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Die Kugel und das Opium

Die Kugel und das Opium

Titel: Die Kugel und das Opium Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Liao Yiwu
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ging von abends um sechs bis morgens um drei, diese Tiere, die verstanden ihr Geschäft! Ich war vollkommen im Tran, Schmerzen kümmerten mich nicht, und ich wäre fast zusammengebrochen. Am Ende haben sie es auch nicht mehr ausgehalten und den Rückzug angetreten. Vor der Tür blieb einer als Wache stehen, es wurde bald hell, aber der Kerl hat noch gestichelt, oh, du armer Junge, willst du nicht abhauen? Ich habe keinen Ton von mir gegeben, aber bei mir habe ich ihn verflucht, ich und fliehen? Ich werde dir Kerl keine Gelegenheit geben, mich umzubringen und dir einen Orden zu verdienen.
    LIAO YIWU:
    Was wurden Sie denn gefragt?
    HU ZHONGXI:
    Wer an der Schwadron beteiligt war, was wir getan haben, wie wir die Arbeit aufgeteilt haben, Beruf, Adresse, Hausnummer und so weiter und so fort. Woher sollte ich das denn wissen? Wir hatten uns alle spontan zusammengefunden, da hat vorher keiner keinen gekannt. Sehr viel später ist mir klargeworden, dass der Kleine mit dem Gewehr es mit der Angst zu tun bekommen und die Waffe jemand anderem gegeben hat; der hatte noch mehr die Hosen voll und hat sich einfach direkt gestellt und ihnen erzählt, wo die Waffe herkam. Die Polizei ist der Fährte nach, hat den Kleinen gefasst und eine große Gruppe der Todesschwadron mit Getöse kassiert. Verdammt, der Geburtstag war wirklich nicht ohne! Ein paar Knochen waren gebrochen, und ich hatte keinen heilen Fleck mehr am Leibe.
    Am nächsten Tag in aller Herrgottsfrühe bin ich in das Untersuchungsgefängnis in der Oststadt verlegt worden, die Zellen waren zum Bersten voll, selbst die Korridore waren überfüllt, ausschließlich mit Rowdys vom 4 . Juni. Normalerweise werden die Zellen mit acht Mann belegt, aber es waren keine normalen Zeiten, also haben sie sechsundzwanzig hineingestopft. Wir waren zusammengepfercht wie in einer perversen Sardinenbüchse, widerlich. Selbst die Träume waren widerlich.
    LIAO YIWU:
    Wie haben Sie denn geschlafen?
    HU ZHONGXI:
    Ich war vollkommen zerschlagen, alle haben sich um mich gekümmert, dann habe ich erst einmal gut drei Wochen flachgelegen; als ich mich ein bisschen erholt hatte, musste ich mich den Regeln entsprechend ganz gerade machen, auf der Seite schlafen und möglichst wenig Platz wegnehmen. Man konnte sich nicht umdrehen, wenn man es nicht aushielt und es doch tun wollte, musste man vorweg rechts und links um Erlaubnis betteln, dann ging das auf wie eine Muschel, bis die Bewegung beendet war und sie sich wieder schloss.
    Wir pappten regelrecht aneinander, stinkender Schweiß stieg in Schwaden hoch und machte aus der Zelle ein diesiges Dampfbad. Aber waschen konnten wir uns nie, nicht einmal die Hände oder das Gesicht. Ein Glück, dass unsere Verpflegung so zu wünschen übrigließ, dass wir ohnehin die meiste Zeit vor Hunger ganz im Tran waren und keine Kraft hatten, uns zu rühren. Nachher waren sämtliche Rowdys voller Krätze, ohne Ausnahme. Und damit hatten wir unsere Beschäftigung, das war ein Gejucke und Gescharre, die Schuppen flogen durch die Luft, und dann ist das Fleisch Stück für Stück faulig geworden, es war zum Verrücktwerden, verdammt. Manch einer hat sich ein paar Stunden gekratzt, und es hat nicht aufgehört zu jucken, da haben sie Knall auf Fall zu brüllen angefangen, schlagt mich tot, schlagt mich tot! Das hat die Verwaltung alarmiert. Aber außer Tetrazyklin-Salbe haben sie uns nichts gegeben. Läuse, Flöhe, Mücken haben alles noch schlimmer gemacht, es war die Hölle.
    LIAO YIWU:
    Aber Tetrazyklin hilft nicht gegen das Jucken.
    WU WENJIAN:
    In dieser Zeit bin ich reingekommen, da waren Leute, denen waren mantougroße Löcher in die Haut gefault.
    HU ZHONGXI:
    Das ist das Krätzegift! Was tief in den Krätzewunde eitert, das ist das Krätzegift!
    LIAO YIWU:
    Hören Sie auf, das schaudert einen ja!
    HU ZHONGXI:
    Aber auf diese Weise hat man auch schnell wieder Hunger, aber man sieht, der Mensch kann in solchen Mäuselöchern überleben. Eigentlich sagen die Vorschriften, dass man pro Mahlzeit zwei Brötchen bekommen sollte, aber die Wärter hassten uns Rowdys, also haben sie die Ration runtergesetzt auf ein Brötchen pro Mahlzeit. Am Anfang habe ich die Dinger gar nicht runterbekommen, ich dachte, das Zeug würde draußen kein streunender Hund fressen. Aber als ich eine Weile drin war, war der Duft von den Brötchen besser als Schokolade. Man durfte die nicht mit zwei, drei Bissen runterschlingen, nein, man musste sie sich langsam auf der Zunge zergehen lasse.

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