Die Kunst des klugen Handelns: 52 Irrwege, die Sie besser anderen überlassen (German Edition)
einer Verbrennungsanlage und so weiter – bis hin zum Verkauf der Wiese und der Anlage des Verkaufserlöses an der Börse.
Und Sie persönlich, sind Sie alternativenblind ? Sagen wir, Ihr Arzt entdeckt einen Tumor, der in fünf Jahren zu Ihrem sicheren Tod führt. Er schlägt eine komplizierte Operation vor, die, wenn sie gelingt, den Tumor vollständig entfernt, aber mit einer Wahrscheinlichkeit von 50 % tödlich verläuft. Wie entscheiden Sie? Sie wägen ab: sicherer Tod in fünf Jahren oder 50 % Todeswahrscheinlichkeit nächste Woche. Alternativenblindheit! Vielleicht gibt es die Variante einer invasiven Operation, die den Tumor zwar nicht vollständig entfernt, aber viel sicherer ist und die Lebenszeit auf zehn Jahre erhöht. Wer weiß, vielleicht kommt in den gewonnenen Jahren eine Therapie auf den Markt, mit der der Tumor risikolos eliminiert werden kann.
Fazit: Wenn Sie vor die Wahl zwischen A und dem Status quo (kein MBA, leere Wiese, keine Operation) gestellt werden, tendieren Sie dazu, A mit dem Status quo zu vergleichen. Das ist falsch. Machen Sie sich die Arbeit, und vergleichen Sie A immer auch mit B, C, D, E und F. Sonst macht Ihnen bald jemand ein X für ein U vor.
WARUM WIR SCHLECHT ÜBER DIE AUFSTEIGER REDEN
Social Comparison Bias
Als eines meiner Bücher auf Platz eins der Bestsellerliste stand, bat mich der Verlag um einen Gefallen. Das Buch eines Kollegen stand kurz vor dem Sprung in die Top Ten, und ein Testimonial von mir, so der Verlag, hätte ihm noch den nötigen Schubs geben können. Testimonials sind wohlwollende Kommentare auf dem Buchrücken. Es überrascht mich immer wieder, dass sie überhaupt funktionieren. Logischerweise landen nur gute Kommentare auf dem Buchrücken. Ein rationaler Leser müsste die Lobhudeleien also ignorieren oder zumindest mit Verrissen vergleichen, die es immer auch gibt (und die man anderswo liest). So oder so, der Verlag bestand auf ein paar netten Worten von mir. Ich zögerte. Warum sollte ich mir ins eigene Fleisch schneiden? Warum soll ich jemandem helfen, der mir vielleicht schon bald den ersten Rang streitig machen würde? Ich habe schon oft Testimonials für andere Bücher geschrieben, doch die waren allesamt keine Konkurrenz für mich. Doch diesmal schlug der Social Comparison Bias (deutsch etwa: Konkurrenzangst ) zu. Er bezeichnet die Tendenz, keine Empfehlungen für andere abzugeben, die einem den Rang ablaufen könnten – selbst dann, wenn man sich durch dieses Verhalten langfristig unmöglich macht.
Buch-Testimonials sind ein harmloses Beispiel des Social Comparison Bias . Giftiger geht es in der Wissenschaft zu. Das Ziel jedes Wissenschaftlers ist es, möglichst viele Beiträge in den renommiertesten Fachjournalen zu publizieren. Mit der Zeit erarbeitet man sich so den Ruf eines Experten, und es dauert nicht lange, bis die Redakteure einen anfragen, Zusendungen anderer Wissenschaftler zu beurteilen. Oft sind es bloß zwei, drei Experten, die entscheiden, was ins Blatt kommt und was nicht. Was passiert, wenn ein junger Forscher einen weltbewegenden Artikel einschickt, der einen ganzen Fachbereich auf den Kopf stellt und die bisherigen Eminenzen vom Thron stürzt? Diese werden mit dem Artikel besonders scharf ins Gericht gehen – Social Comparison Bias .
Der Psychologe Stephen Garcia und seine Forschungskollegen beschreiben den Fall eines Nobelpreisträgers, der einen vielversprechenden jungen Fachkollegen davon abgehalten hat, sich für eine Stelle an »seiner« Universität zu bewerben. Kurzfristig mag dieses Verhalten einleuchten, doch langfristig ist es unvernünftig. Der Nobelpreisträger riskiert bloß, dass das junge Talent zu einer anderen Forschungsgruppe stößt und seine Intelligenz dort einbringt. Social Comparison Bias , mutmaßt Garcia, könnte der Grund sein, warum kaum eine Forschungsgruppe über viele Jahre kontinuierlich an der Spitze bleibt.
Der Social Comparison Bias ist auch einer der größten Fehler von Start-ups. Guy Kawasaki war vier Jahre lang »Chief Evangelist« für Apple. Heute ist er Venture Capitalist und berät Unternehmensgründer. Kawasaki sagt: »A-Spieler (erstklassige Leute) stellen A-plus-Spieler ein, also Mitarbeiter, die noch besser sind als sie selbst. B-Spieler hingegen stellen C-Spieler ein. C-Spieler stellen D-Spieler ein, D-Spieler E-Spieler und so weiter, bis die Firma nach wenigen Jahren aus lauter Z-Leuten besteht.« Empfehlung: Stellen Sie Leute ein, die besser sind als Sie selbst, sonst
Weitere Kostenlose Bücher