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Die Krone von Lytar

Titel: Die Krone von Lytar Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carl A. DeWitt
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ihn aus seinen Gedanken.
    Wie eine Marionette bewegte er sich zu seinem Freund und der jungen Frau auf dessen Schoß hinüber, von der er jetzt, im Moment ihres Todes, wusste, dass sie seine große Liebe war. Er kniete sich vor Tarlon und Vanessa nieder und zwang sich, in das geliebte Gesicht zu sehen. Sie hatte die Augen offen, doch das Feuer hatte ihnen den Glanz genommen. Er schluckte, als sie ihre verbrannte Hand ausstreckte und die geborstenen Lippen seinen Namen zu formen versuchten.
    Er musste all seinen Mut zusammennehmen, um ihre Hand zu ergreifen. Dann beugte er sich zu ihr hinunter und küsste sie vorsichtig auf den Mund, wobei seine Tränen ihr Gesicht benetzten.
    Sanft legte ihm jemand die Hand auf die Schulter. Es war Ariel, der traurig den Kopf schüttelte, doch Tarlon sah an dem Elfen vorbei und lächelte, als würde er dort, inmitten von verkohltem Holz und Fleisch, inmitten von Tod und Verwüstung etwas sehen, das ihm Hoffnung gab. Ariel folgte Tarlons Blick, seufzte vernehmlich und nickte dann, als stimme er jemandem, wenn auch widerwillig, zu.
    Obwohl sich auch der Elf vor Ermüdung kaum auf den Beinen halten konnte und er offensichtlich am Ende seiner Kräfte war, war sein Gesang an diesem Tag doch immer wieder kräftig und wunderschön erklungen, und sein Gebet, mit dem er seinen Gott um Heilung für die Lebenden und um Segen für die Toten bat, war jedes Mal voller Inbrunst. Wo er sich auch hinkniete, schien eine Brise sommerlicher Waldluft in den Gasthof zu wehen und im Verein mit seinem Gesang den Gestank des Todes und die klagenden Laute fortzutragen. Zunächst schien seine Magie nur wenig zu bewirken, und für solche, die so schwer verletzt waren wie Vanessa, hatte er oft nur ein kurzes Gebet.
    Garret hatte nicht mehr von dem Elfen erhofft als ein solches Gebet und vielleicht ein wenig Linderung, damit Vanessa leichter einschlafen konnte, doch nach Tarlons Blick und Ariels antwortendem Seufzer ließ sich der Elf vor Vanessa auf die Knie nieder, senkte einmal kurz den Kopf und atmete tief durch, als würde eine schwere Prüfung vor ihm liegen.
    Dann erst legte Ariel seine zitternden Hände auf Vanessas Brust und Kopf. Schweißtropfen liefen unter dem Rand seiner Maske hervor, sein Gewand war verrußt und von Schweiß durchnässt. Auch wenn seine Stimme anfänglich rau und schwach war, gewann sie nun mit jedem Wort an Kraft. So lobte Ariel seine Herrin und bat um ihre Gnade.
    Fast meinte Garret die alten Worte zu verstehen, er glaubte, eine grüne Wiese zu sehen, auf der Vanessa lag. Während er noch gebannt zusah und sie hielt, gab Vanessa einen leisen Seufzer von sich und schloss die Augen. Garret stockte der Atem, als er sah, wie verkohlte Haut und verbranntes Fleisch von ihr abfielen und darunter ein makelloser Körper zum Vorschein kam. Ungläubig sah er zu dem Elfen auf, der sich taumelnd wieder aufrichtete und, noch immer singend, zum nächsten Opfer weiterschritt.
    »Es ist ein Wunder«, hauchte Garret, und Tarlon nickte nur.
    Er hielt seine Schwester, die nun tief zu schlafen schien, fest im Arm und sah zu der Stelle hin, an der sein Vater Hernul weinend neben dem zerfallenen Körper seiner Frau kniete. Tränen liefen von Tarlons Wangen und wuschen Spuren in sein verrußtes Gesicht. Wie Garret später erfuhr, hatte sich die Mutter schützend über Vanessa geworfen und war so stark verbrannt, dass auch der Elf nichts mehr hatte ausrichten können.
    Nicht nur Ariel tat, was er vermochte. Jeder, der auch nur ein wenig von der Kunst der Heilung verstand, half dabei, die Verwundeten zu versorgen und ihre Schmerzen zu lindern.
    Über allem lag die helle, klare Stimme Elyras, und obwohl verschiedenen Götter gehuldigt wurde, war es diese Stimme, die wie ein Silberfaden die Lobpreisungen zu einer einzigen zusammenband. Anders als viele erwartet hätten, pries Elyra nicht Erion, sondern Mistral, die Herrin der Welten und des Tals von Lytara. Zudem wanderte sie nicht von einem Opfer zum anderen und trat auch nicht an die Verwundeten heran, um sie zu trösten oder zu heilen. Aber ihr Gesang schien allen die Kraft zu geben, in ihrem Dienst fortzufahren. Ihr Gesicht war dem Himmel zugewandt.
    Die Explosion hatte die geölten Leinentücher abgedeckt, mit denen das Dach nach dem Angriff des Drachen notdürftig geflickt worden war. Durch das entstandene Loch war nun der Stern Mistrals zu sehen, den sie anrief, während die Tränen auch auf ihre Wangen Spuren zeichneten.
     
    »Gesang!«, schnaubte

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