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Die Kunst des Sterbens: Thriller (German Edition)

Die Kunst des Sterbens: Thriller (German Edition)

Titel: Die Kunst des Sterbens: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Chris Morgan Jones
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kennenlernen?«
    »Ich habe keine Ahnung.«
    »Ich schon. Er möchte, dass Sie den bedeutenden Mann in ihm sehen. Wissen Sie, er ist wohlhabend, und er ist intelligent. Aber ein bedeutender Mann ist er noch nicht. Darum kümmere ich mich.«
    Sie fuhr fort. »Wie viel wissen Sie über das, was ich tue?«
    »Nicht viel, fürchte ich.«
    »Das geht schon in Ordnung. Wir hängen es nicht an die große Glocke. Auch wenn er möchte, dass ich das tue, aber es wäre nicht hilfreich. Ich leite eine kleine Stiftung – eine Wohltätigkeitsorganisation, die andere Wohltätigkeitsorganisationen unterstützt.«
    »Im Iran?«
    »Von hier aus, aber, ja, im Iran. Darüber wird nicht in den Nachrichten berichtet. Sondern darüber, wie mutige Menschen bei Straßenschlachten sterben und wegen nichts zum Tode verurteilt werden. Immer wieder flammen Proteste auf, dann wird hart durchgegriffen, und alle werden verhaftet. Doch all die Zeit geschehen auch positive Dinge. Dort leben so viele mutige Menschen. Und am mutigsten sind die Frauen. Sie beschützen ihre Kinder, kritisieren die Regierung und unterrichten sich gegenseitig. Im Iran gibt es unzählige Organisationen – zum Teil ganz kleine, auf unterster lokaler Ebene –, die von Frauen geleitet werden. Und die Stiftung hilft ihnen. Wir stehen mit Geld und Rat zur Seite. Hier.« Sie beugte sich vor und nahm ihr Portemonnaie. »Meine Karte.«
    Webster dankte ihr. Mit dem Themenwechsel hatte sie für einen kurzen Moment ihre Maske fallen lassen.
    »Sind Sie selbst auch vor Ort?«
    »Früher war ich das. Inzwischen bekomme ich kein Visum mehr.«
    »Wegen Ihrer Tätigkeit?«
    »Wegen meines Vaters. Und wegen der Tätigkeit. Aber andere Leute sind vor Ort.«
    Es entstand eine Pause, während Webster überlegte, ob er den Moment für sich nutzen sollte.
    »Kannten Sie Cyrus Mehr?«, fragte er.
    »Sicher.«
    »War er einer von Ihnen?«
    Ava runzelte die Stirn, und als sie antwortete, tat sie das in einem unterkühlten Tonfall. »Lautet so Ihr Auftrag? Herauszufinden, wie er gestorben ist?«
    Webster schüttelte den Kopf. »Nein.«
    »Moment mal. Geht es bei Ihrem Auftrag um meinen Vater selbst? Scheiße.« Sie schaute zur Seite, überlegte und blickte ihn erneut an. »Wird er mir nicht sagen, was dahintersteckt? Hat es mit der Stiftung zu tun?«
    »Nein«, sagte Webster, hob seine Hand ein paar Zentimeter und gab sich größte Mühe, überzeugend zu klingen. »Nicht das Geringste.« Er hielt inne, damit sie sehen konnte, dass er es ehrlich meinte. »Wenn dem so wäre, hätte ich vorhin wohl nicht versucht aufzubrechen, oder?«
    Sie dachte darüber nach. »Es sei denn, Sie sind extrem clever.«
    »Bin ich nicht.«
    »Und es geht auch nicht um Mehr?«
    »Nein.«
    »Warum fragen Sie dann nach ihm?«
    »PR ist nicht gerade meine Stärke. Ich gehe den Dingen lieber auf den Grund.«
    Sie blickte ihm immer noch in die Augen, immer noch voller Misstrauen. »Nötig wäre es.«
    »Haben Sie Zweifel an der offiziellen Version?«
    »Ich glaube nichts von dem, was da unten verbreitet wird.«
    »Und was ist passiert?«
    Sie überlegte einen Moment, hob die Hand und rieb sich das Ohr. »Ich weiß nicht«, sagte sie und schüttelte den Kopf. »Ich glaube nicht, dass wir es je erfahren werden.«
    »War der Vorfall Gesprächsthema? Im Iran?«
    »Nicht im Iran, nein. Nicht dass ich wüsste.«
    »Und außerhalb?«
    Sie warf ihm einen eindringlichen Blick zu, während sie einen Entschluss fasste.
    »Ich glaube nicht, dass ausreichend darüber gesprochen wurde.« Sie warf einen Blick auf ihre Uhr. »Ich muss los. Tut mir leid. War mir ein Vergnügen, mit Ihnen zu reden.«
    Sie erhob sich und streckte die Hand aus. Ihre Augen, die ihn die ganze Zeit angeschaut hatten, schienen zu sagen, dass es ihr aufrichtig leidtue: Sie habe schon zu viel erzählt, allerdings schließe sie nicht aus, dass sie sich noch mal mit ihm unterhalte würde. Webster sah ihr dabei zu, wie sie das Zimmer durchquerte und aus der Tür ging, anmutig und gelassen. Bevor er selbst nach draußen trat, warf er einen letzten Blick auf Qazais Vitrine. Dabei bemerkte er ein Sammlerstück, von dem er vorhin kaum Notiz genommen hatte: ein mattsilberner Krug, auf den Weintrauben und Blätter geprägt waren, die sich um mehrere Nachtigallen und einen einzelnen lauernden Schakal schlängelten, dessen einziges Auge aus einem winzigen hellgrünen Stein bestand.

6
    Cyrus Mehr lag, wie eine kurze Recherche ergab, in Richmond begraben, wo er mit seiner Frau

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