Die Krone von Camelot
warten?«
»Was sonst kann man denn tun, außer sterben? Wir müssen mit unseren Sünden leben. Man wählt zwischen mehreren Übeln und erträgt diese Wahl. Ich. ich hab’ mich einmal entschieden, daß es böse sei zu töten, selbst in der Schlacht. Artus zeigte mir, daß es auch böse sein kann, nicht zu handeln, wenn dadurch etwas von Wert gerettet werden kann. Selbst, wenn die Tat das Töten beinhaltet. Ich mußte ihm zustimmen. Aber sie sind noch da, all diese Toten. Ich kann das Blut von meinem Schwert wischen, aber niemals von meinem Herzen. All diese Menschen, die ich für das Reich getötet habe, für das Licht, sie sind so tot, als ob ich sie nur aus Haß umgebracht hätte oder um mir selbst zu beweisen, daß ich ein besserer Krieger bin als sie. Du dagegen hast niemanden umgebracht.«
Ich schüttelte den Kopf und starrte ihn an. Seine Ruhe war verschwunden. Jetzt war die Leidenschaft an seine Oberfläche getreten und damit der Schmerz. Er beugte sich nach vorn und umklammerte hart meine Hand, während er sich auf den Stumpf seiner Schildhand stützte. »Es ist einfacher, als man erwarten sollte. Es macht, wenn man dabei ist, wenig Eindruck. Hinterher, hinterher erinnert man sich daran und denkt anders darüber. Aber die einzige Alternative, die wir hatten, bestand darin, es zuzulassen, daß andere getötet werden, und wenn dabei kein Blut am Schwert bleibt, dann bleibt doch mehr Blut auf der Seele, wenigstens vor Gott. Was du getan hast - was du tun wolltest -, das zählt im Himmel weniger als die Verbrechen, die ich wissentlich begangen habe, die Morde, die Verstümmelungen, den Schmerz, die Witwen und Kinder, die nach dem Tod ihrer Väter und Männer verhungern, die verbrannten Felder und die geplünderten Städte - all das habe ich mit dieser Hand getan.« Er zog sie aus meinen Fingern und hielt sie vor mich hin: Seine Schwerthand hatte Schwielen von der Waffe, den Speeren und den Zügeln. Sie war auf dem Handrücken vernarbt von Übungskämpfen und den Zufällen des Krieges. Er betrachtete diese Hand mit einem Maß an Schmerz und Schrecken, der mir das Herz zerriß. Ich nahm die Hand und küßte sie. Er schaute mich an, als ob er vergessen hätte, daß ich da war, als ob er mich noch nie gesehen hätte. Er zog seine Finger über meine Lippen und berührte die Tränen, die noch an meinen Wangen hingen. Er glättete mein Haar und packte dann meine Schulter. Er beugte sich vorwärts und küßte mich.
Jeden Augenblick der nächsten Stunde nahm ich mir vor, aufzuhören, zu sagen: »Nicht weiter.« Aber ich tat es nicht. Es war süß, so süß, daß ich mir immer noch eine Minute davon wünschte, ehe ich in die Kälte und die Einsamkeit und die fruchtlose Sehnsucht nach Artus zurückkehrte, in die Schande und die Anspannung und die herannahende Dunkelheit. Ohne Zweifel hatte auch Bedwyr vor aufzuhören, aber auch er sagte nichts. Keiner von uns sagte ein Wort, bis es vorüber war und wir Seite an Seite dalagen und wußten, daß wir Artus betrogen hatten und alles, wofür wir lebten. Da drehte ich mich zur Wand und fing wieder an zu weinen.
Bedwyr richtete sich auf dem Ellbogen auf und streichelte mein Haar und meine Schulter. Er flüsterte: »Still. Es ist meine Schuld, nur meine Schuld. Still.«
»Nein, nein. Meine Schuld. Oh, warum haben wir das getan?«
»My Lady, meine süße Gwynhwyfar, ich liebe dich. Ich habe dich immer geliebt. Ich hab’ versucht, mir etwas anderes einzureden, als ich sah, daß mein Herr dich auch liebt. Aber ich konnte das nicht ewig glauben. Ich hab’ mich so lange nach diesem Augenblick gesehnt. ich hätte nie hierherkommen sollen. Du warst krank und bekümmert, und du konntest nicht anders. Es ist meine Schuld.« Die sanfte Hand glitt tiefer, und ich zitterte. Ich setzte mich abrupt auf und schaute ihn an.
»Es spielt keine Rolle, wessen Schuld es war. Artus darf es nicht wissen. Es würde ihm zu weh tun. Und wir dürfen es nie wieder tun.«
Er starrte mich noch einen Augenblick an und wandte sich dann ab. Er setzte sich auf und schwang die Beine über die Seiten des Bettes. »Du hast recht. O himmlischer Gott!« Er beugte sich voller Schmerz vornüber und umklammerte den Stumpf seines Schildarms. »Was habe ich getan? Die Frau meines Herrn, in seinem eigenen Bett - «
»Wir dürfen es nicht wieder tun!« sagte ich dringlicher. »Du mußt irgendwo hingehen, weit weg - bis wir dies ein wenig vergessen haben und bis ich wieder mit Artus versöhnt bin.«
Er nickte und
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