Die Krone von Camelot
Lächeln. Ich konnte mir vorstellen, wie Gwyn Gawain in Gwynedd gesehen hatte: ein kleiner Junge, der mit Liedern und illuminierten Evangelien aufgewachsen ist und den riesigen weißen Hengst, das Gold, das Scharlachrot und das Glitzern der Waffen in Flügeln aus Licht verwandelt und etwas, das um soviel größer ist als die Welt, als seine eigenen Hoffnungen. Nun, er hätte für seine Heldenverehrung auch schlimmere Männer aussuchen können. Es sprach sehr für Gwyn, daß er die Sanftheit und Höflichkeit genausosehr bewunderte wie die Macht der Waffen. »Gereint, der Reitmeister, sagt auch, daß du gut reitest«, bemerkte ich. »Und er glaubt wie ich, daß ein ausgezeichneter Krieger aus dir wird, wenn du weiterhin so schnell lernst wie bisher.«
»Ich. ich danke dir, hochedle Dame«, stammelte er, und seine Augen leuchteten. Er wirkte so durchsichtig wie Frühlingswasser, dieser Junge, und er konnte seine Gefühle nicht besser verbergen, als er fliegen konnte.
»Dann geh und übe reiten, hochedler Krieger, und morgen früh bringen wir das Wollinventar zu Ende. Gut so?«
»Sehr gut, my Lady«, erwiderte er, ergriff meine Hand und preßte sie an seine Stirn, ehe er losrannte. Ich konnte wieder lächeln, wirklich lächeln, während ich eilig zu Gruffydds Haus hinüberging.
Der Chirurgus wohnte auf der Nordwestseite der Halle, auf halbem Weg den Hügel hinab. Von Geburt stammte er aus Caer Ebrauc, und er hatte dort einige Erziehung genossen. Dazu kam noch eine Ausbildung in der Chirurgie von denjenigen, die in der Stadt die Kenntnisse der lange verschwundenen römischen Legionen noch bewahrt hatten. Als er volljährig wurde, war er einem Kloster beigetreten und lernte dort ein bißchen Physik, die seine Kenntnisse in der Chirurgie unterstützte, aber er hatte Streit mit seinem Abt bekommen, und man hatte ihn gezwungen, das Kloster zu verlassen. Kurz nach dem Tod des Kaisers Uther, ehe Artus selbst Anspruch auf den Purpur erhob, war er zu ihm gestoßen. Gruffydds war ein vernünftiger, hartköpfiger Mensch, der niemals ein gutes Wort oder eine unfreundliche Tat für andere zustande brachte. Als ich sein Haus betrat, goß er gerade mit finsterem Gesicht irgendeinen klebrigen Sirup in einen Becher Wein. Goronwy, der Verletzte, lag auf einem Bett. Sein Schwertarm war ihm über die nackte Brust gebunden, und seine Flanke und die Schulter waren bandagiert. Sein Gesicht über dem schwarzen Bart wirkte bleich, und er schwitzte.
Gruffydds nickte und grunzte, als er mich sah, aber er grüßte mich nicht. Er gab Goronwy den Becher in die linke, unverletzte Hand: Der Wein schwappte, weil seine Hand zitterte. Er schluckte ein bißchen von dem Trank und zog ein Gesicht.
»Trink alles«, riet ihm Gruffydds. »Es betäubt den Schmerz -nein, so.«
»Ich kann selbst trinken. Ich hab’ schon vor Jahren meine Mutter verlassen. Wenn es den Schmerz betäubt, warum hast du es mir dann nicht schon früher gegeben?«
»Ich hab’ dir vorhin schon was gegeben. Jetzt gebe ich dir noch mehr. Ich wollte, daß du noch ein bißchen bei Sinnen bist, solange ich an dir arbeite. Denn wie leicht wäre es, einen Nerv durchzuschneiden, wenn man solch eine Wunde reinigt, und das unter einem gebrochenen Schlüsselbein. Gloria Deo! Bist du wild darauf, deinen Arm zu verlieren? Als ob du nicht schon deine Dummheit genug damit bewiesen hättest, daß du einen Zweikampf ausgefochten hast!«
»My Lady«, sagte Artus, der aus den Schatten neben dem Bett auftauchte. Ich hatte ihn bis zu diesem Augenblick nicht bemerkt, und mein Herz hämmerte plötzlich. Er nahm einen Augenblick lang meine Hände und preßte sie. Die Linien um seinen Mund und um seine Augen traten stark hervor.
»Medraut hat mir gesagt, du wärst hier und wolltest mit mir reden«, sagte ich.
Er nickte und ließ meine Hände los. »Ich hab’ ihn auf dem Weg hierher getroffen und ihn zu dir geschickt.«
»Medraut!« sagte Goronwy und versuchte, sich hinzusetzen. »Er weiß also davon? Jetzt schon?«
»Ich kann mir vorstellen, daß die halbe Burg Bescheid weiß, wie du mit dem Herrn Bedwyr gefochten hast, Goronwy«, erwiderte ich
mit flacher Stimme.
»Ah.« Goronwy fiel wieder zurück auf das Bett. »Gut. Wenn du ihn siehst, sag ihm, daß ich seine Gesellschaft sehr begrüßen würde. Seinetwegen habe ich ja gekämpft, und wäre er anwesend gewesen, dann hätte er selbst gekämpft. Die Angelegenheit betrifft also ihn.«
Gruffydds grunzte. »Ich habe hier zu sagen, ob es dir gut
Weitere Kostenlose Bücher