Die Krone von Lytar
zurückbringen«, knurrte Garret. »Damit hätte sich die Angelegenheit erledigt.« Tarlon machte Anstalten, noch etwas zu erwidern, entschied sich dann aber anders.
»Ich habe noch nie einen solch großen Falken gesehen«, äußerte Hendriks und schob vorsichtig sein Schwert zurück in die Scheide. Er sah die anderen mit einem nachdenklichen Blick an. »Er ist magisch, nicht wahr? Ein Kriegsfalke, wie Knorre sagte.«
»Ja«, bestätigte Garret. »Ein magisches Kriegsgerät.«
»Das wird Belior gar nicht freuen«, schmunzelte der Hauptmann. »Mit solchen Waffen habt ihr vielleicht sogar eine Chance!«
»Wir beschlossen, diese Waffen nicht zu nutzen«, erklärte Elyra leise, während sie mit ihren Augen noch immer den Himmel über ihnen absuchte. »Wir wussten nicht, wie man sie bedient.«
»Sieht so aus, als ob dieser Marten es herausgefunden hätte«, meinte Hendriks. »Gut, dass dieses Vieh auf unserer Seite steht …«
»Das stimmt nur zum Teil«, antwortete Argor grimmig. »Soviel ich weiß, greift es alles an, was nicht aus Lytar stammt. Das bedeutet, dass Ihr, Hauptmann, für den Falken ein Feind seid ebenso wie ich!«
»Vielleicht ist es etwas anderes, wenn ein Reiter ihn führt«, sagte Garret hoffnungsvoll und sah zu Knorre hinüber. »Was meint Ihr, Meister Knorre? Es scheint, als hättet Ihr Euch bereits mit solchen Dingen befasst.«
»Mein Vorfahr erschuf sie schließlich«, entgegnete Knorre. »Aber es stimmt, wenn sie einen Reiter haben, folgen sie seinem Willen und nicht mehr ihrem inneren Antrieb.« Er sah die anderen fragend an. »Hat dieser Marten einen starken Charakter?«
Tarlon musterte ihn überrascht.
»Er ist eigentlich ein guter Kerl, aber wofür braucht er einen starken Charakter?«
Knorre sah immer noch zum Himmel hoch, zuckte dann die Schultern und trieb sein Pferd voran. »Ich überlegte nur, wie lange es wohl dauern wird, bis der Geist des Falken ihn überwältigt hat.«
Kurz vor Mittag erreichten sie den Waldrand, wo Knorre sein Pferd zügelte und die Hand hob. Doch die anderen achteten gar nicht darauf, denn als sie die Szenerie erblickten, die sich ihnen darbot, stoppten sie von allein und glotzten.
»Das glaube ich einfach nicht«, flüsterte Garret.
»Ein ziemlich großes Tor«, meinte Tarlon.
»Ich frage mich nur, wie sie die riesigen Steine bewegt haben«, stieß Argor mit Ehrfurcht in der Stimme hervor.
Vor den Freunden lag Lytar, die alte Stadt. Ihre Trümmer schienen sich bis zum Horizont zu erstrecken, doch aus der Ferne sah es aus, als wären einzelne Gebäude noch unbeschädigt, so wie der gewaltige Torbau, vor dem sie nun standen.
Allerdings war dieser insgesamt schräg geneigt und stand ein wenig verdreht. Ein mächtiger Erdbruch trennte den massiven Bau von der alten Straße, der sie während der letzten Stunden gefolgt waren. Rechter Hand des Tors war die gigantische Stadtmauer fast unbeschädigt, wenn man von den Rissen absah, die sich hier und da durchs Mauerwerk zogen. Links dagegen schien es, als ob ein Riese den Wall mit seinem Hammer bis an den Bruch heran zerschlagen hätte, der nun die Grenze zum Meer markierte, das sich nach Westen hin erstreckte. Das Wasser des Meeres erschien schwer und grau, obwohl die Sonne hoch am klaren Himmel stand. Stumpfe Lichtreflexe schimmerten auf den kurzen Wellen. Sie brachen sich an den Ruinen, die noch immer hier und da aus den Fluten ragten.
Der Torbau selbst war etwa fünfzehn Mannslängen hoch. Drei mächtige Tore aus grauem Stahl, die prunkvoll mit Motiven aus den alten Legenden verziert waren, hatten einst den Feinden der Stadt die Stirn geboten und hingen nun ein wenig schief in den Angeln. Am eindrucksvollsten jedoch war der steinerne Greif, der noch immer auf dem Tor thronte und seine Flügel ausgebreitet hatte, als wolle er dem massiven Bauwerk Schutz gewähren. Seine Augen waren aus poliertem Kupfer und zum Teil von Grünspan überzogen, doch der Blick aus ihnen war noch immer furchterregend, eine Drohung aus Stein und Kupfer, die die Freunde in ihren Bann schlug.
»Das wirkt nicht gerade wie ein freundliches Willkommen«, meinte Garret dann und lachte nervös.
»Sie waren weder freundlich, noch waren ihnen Fremde willkommen«, gab Knorre zurück. Er lenkte sein Pferd nach rechts, in Richtung des intakten Teils der Stadtmauer.
»Wäre es nicht einfacher, links vorbeizureiten?«, fragte Garret.
»Wie man’s nimmt. Erstens führt nur ein unsicherer Weg an der Abbruchkante entlang, und zweitens
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