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Die Küsten der Vergangenheit

Die Küsten der Vergangenheit

Titel: Die Küsten der Vergangenheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jack McDevitt
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hinsah, landete eines der Tiere hinter einer zurückweichenden Welle und pickte im Sand. »Ich dachte, ich wäre hier gestrandet, Max.«
    »Ich weiß.«
    »Das ist ein hübscher Platz, aber ich will nicht bis an mein Lebensende hier bleiben.« Dann, nach einer Sekunde des Nachdenkens: »Bist du sicher? Hast du es ausprobiert?«
    »Ja. Ich bin sicher.«
    Sie nickte befriedigt.
    »Wir hätten dich nicht im Stich gelassen«, sagte Max.
    Sie hielt ihm einen Plastikbeutel hin. »Erdnußbutter«, erklärte sie und bot ihm ein Sandwich an.
    Max war hungrig.
    »Das ist alles, was ich noch übrig habe.«
    Max nahm einen Bissen. »Schmeckt gut«, sagte er. Nach einer Sekunde fragte er: »Weißt du, wo wir sind?«
    »Nicht auf der Erde.«
    Er rutschte näher ans Feuer. »Ich hätte dir deine Jacke mitbringen sollen.«
    »Ich werde nicht erfrieren.«
    Das Meer hatte eine schwarze Farbe angenommen. Sterne tauchten am Himmel auf. »Ich frage mich, wer hier lebt?« sagte Max.
    »Ich habe noch niemanden gesehen. Und ich glaube, das Transportsystem wurde schon lange Zeit nicht mehr benutzt.«
    Max beobachtete eine Welle, die den Strand hinaufrollte. »Bist du sicher? Ich meine, daß wir hier nicht auf der Erde sind? Weißt du, es fällt mir schwer, das zu schlucken.«
    »Sieh dich doch einmal um, Max.«
    Der Alice-im-Wunderland-Wald versank im Dunkeln.
    »Die Gravitation stimmt nicht. Sie scheint geringer zu sein als auf der Erde.« April betrachtete Max. »Wie fühlst du dich?«
    »Gut«, antwortete er. »Leichter.«
    »Hast du die Sonne gesehen?«
    »Ja.«
    »Es ist nicht unsere Sonne.«
    Sie erklärte nicht weiter, was sie damit meinte, doch Max verstand es auch so. »Wir sollten zurückgehen«, sagte er und warf einen Blick auf seine Uhr. »Arky macht sich bestimmt schon Sorgen.«
    April nickte. »Irgendwie hasse ich den Gedanken, von hier wegzugehen. Warum schlafen wir nicht heute nacht hier draußen? Wir können auch morgen noch zurückkehren.«
    Erst Stunden später dämmerte Max, daß ihr Vorschlag ein verstecktes Angebot enthalten hatte. Doch er war zu aufgewühlt von den Ereignissen und konnte nicht klar denken. »Wir müssen ihnen wenigstens Bescheid geben, daß uns nichts fehlt.«
    »In Ordnung«, antwortete sie.
    Der Himmel bot ein wunderbares Panorama. Beinahe, als hätte jemand mit einem Schlag die Sterne eingeschaltet, Myriaden strahlender Lagerfeuer in weiter Ferne, hell genug, um das Meer zu erhellen und jede richtige Nacht zu verhindern. Große schwarze Sturmwolken hatten sich gebildet, und Max blinzelte sie an. Selbst die Wolken schienen prall gefüllt mit Sternen. »Merkwürdig«, sagte er. »Der Himmel war doch vor ein paar Minuten noch wolkenlos.«
    »Ich glaube nicht, daß die Wolken in der Atmosphäre sind«, lautete ihre Antwort.
    Max runzelte die Stirn. Die Gischt der Brandung schimmerte weiß in der Nacht.
    »Sieh mal.« April deutete auf das Meer hinaus. Eine Gewitterwolke schwebte über dem Horizont, übersät mit lebhaften Blitzen und blauweißen Lichtern. »Das habe ich schon einmal gesehen«, sagte April.
    Genau wie Max. Es sah aus wie ein heraufziehender Sturm, doch er besaß die deutliche Form einer Schachfigur. Eines Springers.
    »Ich glaube, es ist der Pferdekopfnebel«, mutmaßte er.
    April stand auf und ging zum Wasser hinunter. »Ich glaube, du hast recht, Max.« Ihre Stimme bebte.
    Max beobachtete sie. Er lauschte dem Knistern des Feuers und dem melancholischen Rauschen der Brandung. Vielleicht zum allerersten Mal, seitdem das kleine Mädchen in dem brennenden Flugzeug umgekommen war, fühlte er sich im Frieden mit sich selbst.

 
21
     
     
    Du furchtsamer Botschafter der Erde im Himmel…
    ›Hymne vor Sonnenaufgang‹
    Samuel Taylor Coleridge
     
     
    - London, 14. März (BBC News Service) -
    Der seit kurzem beobachtete Anstieg von Mordfällen am Arbeitsplatz hängt möglicherweise mit den Ereignissen bei Johnson’s Ridge zusammen; so jedenfalls lautet die Meinung von Timothy Clayton, einem Betriebspsychologen, der für den Economist schreibt. »Die Menschen fürchten um ihre Arbeitsplätze wie seit der Weltwirtschaftskrise nicht mehr«, meint Clayton. »Sie wissen nicht genau, wer für die Entlassungswellen verantwortlich ist, also schießen sie in erschreckend zunehmendem Maße ihre Vorgesetzten, Sekretärinnen, Zeitungsverkäufer und alles und jeden nieder, der ihnen in den Weg kommt.«
     
    Die fünf Mitglieder der Ratsversammlung des Stammes, vier Männer und eine Frau, saßen hinter

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