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Die Küsten der Vergangenheit

Die Küsten der Vergangenheit

Titel: Die Küsten der Vergangenheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jack McDevitt
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lag. Ein perfekter Bericht, ganz im Einklang mit der allgemeinen Firmenpolitik und den vergangenen Praktiken. Der Mann hatte keine Ahnung, wie man heilige Kühe schlachtete. Wenn Treadline Vorteile aus den neuesten Entwicklungen am Markt ziehen wollte, dann mußte die Company die ausgetretenen Pfade verlassen, denen Hoskins folgte. Crowley nahm den Hörer ab. »Was gibt’s, Walt?«
    »Ed, haben Sie heute morgen die Nachrichten gesehen?« Hoskins Stimme klang hoch und dünn.
    Crowley hatte die Nachrichten nicht gesehen. Onkel Ed war Junggeselle. Wenn er lange arbeitete, wie zum Beispiel am Abend zuvor, darin verbrachte er die Nacht häufig in seinem Büro. Er war weder gestern abend noch heute morgen auch nur in die Nähe eines Fernsehers gekommen. »Nein«, antwortete er gelassen. »Warum? Was ist los?«
    »Der Eröffnungskurs lag siebzehn Punkte tiefer als gestern.«
    Hoskin verkündete die Nachricht wie ein Sünder, der die Botschaft vom Jüngsten Tag überbringt.
    Ed Crowley war stolz auf seine Fähigkeit, kühl und besonnen auf jede Art von Krise oder Hiobsbotschaft zu reagieren, doch das hier brachte ihn aus der Fassung. »Siebzehn Punkte?« bellte er. »Was zur Hölle ist passiert?« Er wußte nichts, keine schlechten Nachrichten, keine Marktspekulation, die einen derartigen Kursrutsch hätten hervorrufen können.
    »Es ist dieses Ding in North Dakota.«
    »Was für ein Ding in North Dakota?«
    »Dieses UFO.«
    Crowley hatte die Berichte vom Fund auf Johnson’s Ridge als Massenhysterie abgetan. »Walt«, sagte er, bemüht, die Fassung wiederzuerlangen, »Walt, wovon reden wir hier eigentlich?«
    »Es gibt Berichte, daß es bald möglich sein wird, Autos zu bauen, die so gut wie ewig halten!«
    Ed Crowley starrte seinen Telefonhörer an. »Das glaubt doch wohl kein Mensch, Walt!«
    »Vielleicht nicht. Aber die Leute meinen vielleicht, daß andere Aktionäre es glauben könnten. Also stoßen sie ihre Pakete vorsichtshalber ab. Heute morgen auf ABC sagte eine Frau, daß ein Wagen aus diesem seltsamen Material seinen Besitzer überleben kann. Vorausgesetzt, er wechselt regelmäßig das Öl und baut keine Unfälle.«
    Hoskin stand kurz vor einem hysterischen Anfall. Ed Crowley sank in seinen Stuhl.
    »Sind Sie noch da, Ed?« krächzte Hoskin. »Ed? Fehlt Ihnen etwas?«
     
    Die Märkte hatten uneinheitlich geöffnet. Etwa eine Stunde lang wußte niemand, welche Entwicklung die Kurse nehmen würden. Dann setzte eine Welle von Verkäufen ein. Am Spätvormittag befanden sich die Kurse im freien Fall. Der Nikkei verlor an einem einzigen Tag neunzehn Prozent. Der Dow Jones sank um 380, der DAX um 190 Punkte.
     
    Sie spielten die Szene im Videorecorder ab.
    Der Stuhl.
    Das Licht.
    Das leere Speichengitter.
    Sie schalteten auf Einzelbildwiedergabe und beobachteten, wie das Licht anschwoll, zu einer Sphäre wurde, zu glitzern anfing und fast wie Protoplasma nach dem Stuhl griff. »Schalt auf Zeitlupe«, sagte April.
    Es sah aus, als verblaßte der Stuhl.
    Für die Dauer von ein paar Bildern hatte Max das Gefühl, durch Beine und Rücken des Möbels hindurchsehen zu können. Es wirkte wie eine Doppelbelichtung.
    Sie befanden sich in der Einsatzbaracke. Ringsum klingelten ununterbrochen die Telephone. Alle paar Minuten landeten neue Helikopter. April hatte einen ganzen Schwarm Studenten eingestellt, um Führungen und Besuche durch VIPs zu organisieren. Zwei dieser Studenten in dunkelblauen Uniformen mit einem stilisierten Rundhaus als Schulterabzeichen arbeiteten geschäftig an ihren Schreibtischen, während sie gleichzeitig versuchten, Aprils und Max’ Bemühungen zu verfolgen.
    »Wir müssen diesen Versuch wiederholen«, sagte Max. »Und einen Filter benutzen.«
    Allerdings würden sie wahrscheinlich erneut einen anderen Schalter ausprobieren müssen. Wie schon zuvor der Baum, so hatte wohl auch das Ei nur eine einzige Ladung gehabt und funktionierte nicht mehr länger.
    April starrte in Gedanken versunken auf ihre Kaffeetasse. Sie hatte Max scheinbar nicht zugehört. Schließlich blickte sie auf. »Was meinst du, was das ist, Max?«
    »Vielleicht eine Art Müllschlucker?« Der Gedanke amüsierte ihn. Er sah zu dem Bild auf dem Monitor. Irgend etwas erweckte seine Aufmerksamkeit.
    »Was ist?« fragte sie und folgte seinem Blick.
    An der Wand hinter dem durchsichtigen Stuhl erkannte Max zwei senkrechte Linien.
    »Diese Linien sind nicht im Rundhaus«, sagte er und suchte die Lücke zwischen Speichengitter und Rückwand

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