Die Küsten der Vergangenheit
Entschuldigung und ging packen. Es wurde Zeit für ihn, nach Fargo zurückzukehren. Tom kam nach Hause, und die Menschenmenge wurde ständig größer, also sah er keinen Grund, warum er noch bleiben sollte. Vom Wohnzimmer aus beobachtete Max, wie weitere Fahrzeuge eintrafen. Es hatte angefangen zu regnen. Hinter der Auffahrt zur Farm lagen die Felder grau in grau, so weit das Auge reichte.
Wo war die Yacht bloß hergekommen?
Keine Seriennummer. Keinerlei Plaketten. Nichts.
Segel, die mit eingegraben gewesen waren, und das seit mindestens zwanzig Jahren, wie Ginny ausdrücklich betonte. Verrückt. Max wußte, daß das einfach nicht stimmen konnte.
Er ließ seine Tasche am Vordereingang stehen und ging zur Scheune zurück, um sich die Segel noch einmal anzusehen. Sie steckten säuberlich in Plastiksäcken. Er öffnete einen der Säcke und nahm das Tuch heraus. Es war strahlend weiß und weich. Eher wie ein Hemd als ein Segel.
Ginny kam zu ihm. Er mußte nicht erst fragen, wie die Unterhaltung verlaufen war. Sie wirkte begeistert.
»Sie ist in deinem Geschäftszweig, Max«, erzählte sie »Hältst du das für möglich?« Sie streckte ihm eine Visitenkarte hin. Pequod Inc. stand darauf zu lesen. Mrs George McCarthy, Direktorin. Schiffe, wie sie früher einmal waren.
»Wenn ich dich richtig verstehe, hat sie ein Angebot gemacht?«
Ginnys Augen wurden groß und rund. »Ja!« rief sie und ihre Stimme überschlug sich beinahe. »Sechshunderttausend!« Sie packte Max und umarmte ihn so heftig, daß er das Gleichgewicht verlor.
Ein Kombi bog in die Zufahrt ein. Die Türen wurden geöffnet, doch die Insassen, anscheinend allesamt Rentner, zögerten, in den Regen auszusteigen.
Max schüttelte den Kopf. »Geh nicht zu schnell auf ihr Angebot ein«, empfahl er.
»Was? Warum nicht?«
»Weil das Schiff wahrscheinlich eine ganze Menge mehr wert ist. Sieh mal, Ginny, ich kenne mich nicht besonders gut aus mit Schiffen. Aber es ist unbesonnen vorschnell einen Handel abzuschließen.« Max legte das Gesicht in nachdenkliche Falten. Was war das nur für eine verdammt unglaubliche Geschichte! »Ich glaube nicht, daß ihr durch Abwarten etwas verliert. Im Gegenteil. Möglicherweise habt ihr eine Menge zu gewinnen.«
Ginny zog ihre Jacke über und ging zusammen mit Max nach draußen, wo sie mit fünf oder sechs Besuchern unter dem Vordach standen. Der Regen war nicht viel mehr als ein leichtes Nieseln, aber er war kalt. »Ginny«, sagte Max. »Habt ihr Bilder gemacht? Von der Yacht, meine ich.«
»Sicher.«
»Kann ich ein paar Abzüge haben? Und noch eins: Ich würde gerne eine Stoffprobe von den Segeln mitnehmen. Geht das in Ordnung?«
Sie blickte ihn unsicher an. »Meinetwegen«, sagte sie schließlich. »Warum?«
»Ich würde gerne wissen, woraus die Segel bestehen.«
»Sie fühlen sich an wie Leinen.«
»Genau das dachte ich auch.«
Sie lächelte. »Sicher, Max«, sagte sie. »Laß mich wissen, wenn du etwas herausgefunden hast.« Ein Vorhang aus Regen näherte sich von Westen her. »Ich fahre sie besser wieder rein.« Sie sprang von der Veranda, stieg auf den Traktor und startete die Maschine. Die meisten Besucher beschlossen beim Anblick des Himmels zu verschwinden, solange sie noch konnten, und rannten zu ihren Wagen.
Ginny schob die Yacht rückwärts in die Scheune. Das Schiff war zur Hälfte drinnen, als sie plötzlich anhielt und ein entgeistertes Gesicht machte. »Max!« Sie winkte ihn heran. »Sieh dir das an!«
»Es regnet!« protestierte er.
Sie winkte erneut. Er seufzte, schob die Hände in die Taschen und setzte sich über den rutschigen Rasen in Bewegung. »Was ist?« fragte er. Der Regen wurde stärker. Er peitschte Max ins Gesicht, als wolle er ihn durchbohren, und erschwerte ihm das Atmen.
Ginny deutete auf den Bug der Yacht und achtete dabei überhaupt nicht auf den schweren Schauer. »Sieh dir das an, Max!«
Er sah hin. »Ich sehe nichts.«
»Ich glaube, das Boot wird nicht richtig naß«, flüsterte sie.
Ein Dunstschleier hüllte das Schiff ein, ähnlich wie auf einer vielbefahrenen Straße nach einem starken Guß. Max zuckte die Schultern. »Worauf willst du hinaus?«
»Sieh dir den Traktor an.«
Kein Dunst.
Nun, vielleicht ein klein wenig. Der Traktor war erst vor kurzem poliert worden. Er glänzte, und große Tropfen perlten von der Wachsschicht ab und rannen an den Fendern herab.
Anders das Schiff: Der Regen spritzte von der Oberfläche zurück und war von Regenbogenfarben durchsetzt.
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