möchte mit den Leuten reden, die dort am Tisch sitzen“, fuhr der Fremde fort. „Seid so gut und bringt uns noch etwas Wein.“
Der Wirt beeilte sich, seinem Wunsch nachzukommen, und ging dann hinaus. Dann trat der Fremde auf die vier Gefährten zu und nahm den Hut ab.
„Der Händler!“ riefen Sarja und Ástino wie aus einem Munde. „Karstor, der Weise!“ rief Ardon erfreut. „Wie kommt Ihr hierher?“
„Weder Karstor, der Händler, noch Karstor, der Weise!“ lächelte der Mann. „Ich glaube, nur euer Freund Nador weiß, wer ich wirklich bin.“
Nador hatte sich erhoben und schaute den Fremden ehrfürchtig an. „Ja, ich weiß es“, staunte er, „obwohl es ein Wunder ist, das ich nicht begreife. Ihr seid Jarin, der Weise! Ich habe es die ganze Zeit geahnt.“
„Ja, ich bin Jarin“, sagte der Fremde. „und ich wusste schon lange, Nador, dass du ein kluger Kopf bist. Darum bist du auch ausgewählt worden, die Gemeinschaft anzuführen. Ich freue mich, euch alle gesund wieder zu sehen“, lächelte er den drei anderen zu, die ihn staunend und mit offenem Mund ansahen. „Ihr habt euch euren Weg bis hier her hart erkämpfen müssen. Nun aber lasst uns einen Schluck Wein trinken auf den Erfolg unserer Mission, denn ich habe euch noch viel zu sagen.“
Langsam lösten sich die drei aus ihrer Erstarrung, und dann fingen alle auf einmal an zu reden.
„Halt, halt, Freunde!“ rief Nador. „Jarin wird uns alles erklären und uns alle Fragen beantworten, nehme ich an.“
„Ja, das werde ich sofort tun“, sagte Jarin. Er ließ sich am Tisch nieder, ergriff die Weinkanne und schenkte sich und den Freunden die Becher voll.
„ Also hört gut zu:
Die Geschichte von Doron und mir und der Krone ist euch allen bekannt. Doch nun sollt ihr hören, wie es weiter ging, damals - vor etwa fünfhundert Jahren eurer Zeitrechnung.
Doron war besiegt, wenn auch nicht völlig vernichtet. Aber er war gezwungen, wieder auf seine Insel zurückzukehren, auf die ich ihn einst verbannt hatte. Doch auch ich war geschwächt vom Kampf mit ihm und hatte meine verbliebenen Kräfte in der Krone gesammelt. Lange Zeit brauchte ich, um mich zu erholen. Ich tat dies am Zufluchtsort der weißen Magier, der weit von hier in einem Land liegt, das keiner von euch kennt. Ich berichtete dem Rat der Weisen von Dorons neuerlichem Aufbegehren und dass es mir nicht gelungen war, ihn völlig zu vernichten. Der Rat der Weisen erforschte den Willen der Götter, und diese taten kund, dass es mir nie gelingen werde, Doron zu vernichten. Die Vernichtung Dorons könne nur einem Menschen gelingen, einem der Erben der Krone, die ich geschaffen hatte. Doch auch dieser könne das nur erreichen, wenn er bereit sei, für die Vernichtung Dorons sein eigenes Leben aufs Spiel zu setzen. Noch eine weitere Anforderung ist an den Sieg geknüpft, doch ist es mir nicht erlaubt, sie euch zu nennen. Das muss Sarja allein herausfinden. Doch wurde mir gestattet, dem Kronenträger bei seiner Aufgabe zu helfen und ihn auf seinem Weg zu begleiten, um ihm beizustehen. Nur auf Dorons Insel darf ich keinen Fuß setzen und auch nicht selbst mit ihm kämpfen. Der Kampf mit Doron läge - so der Spruch der
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