Die Krone von Lytar
gesehen, der auf dem Dach eines großen Gebäudes schlief.«
»Zwölfhundert bis zweitausend?«, flüsterte jemand entsetzt. »Wir sind verloren!«
Ralik richtete sich zu seiner vollen Größe auf und warf dem Sprecher einen strengen Blick zu.
»Wir sind nicht verloren. Nicht, wenn wir vernünftig vorgehen. Wie ich schon sagte, hat der Feind nur eine Möglichkeit, den Fluss des Todes zu überqueren, und das ist die Königsbrücke. Wir suchen keinen offenen Kampf, sondern wollen lediglich verhindern, dass unser Dorf erneut angegriffen wird.« Er hielt inne und sah die versammelten Dorfbewohner ernst an. »Deshalb beabsichtige ich, die alte Brücke zum Einsturz zu bringen. Dann ist nur noch der Drache eine Gefahr, und der Gegner ist in der alten Stadt eingesperrt, denn der Lyanta ist tödlicher, als jede Armee es sein könnte.«
»Wird der Gegner dann nicht einfach die anderen Brücken reparieren?«, fragte jemand anders.
Der Zwerg grinste breit. »Zweifellos wird er das versuchen. Aber ich denke, dass sich die Arbeiten durch den einen oder anderen Pfeil verhindern ließen!«
»Das ist unser Vorteil«, ergriff Pulver das Wort. »Unsere Bogen haben die größere Reichweite, und solange wir den Gegner nicht an uns heranlassen, werden wir ihn abhalten können. Es muss allerdings noch etwas anderes erwähnt werden.«
Es war Ariel, der nun überraschenderweise aufstand.
»Wie ihr wisst, lebe ich schon lange in der Nähe der verdorbenen Stadt. Meine Berufung ist es, dem Wald dabei zu helfen, gegen die Verderbnis anzukämpfen. Um sehr viel mehr habe ich mich nicht gekümmert. Dennoch war ich oft in der alten Stadt und kenne sie besser, als mir lieb ist.« Er berührte unwillkürlich seine Maske. »Der Plan eurer Ältesten ist gut, denn wir haben einen mächtigen Verbündeten an unserer Seite, die alte Stadt selbst. Seit dem Kataklysmus ist viel Zeit vergangen, dennoch birgt die Stadt noch immer tödliche Gefahren. Ich kann euch sagen, dass sich der Gegner seit annähernd drei Jahren dort aufhält. Und jeden Tag verliert er Soldaten, insbesondere bei den Ausgrabungen, die Belior im Stadtgebiet vornehmen lässt. Diese waren bislang jedoch nicht sehr erfolgreich, da die Hüter das Kriegsgerät, auf das Belior es abgesehen hat, größtenteils in Sicherheit gebracht haben.«
»Aber was ist, wenn er die Krone findet?«, rief eine junge Frau.
Es war die Bardin, die sich diesmal erhob. »Es ist zu bezweifeln, dass er sie findet«, sagte sie. »Und wenn, wird sie ihm wenig nützen. Man muss das Blut Lytars in sich tragen, um sie einsetzen zu können.«
»Seid Ihr sicher?«, fragte jemand anders, und die Bardin nickte.
»Ich bin mir dessen sehr sicher!«, antwortete sie. »Denn seit Jahrhunderten ist es meine Aufgabe, sicherzustellen, dass niemand nach dieser Krone greift!«
Ein Raunen ging durch die Menge, und Vanessa sah zu ihrem Vater hinüber, der nicht die geringste Überraschung zeigte.
»Nur ein einziges Mal waren die Elfennationen ernsthaft bedroht. Und diese Gefahr ging von Alt Lytar aus. Wir waren erleichtert, als das Strafgericht der Götter den Greifen zu Boden warf, doch wir wollten sicherstellen, dass er sich nicht abermals erhebt. Genau das zu verhindern, ist die Pflicht, die ich übernommen habe.«
Ein junger Mann sprang auf und stand nun mit geballten Fäusten da. »Also habt Ihr uns die ganze Zeit über belogen!?« Nicht nur er war erzürnt. Unglauben und Bestürzung zeigten sich auch auf den Gesichtern von anderen. »Wir hielten Euch für eine Freundin!«
»Ihr habt ganze Generationen von uns betrogen!«, rief eine andere junge Frau. »Wie konntet Ihr uns das antun? Meine Kinder liebten Euch, und sie starben, weil sie an diesem Ort Euren Geschichten lauschten!«
Bevor sich die Stimmung weiter aufheizen konnte, kam Ralik der Bardin zu Hilfe.
»Sie hat uns nicht betrogen. Der Ältestenrat wusste von Anfang an über ihren Auftrag Bescheid. Und sie ist auch nicht schuld daran, dass Marban das magische Feuer auf uns rief. Glaubt mir, sie ist unsere Freundin!« Er sah sich im Gasthof um, und seine Augen fixierten jeden, der aufgesprungen war. »Setzt euch wieder und hört ihr weiter zu!«
Widerwillig setzten sich die Leute, und die Sera Bardin holte tief Luft, bevor sie weitersprach.
»Will denn jemand von euch die Welt beherrschen, sie wie in alten Zeiten unterdrücken?« Die Leute sahen einander an.
»Niemand will das«, rief dann der junge Mann, der sich schon zuvor empört hatte. »Wir wollen nur
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