Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Die Kunst des guten Beendens

Titel: Die Kunst des guten Beendens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katharina Ley
Vom Netzwerk:
erreichen, um zu begreifen, dass es so wie bisher nicht weitergeht. Es muss etwas verändert werden im Leben. Diese Einsicht in eine notwendige Veränderung ist ein weiterer Schritt.
    Eine Veränderung macht meistens Angst . Oft ist das aktuelle Unglück eben doch immer noch vertrauter und sicherer als eine Veränderung. Veränderung erfordert einen Antrieb, bedarf einer gewissen Neugier und ist immer ein Risiko. Etwas will beendet und etwas Neues will angepackt werden.
    In solchen Situationen werden frühere schmerzliche und angsterfüllte Bindungs- und Trennungsmuster aktiviert. Die damit verbundenen Ängste, eine übergroße Ambivalenz und die Schuldgefühle sind ernst zu nehmen und bedürfen einer eingehenden Bearbeitung, wenn eine Veränderung der Lebenssituation gelingen soll. Es wird angeraten, professionelle Hilfe in Anspruch zu nehmen.
    Zum Beenden-Können gehören Wehmut und Trauer . In der Trauer wird innerlich Abschied genommen. Der anstehende Verlust will anerkannt und gewürdigt werden. Man versöhnt sich im besten Fall mit dem Verlust und mit sich selbst. Auch der Trauerprozess folgt einer Abfolge von Phasen – von Verleugnung über Zorn, Verhandeln, Depression bzw. Abschiednehmen bis hin zur Zustimmung und der Integration des Verabschiedeten und Betrauerten ins eigene Leben. Melancholie entsteht, wenn der drohende Verlust nicht betrauert werden kann.
    Zum Beenden-Können gehört schließlich eine bewusste Entscheidung – auch die Bejahung von Zorn, Wut, Hader, Depression, Angst und Trauer. Beenden-Können ist ein integraler Akt, eine Entscheidung von Kopf und Herz. Was verabschiedet wird, will geehrt sein, denn es bildet einen Teil des eigenen Lebens.
    Auf die Entscheidung hat eine Handlung zu folgen. Auch das ist leichter gesagt als getan. Eine Stelle will gekündigt, ein Haus verkauft, eine Beziehung aufgelöst werden. Dassind alles Prozesse, die ein nochmaliges Durchgehen durch die oben erwähnten Phasen notwendig machen können.
    Bei einem Beenden vermag sich mit der Zeit Erleichterung einzustellen. Etwas Fälliges ist bedachtsam und respektvoll abgeschlossen worden. Die Hände sind frei. Etwas Neues kann angepackt werden.
    Die Phasen können sich überschneiden. Eine neue Beziehung hat vielleicht schon begonnen, und deshalb muss die alte beendet werden. Ein Mensch hat aus der Not des Beenden-Müssens eine Situation erzeugt, die ihn nun wirklich zum Beenden des Bisherigen drängt. Die Trauer mag dabei übersprungen werden und stellt sich erst viel später ein.
    Es ist hilfreich, das Beenden als einen Prozess mit verschiedenen Phasen wahrzunehmen. Sie können auch in anderen Reihenfolgen ablaufen und sich überschneiden. Einige Phasen können sehr lange dauern, andere nur kurz angetippt werden. Es ist klar, dass im Erkennen der verschiedenen Phasen auch eigene Gestaltungsmöglichkeiten zu entdecken sind, Wachstum möglich wird.
Lebensübergänge gestalten
    Aspekte der Persönlichkeit, die im Laufe des Lebens verloren gegangen sind, können durch die Herausforderungen eines Lebensüberganges wieder ins Leben hereingeholt werden.
    Verena Kast

    Nehmen wir einmal einen Perspektivenwechsel vor – Manfred Lütz hat die Zeiten ausgerechnet, in denen ein Mensch selbstständig seinen wesentlichen Beschäftigungen nachgehen kann, jenen Dingen, die ihm Lust und Freude bereiten und Befriedigung geben: nicht eingeschränkt von Behinderungen, Krankheiten, psychischen und physischen Schmerzen. Er ist bei einer angenommenen Lebenszeit von 75Jahren auf knappe zehn Prozent der ganzen Lebenszeit gekommen und spricht von einer »erschütternden Bilanz«. 17 Schließlich dreht er den Spieß um und erklärt die unausweichlichen Grenzsituationen menschlicher Existenz und die schmerzlichen Phasen des menschlichen Daseins als Herausforderungen, in denen sich entscheidet, wie ein Mensch ihnen begegnet. Daran bemesse sich schließlich, ob ein Leben existentiell gelingt oder nicht.
    In der Psychotherapie beginnt man die Sicht auf die Probleme eines leidenden Menschen mehr und mehr durch den Blick auf die Ressourcen , auf die Fähigkeiten und Möglichkeiten eines Menschen, abzulösen. Das ist ein Perspektivenwechsel. Wünsche und Ressourcen rücken in den Mittelpunkt, und Probleme bzw. deren Abwehr werden nur so weit berücksichtigt, als es unabdingbar notwendig ist. Die Probleme existieren und sind nicht wegzudiskutieren – das ist klar. Ein Mensch hat Mechanismen entwickelt, die lange funktionieren können, bis sie in

Weitere Kostenlose Bücher