Die Krone von Camelot
»Sei nicht dumm«, sagte er grob. »Willst du dich denn von mir scheiden lassen?«
Ich kannte sein Gesicht besser als mein eigenes: die weit auseinanderstehenden grauen Augen, den Schnabel von einer Nase, die schmalen Lippen mit dem graugestreiften kurzen Bart, die kräftigen Züge, den schnellen Wechsel der Gesichtsausdrücke. Ich konnte seinem Blick nicht so ehrlich begegnen, wie er meinem begegnete, und während ich die Augen senkte, berührten seine Hände meine Finger. Die Tiefe von dreizehn Jahren war zwischen uns, das Gewicht der Gewohnheit, des langen Vertrauens, erfüllt, betrogen und verziehen. Es waren tausendmal tausend winzige Dinge, unwichtige Erinnerungen, die übliche Erwartung dessen, was der andere wohl denkt, sagt, tut, träumt. »Nein«, sagte ich endlich. »Nein, natürlich nicht. Aber wenn es je eine Hoffnung gegeben hat, daß ich dir nach dem Krieg einen Sohn gebären würde, dann gibt es jetzt keine mehr, und es hat auch seit langer Zeit keine mehr gegeben. Und du brauchst einen Erben. Eine andere Frau schenkt dir vielleicht ein Kind.«
»Und was würdest du tun? Und was das betrifft - was würde ich tun? Meinst du denn, eine andere Frau könnte deinen Platz einnehmen? Ich bin nicht Herr dieser Burg - du bist diejenige, die hier herrscht. Ich schwöre beim Gott des Himmels - wenn je ein Mann mir gedient hätte, wie du mir gedient hast, und ich ihn beiseite schieben würde, wie ich das deiner Ansicht nach mit dir tun soll, dann würde ich sofort der undankbarste König in ganz Britannien genannt werden, und meine Männer würden mich alle verlassen, um sich einen anderen Herrn zu suchen, der sie besser belohnt.«
»Sie würden so etwas nicht erzählen und auch so etwas nicht tun, wenn du dich von mir scheiden ließest.«
»Nein, für eine Frau würden sie es wohl nicht tun. Aber ich. Und deshalb. Gwynhwyfar, ich will keine andere Frau. Ich hab’ keine andere mehr gewollt, seit ich mich in dich verliebte. Würdest du denn wollen, daß ich die hohlköpfige siebzehnjährige Tochter irgendeines Königs heirate und mit ihr zufrieden wäre, während du. was tätest? In ein Kloster gehen? Irgendeinen von meinen Kriegern heiraten? Ich würde jeden Krieger umbringen, der sich dazu hergäbe!« Er fing an, wieder zu lächeln. Er fing an, das Thema wieder wie einen Witz zu betrachten. Ich mußte plötzlich an Bedwyr denken und zitterte.
»Du brauchst einen Erben. Es ist alles schön und gut, wenn du von mir und dir redest, aber zum Wohl des Königreichs brauchst du einen Erben.«
»Nein. Ich brauche keinen Erben. Ach, mein Liebling, du hast recht, ich wünschte, wir hätten Kinder, deine Kinder. Aber es ist besser ohne sie. Jetzt stirbt die Tatsache, daß ich den Purpur einfach genommen habe, mit mir.« Ich fing an zu protestieren, aber er ließ mich mit einem harten, energischen Kuß verstummen. »Wenn ich sterbe«, sagte er, »dann wird das Imperium wieder an die Sippe meines Vaters zurückgehen. Ein Nachfolger aus dieser Sippe wird vor dem Gesetz das Recht auf den Thron haben. Und ich kann jeden innerhalb von vier Generationen von Kaisern zu meinem Nachfolger bestimmen, und wenn ich die Angelegenheit korrekt erledige, dann wird er auch als solcher anerkannt. Ich könnte Gereint ap Erbin wählen oder Constans aus der Familie - und Maelgwyn Gwynedd hat einen Anspruch.«
»Maelgwyn!« rief ich zornig aus.
Er lachte. »Nein, nicht Maelgwyn, da stimme ich dir zu. Er regiert Gwynedd schlecht genug. Ihm würde ich das Reich nicht geben. Und die anderen sind auch nicht dazu geschaffen, so große Macht auszuüben. Nur jetzt, jetzt - wer weiß? Seit Gawain Gwyn legitimiert hat, kann Gwyn auch als Mitglied der königlichen Familie betrachtet werden. Er ist ein Abkömmling vom ältesten legitimen Kind meines Vaters Uther. Ja, Morgas hat in eine andere Sippe eingeheiratet - aber wenn Gwyn nicht Mitglied der königlichen Familie von den Orkneys ist.« Er ließ meine Schultern los und stand auf. Seine Augen strahlten auf vor Erregung. »Meine Mutter war nicht von edlem Blut, aber Gwyns Mutter war eine Tochter des Caw, aus der königlichen Familie von Ebrauc. Das könnte sehr nützlich sein; vielleicht könnten dadurch endlich die Feindseligkeiten abgeschafft werden.« Er fing an, im Raum hin und her zu gehen. »Nun ja, er ist ein Bastard aus einem Kloster, genau wie ich. Aber mein Vater hatte eheliche Kinder und konnte mich nicht legitimieren. Die Leute werden bald vergessen, daß an der Geburt des Enkels
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