Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Die Krone von Lytar

Titel: Die Krone von Lytar Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carl A. DeWitt
Vom Netzwerk:
den Sterblichen kundgetan, dass wir den Zorn der Götter und damit unsere Vernichtung auf uns herabrufen würden, sollten wir diesem Pfad weiterhin folgen. Aber sollten wir dieses eine Mal die Schlacht vermeiden und nur dieses eine Mal Gnade zeigen, dann wäre dies die Saat unserer Rettung, auch wenn die letztliche Zerstörung unabwendbar sei!«
    »Als der König von dieser Weissagung hörte«, fuhr die dunkle Sera fort, »befahl er jedem Priester im Land, diese Prophezeiung zurückzunehmen oder er würde zum Schwert gebracht werden. So befahl er es, und so geschah es. Ein jeder Priester im Land musste sich zwischen seinem Glauben und dem Schwert entscheiden, und sie alle wählten den Tod durch das Schwert. Kein Einziger widerrief, bis nur noch eine Priesterin übrig war. Es war eine junge Frau, im Alter einer Priesterschülerin, die erst vor Kurzem in den Stand einer Priesterin erhoben worden war. Sie wurde als Letzte der Dienerinnen vor den König gebracht, und als man sie zwingen wollte, vor dem König niederzuknien, gelang es ihnen nicht, obwohl schwere Männerhände sie zu Boden drücken wollten. Still und ruhig stand sie vor dem König, bis dieser seine Schergen zur Seite winkte.
    ›Warum kniest du nicht vor deinem König?‹, soll er sie gefragt haben, und sie soll geantwortet haben, dass er nicht der König der Himmel sei, sondern nur der Herrscher des Reiches. Sie aber würde nur vor der Herrin der Welten die Knie beugen und nicht vor einem Sterblichen. Der Henker erhob bereits das Schwert, als die junge Frau weitersprach, und eine Geste des Königs bremste die Klinge.
    ›Der Wille der Götter‹, sprach sie, ›wird sich nicht von einem sterblichen König beugen lassen, egal, wie mächtig er auch ist.‹ Zudem wären nun auch alle anderen erschlagenen Priester hier bei ihr, denn den Glauben eines ganzen Volkes könnte man nicht mit Schwert, Feuer oder irgendeiner Art von Folter beenden. Der Glaube sei, wie die Götter selbst, nicht von dieser Welt und somit der Macht des Reiches als Einziges entzogen. Dies sei die letzte Chance, die ihm, dem König, von den Göttern gegeben würde. Bliebe er bei seiner Entscheidung, so wäre er sicherlich siegreich in dieser einen Schlacht, doch in wenigen Jahrhunderten schon wäre Lyranthor vergessen und er selbst eine unbekannte Fußnote im Staub der Geschichte. Der Blick der jungen Frau war so direkt, so sicher, dass der König erbleichte.
    ›Was also soll ich tun?‹, fragte er. Er solle nach Lytar zurückkehren, gab ihm das Mädchen zur Antwort. Die Provinzen aufgeben und das eroberte Land befreien, die Macht Lytars für die Weiterentwicklung der Künste und des Wissens nutzen, zum Wohle aller Länder. Lytar, so sagte sie, würde zerstört werden, dies sei unabänderlich der Wille der Götter. Doch die guten Taten Lytars könnten die Strafe der Götter zurückhalten, für Jahrzehnte, Jahrhunderte, vielleicht sogar für ein Jahrtausend, doch letztlich würde Lytar fallen. Aber aus der Asche dieses großen Reiches würde etwas Neues hervorgehen, das für das Gute steht, ebenso wie jetzt, an diesem Tag, der König der Inbegriff des Schlechten in dieser Welt wäre.
    ›Ich bin nicht schlecht‹, sagte der König, denn er sah sich nicht so. ›Ich will nur Frieden bringen über diese Welt.‹
    ›Frieden entsteht nicht aus der Macht des Schwertes. Frieden entsteht durch Freude, Wohlstand und Glück, und all das habt Ihr anderen genommen. Seht es, wie Ihr wollt, aber Eure Taten sind verwerflich. Lasst ab davon und sucht den Frieden auf andere Art.‹
    Der König sah das Mädchen an. ›Dies also ist der Wille der Götter?‹, fragte er, und sie nickte nur.
    ›Das ist unannehmbar‹, entschied der König, und auf sein Zeichen hin fiel das Schwert des Henkers und trennte den Kopf der Priesterin von ihren Schultern. Er rollte vor die Füße des Königs, kam dort aufrecht zum Stehen, und ihre Augen fingen die seinen mit ihrem letztem Blick, ruhig und unerschrocken, auch als das Licht in ihnen schwand. Ihre Lippen formten lautlos einen letzten Satz, doch was sie sagte, konnte man nur erahnen. Der König jedenfalls war bleich, als er aufstand und sich in sein Zelt zurückzog. In der Nacht jedoch erschien ihm das Mädchen im Traum, und hinter ihr eingereiht, standen all die Priester, die er hatte erschlagen lassen.
    ›Ziehe dich zurück‹, sagte sie. ›Es ist der Wille der Götter!‹ Dann verschwanden sie und die anderen Priester wieder in der Dunkelheit. In dieser Nacht

Weitere Kostenlose Bücher