Die Kunst des Sterbens: Thriller (German Edition)
kooperieren. Für uns alle.« Er schaute seitlich zu seinem Kollegen, der mit übereinandergeschlagenen Beinen und einem Ellbogen auf der Stuhllehne dasaß und seine Nägel mit etwas, das aussah wie ein Zahnstocher, bearbeitete. »Sein Name?«
»Vielleicht verrate ich Ihnen den Namen, wenn Sie mir sagen, warum Sie hier meine Zeit verschwenden.« Sie befanden sich jetzt auf einer Polizeiwache in der Stadt an der Via Malpensa. Websters Kenntnisse über die komplizierte Struktur der italienischen Polizei reichten nicht aus, um zu sagen, welche Abteilung ihn festhielt oder was das alles zu bedeuten hatte. Er wusste nur, dass es inzwischen elf Uhr war und dass ihm der Tag zwischen den Fingern zerrann. Er hatte keine Ahnung, ob er besorgt oder einfach nur wütend sein sollte. Es war merkwürdig, dass es jetzt um Ruffino ging: Er hatte seit Jahren nicht einen Gedanken an ihn verschwendet und konnte kaum glauben, dass sich überhaupt noch jemand für ihn interessierte. Er musterte die beiden Beamten und versuchte, ihre Haltung und Körpersprache zu deuten. Der jüngere stützte sich mit den Armen auf dem Tisch ab, hatte den Rücken gekrümmt und ließ die Schultern hängen. Im Zimmer war es heiß, und er hatte sein Jackett ausgezogen, sodass man die dunkelblauen Flecken unter seinen Armen sehen konnte. Er wirkte jedoch keineswegs besorgt. Sondern wie ein Mann, der das Recht auf seiner Seite hatte. Sein älterer Kollege saß mit verschränkten Armen zurückgelehnt da, und immer wenn Webster zu ihm herüberschaute, starrte er ihn an.
»Bene.« Der jüngere Beamte ignorierte seine Frage und warf einen Blick in die Aktenmappe. »Das letzte Mal, als Sie hier waren, haben Sie in Mailand eine Detektei aufgesucht. Investigazioni Indago. Richtig?«
Webster schaute den Beamten bloß an.
»Sie hatten am Donnerstag, dem achten März2004 , dort ein Meeting, mit Antonio Dorsa und Giuseppe Maltese, zwei Privatdetektiven. Auf dem Meeting beauftragten Sie die beiden damit, die Privat- und Büroanschlüsse von Giovanni Ruffino, einem Anwalt aus Mailand, anzuzapfen.«
»Nein. Das stimmt nicht.«
Bevor der Beamte fortfuhr, schaute er ihn einen Moment mit gerunzelter Stirn an.
»Außerdem haben Sie die Detektei beauftragt, Signore Ruffinos Konten auszuspionieren, in Italien und in der Schweiz, sowie seine Krankenakten und seinen Müll.«
Webster schüttelte den Kopf, um alles abzustreiten und aus Verwunderung darüber, dass diese uralte Geschichte, von der er angenommen hatte, sie sei längst zu den Akten gewandert, nur geruht hatte. Es blieb die Frage, weshalb und durch wen sie wieder aufgetaucht war.
»Nein. Das stimmt nicht. Das ist Blödsinn. Blödsinn und lange her.«
»Können Sie uns sagen, worüber Sie auf dem Meeting gesprochen haben?«
»Solange Sie mich nicht verhaften, werde ich Ihnen nichts erzählen. Ich habe keine Ahnung, warum ich hier bin oder warum Sie diesen Mist ausgraben. Wenn Sie mir nichts zur Last zu legen haben, können Sie die Tür da öffnen und mich zum Flughafen zurückfahren.«
Der jüngere Beamte schaute zu dem älteren, der unmerklich nickte.
»Okay.« Der jüngere zuckte die Achseln. »Na schön. Benedict Webster, wir verhaften Sie wegen des illegalen Abhörens von Telefonen, des Bruchs des Bankgeheimnisses, wegen Verstoßes gegen das Datenschutzgesetz, Wirtschaftsspionage und Belästigung. Sie haben das Recht, mit einem Anwalt zu telefonieren. Wir können Ihnen auch einen besorgen, falls Ihnen das nicht möglich ist.«
Webster schüttelte fassungslos den Kopf. Und er bekam Angst. Befragt zu werden, war eine Sache: In Italien waren polizeiliche Ermittlungen ein Spielball der Politik, um eine Person nach Belieben zu verfolgen, zu diskreditieren, abzuservieren oder ihr wieder auf die Beine zu helfen, und bis eben hatte er angenommen, dass er nur zufällig in irgendein Spielchen geraten war, das viele Ebenen über ihm gespielt wurde und von dessen Zweck er nicht die leiseste Ahnung hatte. Aber man legte ihm Dinge zur Last, die in Italien an der Tagesordnung waren und normalerweise nicht geahndet wurden, also ging es nicht nur darum, ihn zu schikanieren. Wenn die beiden bereit waren, ihn zu verhaften, dann richtete sich dieses Spielchen tatsächlich gegen ihn, und es wurde vorsätzlich gespielt. Stumm beobachtete er die beiden Polizeibeamten, die ihn mit der Gelassenheit jener beobachteten, die die Macht auf ihrer Seite hatten.
»Wollen Sie jetzt reden?«, fragte der jüngere und grinste
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