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Die Krone von Camelot

Die Krone von Camelot

Titel: Die Krone von Camelot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gillian Bradshaw
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verließ ein anderer Trupp Reiter das Lager im Galopp und schwärmte über die Ebene aus. Ich stand da, strengte die Augen an und horchte auf die Bemerkungen der Wachen um mich herum, mit ihren fremdartigen Akzenten. In mir herrschte ein qualvoller Zwiespalt. Zum erstenmal sah ich den Krieg mit meinen eigenen Augen, sah ich tatsächlich, wie meine beiden Liebsten ausritten, um einander umzubringen, aus Verzweiflung und um die Gerechtigkeit.
    Die Reihen der Reiter trafen sich, und sofort waren sie nicht mehr voneinander zu unterscheiden. Ich fragte mich, wie sie wohl in der Schlacht die eigenen Leute von den Feinden unterschieden. Natürlich war es bei den Sachsen einfacher, die gewöhnlich Helme trugen und sich anders kleideten. Aber wenn Leute vom gleichen Blut gegeneinander kämpfen, wie können sie dann wissen, wo sie zuschlagen müssen? Dieser Krieg war wie ein Wahnsinniger, der in Krämpfen lag und sich selbst und die Umstehenden schlug, ohne zu unterscheiden, besessen einzig und allein von der Gewalttätigkeit selbst. Wahnsinn war das, purer Wahnsinn. Der göttliche Wahnsinn, der über jene kommt, die verdammt sind, zu vernichten.
    Die Schlachtreihe schwankte rückwärts zum Lager. Ich glaubte, ich sähe Gawain, ich träumte, ich könne Artus ausmachen und
    Bedwyr und jeden einzelnen von hundert bekannten Gestalten. Aber die Kämpfenden waren in der Entfernung zu klein, waren nichts als ein Glitzern von Waffen und ein Hin- und Hergaloppieren von Pferden. Selbst die Geräusche wurden auf der Ebene vom Wind übertönt, bis man sie über den Bemerkungen der Wachen um mich her nicht mehr hören konnte. Ich sank auf die Knie, lehnte den Kopf gegen die Wand und weinte bitterlich. Dann kamen die Wachen und brachten mich zurück in mein Zimmer.
    Ich mußte fliehen. Das war mir klar, sobald ich wieder allein war. Dies alles war meine Schuld, meine Schuld, weil ich untreu gewesen war, weil ich mein eigenes Glück über das gestellt hatte, was das Reich von mir verlangte. Andere Frauen konnten Ehebruch begehen und nur dieses Verbrechens schuldig sein, aber ich hatte außerdem auch Verrat begangen, und ich hatte es gewußt. Ich kannte mein Vergehen so genau, wie ich ein faulendes Geschwür erkennen konnte, das das gesunde Fleisch frißt und wegzerrt. Ich mußte dafür sterben. Nur so konnte mein Leben zu Ende gehen, frei von dieser sich ausbreitenden Fäulnis. Irgendwie mußte ich entrinnen, zu Artus zurückkehren und meinen Urteilsspruch akzeptieren - und der mußte nach dieser Rebellion das Todesurteil sein.
    Und darum hatte es keinen Sinn, herumzusitzen und zu weinen. Ich hatte das schon mehr als oft genug getan. Jetzt mußte ich Pläne machen.
    Ich ging zu dem Silberspiegel, den mir Macsen zur Verfügung gestellt hatte, und schaute mein Gesicht an. Während der vergangenen Monate hatte ich an Gewicht verloren, und ich sah blaß, hohlwangig und alt aus, und meine Augen wirkten eingesunken. Sie waren jetzt auch rot. Plötzlich schämte ich mich für mich selbst, wegen der langen Monate des passiven Elends, wegen meiner Unentschlossenheit und weil ich vor Macsens Männern geweint hatte. Genug, zuviel davon. Konnte ich mich verkleiden und meinen Wachen durch die Finger schlüpfen?
    Ich wusch mir das Gesicht und ging los, um zu sehen, ob ich nicht ein paar Schminksachen finden konnte oder eine Perücke.
    Ich mußte mich vor dem Haushofmeister demütigen, um die Schminkfarbe zu bekommen. Er hatte sich damals darüber geärgert, daß ich ihn abgelehnt hatte, und nutzte jetzt meine Bitte aus, indem er mir hämisch vorhielt, ich hätte mein gutes Aussehen verloren, und er fragte sich deutlich, ob Bedwyr mich wohl nicht mehr wollte. Meine Situation hatte mich einige Geduld gelehrt, und ich antwortete ihm darauf nicht. Schließlich schaffte ich es, aus den Lagerräumen etwas Kohle, Bleiweiß und Karminrot herauszuholen. Als ich in mein Zimmer zurückkam, war die Tür verschlossen. Als ich sie aufschloß, hörte ich ganz kurz ein hämmerndes Geräusch. Bedwyr mußte zurück sein.
    Als ich die Tür öffnete, fand ich Bedwyr in der Nähe des Bettes stehen. Er hielt mir den Rücken zugedreht. Dann, als ich hereinkam, fuhr er wild zusammen und wirbelte herum. Er hatte sein Kettenhemd und seine Tunika ausgezogen, und sein Blick, als er meinem begegnete, war schuldbewußt und erschrocken. Eine blitzartige Einsicht verriet mir, was er hatte tun wollen, ehe ich es bewußt begriff, ehe ich meinen Blick zum Bett hinüberwandte und das

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