Die Krone von Lytar
weiter?«, fragte Garret.
Astrak zuckte die Schultern. »Nichts weiter. Die wenigen, die es gesehen haben, schweigen sich über die Details aus.«
Argor ergriff nun das Wort. »Es geht mich eigentlich nichts an, aber eine Sache finde ich seltsam. Elyra betete in ihrem Gesang zu Mistral. Dabei dachte ich, sie wollte dem Glauben Erions beitreten.«
Garret sah den Zwerg überrascht an. »Stimmt, das ist mir auch aufgefallen.«
Astrak räusperte sich und schien ein wenig amüsiert. »Es gab da wohl ein paar Meinungsverschiedenheiten zwischen ihr und dem jungen Priester.«
»Und welcher Art waren sie?«, wollte Garret wissen.
»Erions Diener sind durchweg männlich, da ihr Gott den Aspekt des Männlichen mit dem der Weisheit verbindet. Der Priester hat ihr offenbar einreden wollen, dass Frauen nicht weise genug für dieses Amt seien.«
Trotz der Umstände musste Garret lachen. »Da wäre ich gerne dabei gewesen!«
Astrak grinste, und in seinem rußverschmierten Gesicht wirkten seine Zähne überraschend weiß. »Sie hat ihm in deutlichen Worten erklärt, dass alle Weisheit von Mistral stamme, die, wie er wisse, eine Frau sei.«
»Und was sagte der Priester darauf?«
»Er ließ sich gar nicht auf eine Diskussion ein. Aber er teilte Elyra noch mit, dass Erion es nicht erlaube zu töten. Unter keinen Umständen. Das hat für sie dann wohl den Ausschlag gegeben.«
»Das verstehe ich nicht. Elyra ist doch auch gegen das Töten«, warf Garret überrascht ein.
»Nun ja, ich habe ihr Gesicht gesehen, als sie die Blitze auf den Händler herabschleuderte …« Astrak schloss die Augen und wirkte auf einmal ebenso müde wie Garret. »Ich glaube, ich werde diesen Anblick nicht so schnell vergessen. Sie sah aus wie eine Rachegöttin, und ihre Augen leuchteten wie Sterne! Ich wusste gar nicht, dass sie über solche Magie verfügt! Auf jeden Fall möchte ich nie erleben, dass sie mich so ansieht!«
»Die Magie kam nicht aus ihr«, korrigierte Garret. »Sie hat einen magischen Stab gefunden.«
»Ich weiß. Aber ihre Augen … Wie auch immer, sie entschloss sich, Mistral zu dienen, und meinte später zu mir, es sei die richtige Entscheidung gewesen.«
»Wann hat sie dir das gesagt?«
»Nachdem Ariel dich geheilt hatte.«
Garret wirkte auf einmal sehr nachdenklich. »Es gab hier nie eine Priesterin der Mistral. Jedenfalls nicht seit dem Kataklysmus.«
Der Zwerg sah zu ihm hoch. »Meinst du, es hat eine besondere Bedeutung?«
Garret rieb sich die Augen und sah dann auf die Toten, die rechts von ihnen aufgebahrt lagen.
»Es hat alles eine Bedeutung. Belior, dieser Krieg, die wiederentdeckte Magie … all das hängt miteinander zusammen.«
»Wie meinst du das?«
»Ich denke«, sagte Garret, schloss die Augen und gähnte wie ein Maulesel, »dass dies alles schon vor sehr langer Zeit seinen Anfang genommen hat. Wir sind nur Figuren auf einem Spielbrett … aber ich weiß nicht, ob ich das so hinnehmen will.«
»Und wenn nicht, was willst du dagegen tun?«, fragte der Zwerg. Doch er erhielt keine Antwort mehr, denn Garret war, so wie er dort saß, eingeschlafen.
15
Kriegsrat
Die Geschehnisse dieser Nacht veränderten alles. Mehr als zwei Dutzend Menschen waren umgekommen, unter ihnen auch ein junges Paar, das erst am Tag zuvor geheiratet hatte, sowie ein halbes Dutzend Kinder. Die feindliche Armee und der Drache waren ihnen offen entgegengetreten. Der falsche Händler jedoch hatte sich eingeschlichen, und dass er im Herzen Lytaras brennende Magie einsetzte, konnte von allen nur als heimtückisch angesehen werden. Durch die Gnade der Götter waren die meisten, die den Angriff überlebt hatten, gut versorgt. Sogar die schlimmsten Wunden heilten mit erstaunlicher Geschwindigkeit. Doch wo am Tag zuvor noch Heiterkeit und Freude gewesen waren, wuchs nun etwas heran, das im Tal schon seit Generationen keine Nahrung mehr gefunden hatte: Hass. Noch am Nachmittag fand man die Leibwache des Händlers tot auf. Und es war nicht das Feuer, das ihn getötet hatte, sondern eine durchschnittene Kehle. Niemanden schien es zu kümmern, nicht einmal Elyra, die die Nachricht mit regungsloser Miene zur Kenntnis nahm.
Der alte Mann atmete tief durch und lehnte sich in seinem Stuhl zurück. Für einen langen Moment sagte Lamar nichts, sondern trank nur einen Schluck Tee und sah sich im Schankraum um. Jetzt, wo er wusste, dass sich all das in diesem Gasthof abgespielt hatte, entdeckte er überall die Spuren der Attacke. An einer
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