Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Die Krone von Lytar

Titel: Die Krone von Lytar Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carl A. DeWitt
Vom Netzwerk:
tun«, sagte Elyra von hinten mit fester Stimme. »All das, was sich in diesem Tempel befindet, ob gut oder schlecht, lebend oder tot, ist Mistrals Eigentum. Ihr habt recht, Meister Knorre, sie würde einen Racheschwur nicht gutheißen, aber einen gerechten Kampf wird sie unterstützen. Nehmt, was Ihr braucht, mit Mistrals Segen.«
    »Und Ihr solltet jene Kiste dort durchsuchen, denn der Segen gilt sicherlich auch für Euch. Ihr werdet dort die Gewänder einer Priesterin finden, komplett mit Stab und Stirnband.« Knorre sah zu Elyra auf, während er vorsichtig einen Ring von der knöchernen Hand des Magiers zog. »Man kann fast spüren, dass diese Gewänder noch geweiht sind. Vielleicht haben sie all die Jahrhunderte geduldig auf ihre neue Trägerin gewartet. Ihr habt Euch in den Dienst Eurer Göttin gestellt, also solltet Ihr auch nutzen, was sie Euch gibt.«
    Am schwierigsten war es, dem toten Magier die Robe auszuziehen, doch mit Argors Hilfe gelang es Knorre schließlich, sogar ohne dabei die sterblichen Überreste weiter zu beschädigen.
    »War er es, der sich den Angreifern entgegenstellte?«, fragte Argor neugierig.
    Knorre schüttelte die Robe aus und warf einen Blick zum Eingang hinüber, wo der schwarze Fleck deutlich zu sehen war. »Er wird es gewesen sein, ja. Denn die Magie der Priester ist eine andere … Aber letzten Endes sind auch Magier Diener Mistrals. Wenn sie es nur nicht immer wieder vergessen würden!«
    Ohne weitere Umstände fing der hagere Mann an, sich zu entkleiden. Dann zögerte er einen Moment, bevor er sich mit einem harten Gesichtsausdruck die Robe des toten Magiers überzog.
    »Die Kleider der Toten zu tragen, soll Unglück bringen«, flüsterte Argor.
    »Das glaube ich nicht«, erwiderte Knorre. »Aber angenehm ist der Gedanke trotzdem nicht.« Er zupfte die Robe in Form, die ihn kleidete, als wäre sie für ihn gemacht, und zog dann den Bund zu. Mit einem Mal lief ein Wirbel aus blauen Funken über seinen Körper hinweg, der ihn und auch die Robe wie frisch gewaschen zurückließ. Zudem wirkte Knorre nun deutlich jünger, und sein Kinn sah kantiger und entschlossener aus. Die schmalen Lippen Knorres formten ein leichtes Lächeln. »So ist es schon besser«, meinte er dann zufrieden. Anschließend nahm er das Stirnband des Toten und setzte es sich auf. Im ersten Moment schien es nicht zu passen, doch dann schmiegte es sich sanft um seinen Kopf.
    Als Knorre auch noch den Stab ergriff, schluckte Argor, denn von dem Schatzsucher, den er kennen gelernt hatte, war nicht mehr viel zu sehen. Die Gestalt vor ihm war noch immer groß und hager, doch mit der Robe, dem silbernen Reif und dem geheimnisvoll glänzenden Stab in seiner Hand sah Knorre Ehrfurcht gebietend aus. Die Art, wie er den Kampfstab hielt, zeigte Argor deutlich, dass er mit ihm umzugehen wusste.
    »Kleider machen Leute, nicht wahr?«, meinte Knorre leise, und Argor nickte. »Ich hätte Euch fast nicht wieder erkannt.«
    »Ich meinte aber nicht mich«, gab Knorre mit gedämpfter Stimme zurück, »sondern unsere Freundin dort.«
    Argor folgte Knorres Blick, und beinahe klappte ihm die Kinnlade herunter.
    Elyras Robe, die einst eine Hohepriesterin kleidete, war von einem strahlenden Weiß und elegant geschnitten, mit goldenen Verzierungen, breiten Schultern und enger Taille sowie einer zurückgeschlagenen weiten Kapuze. Dieses Gewand war dafür gefertigt, der Trägerin Erhabenheit zu verleihen und den Betrachter in Ehrfurcht und Bewunderung erstarren zu lassen. Auf ihrer Stirn trug Elyra einen goldenen Reif, der das Feuer ihrer Augen noch verstärkte. Der weiße Stab in ihrer Hand war nicht weniger kunstvoll gearbeitet als der schwarze Knorres, doch schien von seinem Innern ein Schimmern auszugehen, das an Knorres Stab fehlte. Um ihre Hüfte lag ein breiter, kunstvoll gefertigter Gürtel, der ihre Formen betonte. Das Amulett, das sie offen auf ihrer Brust trug, schien im schräg durch die Kuppel fallenden Licht leicht zu pulsieren.
    »Ich sehe aus, als ob ich wüsste, was ich tue, nicht wahr?«, fragte Elyra mit einem schiefen Lächeln. »Doch weiß ich einzig und allein, dass ich an die Herrin glaube. Ich muss meine eigenen Worte finden, um diesem Glauben Ausdruck zu geben, denn ich kenne weder die Formeln noch die Rituale.« Sie zuckte die Schultern. »Aber dennoch fühlt es sich richtig an, diese Gewänder zu tragen.«
    »Nun«, meinte Knorre, »damit erfüllt Ihr die wichtigste Voraussetzung. Ein Priester muss zuerst einmal

Weitere Kostenlose Bücher