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Die Küsten der Vergangenheit

Die Küsten der Vergangenheit

Titel: Die Küsten der Vergangenheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jack McDevitt
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hier. Vom Stab, meine ich.«
    April nickte. »Danke, Henry.«
    Er verschwand wieder im Innern der Baracke. April ging durch das Tor und direkt zum Rundhaus. Sie schloß die Luke hinter sich, und die Kälte blieb draußen.
    Nachts bildete die weite Kuppel ein Flechtwerk aus Licht und Schatten und beleuchteten Alkoven. Die Lichter bewegten sich mit April, folgten ihr, erleuchteten den Boden vor ihr und verblaßten wieder, wenn sie vorüber war. Sie näherte sich dem Speichengitter, und es leuchtete ebenfalls hell auf – beinahe so, als wüßte es, was April vorhatte.
    Sie zögerte. Es war gut, daß Max nicht bei ihr war, denn dann hätte sie unmöglich einen Rückzieher machen können. Bis zu diesem Augenblick hatte sie die ganze Zeit über geglaubt, daß sie ihren Plan im letzten Moment aufgeben würde. Doch ihre Furcht hatte sich verflüchtigt. Irgend etwas war dort draußen. Irgend etwas wartete auf sie. Das erleuchtete Speichengitter schien sicher und einladend. Zeit, es zu benutzen.
    Sie knipste ihre Taschenlampe an und näherte sich den Symbolen. Den Schaltern.
    Berühre den Schalter, und dir bleiben dreiundzwanzig Sekunden, um auf das Gitter zu treten und dich bereit zu machen.
    April blickte auf den Pfeil, die Ringe, den Notenschlüssel.
    Der Pfeil.
    Er schimmerte im Halbdunkel.
    Sie berührte den Pfeil mit den Fingerspitzen. Und preßte.
    Das Licht erwachte zum Leben.
    April nahm tief Luft, durchquerte den Raum und trat auf das Speichengitter. Der Graben, der einst ein Kanal gewesen war, erstreckte sich in die Dunkelheit. Auf der gegenüberliegenden Seite der Kuppel verlor sich die Wand in tiefen Schatten und undurchdringlicher Nacht. April zog den Kamerariemen auf ihrer Schulter fest und spürte, wie ihr diese einfache Geste Trost spendete. Sie schloß den Reißverschluß ihrer Jacke bis zum Hals und kämpfte gegen den plötzlichen Drang an, vom Gitter zu springen.
     
    Es war noch immer dunkel, als das Telefon Max aus tiefem Schlaf riß. Er rollte sich zur Seite, tastete nach dem Hörer und nahm ab. »Hallo?«
    »Mister Collingwood? Hier spricht Henry Short. Draußen beim Sicherheitstor.«
    Max wurde schlagartig hellwach. »Ja, Henry? Was gibt’s denn?«
    »Wir können Dr. Cannon nicht finden, Sir.«
    Max entspannte sich wieder. »Sie schläft im Nachbarzimmer, Henry.«
    »Nein, Sir. Sie kam gegen null Uhr dreißig hier herauf. Sie ging in das Rundhaus, aber dort ist sie jetzt nicht mehr.«
    Max warf einen Blick auf seine Uhr. Viertel nach drei morgens.
    »Wir haben alle Baracken abgesucht, Sir. Dr. Cannon ist nirgendwo zu finden. Wir wissen nicht weiter.«
    »Ist ihr Wagen noch da?«
    »Ja, Sir. Sie ist nicht durch das Tor gekommen.«
    Max war verwirrt. Für ihn war die Unterhaltung am frühen Abend mit all ihren Schlußfolgerungen und pointierten Anspielungen rein hypothetischer Natur gewesen. »Henry, haben Sie die Räume im hinteren Teil des Rundhauses überprüft?«
    »Wir haben überall nach Dr. Cannon gesucht.«
    »In Ordnung. Rufen Sie die Polizei. Ich bin auf dem Weg.«
    Max legte auf und wählte Aprils Nummer im Hotel. Niemand antwortete. Er starrte das Telefon an. Schließlich wurde ihm bewußt, daß sie vielleicht doch das Scheibengitter benutzt hatte. Gründlich aufgeschreckt stieg er hastig in seine Kleidung, setzte sich in den Wagen und fuhr los in Richtung Johnson’s Ridge. Er hätte Henry sagen sollen, im Kanal nachzusehen. Vielleicht war April hineingefallen. Es wäre für die Sicherheitsleute nicht weiter schwer gewesen, sie zu übersehen.
    Er nahm sein Handy, wählte die Nummer des Tors und hatte eine neue Stimme am Apparat. George Freewater. »Gibt es inzwischen etwas Neues?« fragte Max.
    »Noch nicht, Sir. Die Polizei ist auf dem Weg.« Eine lange Pause. »Max, falls sie draußen ist, wird sie nicht lange durchhalten. Es ist verdammt kalt.«
    »Ich weiß. Haben Sie im Kanal nach ihr gesucht?«
    Max vernahm eine kurze Unterhaltung im Hintergrund, dann sprach George wieder in den Hörer. »Ja, wir haben im Kanal nachgesehen. Hören Sie, Mister Collingwood, wir haben etwas anderes gefunden. Eine Nachricht an Sie, Sir. Sie lag auf dem Beifahrersitz von Dr. Cannons Wagen.«
    »Eine Nachricht an mich?« Max’ Magen krampfte sich zusammen. »Was hat sie geschrieben?«
    »Soll ich es vorlesen?«
    »Ja, George. Bitte.«
    »In Ordnung. Hier steht… Warten Sie bitte, das Licht ist nicht besonders hell hier … Hier steht: ›Lieber Max, ich folge dem Pfeil. Da du das hier liest, ist

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