Die Kunst, frei zu sein
gehe einer Reihe von Aktivitäten nach, die alle Arbeit und Leben zugleich sind. Manche, zum Beispiel das Bücherschreiben und der Journalismus, bringen Geld ein, andere dagegen – die Zeitschrift Idler, der Gemeindesaalausschuss, das Spielen mit den Kindern – nicht. Noch andere, zum Beispiel Gemüseanbau und Brotbacken, bringen zwar kein Geld ein, sind jedoch nützlich. Durch sie spare ich Geld. Noch andere, beispielsweise das Spielen auf der Ukulele oder die Tischlerei, mache ich um ihrer selbst willen, und die übrigen – Abwaschen, Saubermachen, Kochen, Fahren – sind genauso wichtig. Sehr leicht und angenehm ist es auch, die Abhängigkeit vom Geld dadurch zu verringern, dass man Sparsamkeit entwickelt. Das ist das Thema des nächsten Kapitels.
WÜNSCHE DIR WENIGER
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Verschwende nichts; sei sparsam
Ich sage euch, das Wesen
des konkurrierenden Handels ist Abfall.
William Morris, Art, Labour and Socialism, 1884
Abfall ist unpoetisch, Sparsamkeit ist kreativ.
J.K. Chesterton, The Romance of Thrift, 1910
Make compost, not war.
Parole von Graham Burnett, spiralseed.com , 2005
Als dilettantischer Kleinbauer – chaotischer Winzigbauer wäre noch treffender – muss ich immer wieder an einen Satz aus John Seymours Schrift Das große Buch vom Leben auf dem Lande denken: »Die Müllabfuhr braucht den Kleinbauern nie aufzusuchen.« Als ich diese Aussage zum ersten Mal las, füllten wir noch drei oder vier schwarze Müllsäcke pro Woche. Ich erschrak bei dem Gedanken, wie viel unnötige Arbeit dieser Abfall erforderte. Da war die Mühe, den Müll in den Abfalleimer zu schütten, die Mühe, den Müllsack hinaus zur Abfalltonne zu bringen, die Mühe, die Abfalltonne am richtigen Tag nach draußen zu stellen. Dazu kamen die Arbeit der Müllfahrer, das Benzin, die Arbeitslöhne, der Aufwand für die riesigen, Abgase ausstoßenden Müllwagen, die Fahrten zur Müllhalde oder zur Giftmülldeponie. Müll bedeutet also Verschwendung von Zeit, Verschwendung von Energie, Verschwendung von Leben.
Das Gegenmittel ist Sparsamkeit – ein sehr unmodischer Gedanke in den Tagen von Kreditkarten und hohen Ausgaben. Sie wird uns als fromme, rechtschaffene, doch knauserige Lebenseinstellung präsentiert, als Philosophie der Geizkragen und Pfennigfuchser. Das Vorurteil gegen die Sparsamkeit geht vielleicht auf die mittelalterliche Meinung über Hamsterer, über Geldsäcke zurück, die oft in der Bildhauerei verspottet wurden, weil sie ihr Geld nicht ausgaben und nichts sozial Nützliches bewirkten.
Aber Sparsamkeit ist nicht identisch mit Geiz. Sie läuft einfach darauf hinaus, dass du dein Geld nicht für unnötiges Zeug ausgibst. Kurz, du gehst kreativ mit deinem Geld um und verhältst dich kreativ in deinem Haushalt. Ein Huhn liefert viele Mahlzeiten. Damit kann man Brühe, Sandwiches, Currygerichte und später in der Woche Eintopf zubereiten.
Da das Einkaufen heute als unsere patriotische Pflicht gilt, ist ein sparsamer Mensch also unpatriotisch, was einem das angenehme Gefühl verleiht, gegen den Staat zu rebellieren. Deine Pflicht als Freiheitssucher ist es, keinen Müll zu produzieren, denn er ist ein notwendiger Teil des kapitalistischen Systems. Denk an die Lebensmittel, die man in Supermärkten und Imbissen jeden Tag wegwirft. Inzwischen gibt es eine neue Bewegung namens »Freeganismus«. Damit ist die kostenlose Nahrungsbeschaffung aus Abfalleimern am Ende des Tages gemeint. Es scheint sich um ein vortreffliches Projekt zu handeln. Wohne in einem besetzten Haus, besorge dir dein Essen gratis, und es gibt keinen Grund, deine Zeit mit Arbeit zu verschwenden. Es ist erstaunlich, was die Menschen wegwerfen. Sparsamkeit gestattet dir, der Konsumkultur zu entgehen und das Schema Arbeiten–Verdienen–Ausgeben durch Schaffensfreude zu ersetzen.
In seinem prächtigen Essay mit dem Titel The Romance of Thrift (Die Romantik der Sparsamkeit) führt Chesterton aus, dass Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit alles andere als prosaisch und langweilig, sondern vielmehr romantisch sind:
Wirtschaftlichkeit, richtig verstanden, ist eher poetisch. Sparsamkeit ist poetisch, weil sie kreativ ist; Verschwendung ist unpoetisch, weil sie Verschwendung ist. Es ist prosaisch, Geld wegzuwerfen, denn es ist prosaisch, irgendetwas wegzuwerfen; es ist negativ; es ist ein Eingeständnis der Gleichgültigkeit und damit ein Eingeständnis des Scheiterns.
Diese Art der leidenschaftlichen Sparsamkeit unterscheidet sich deutlich von der puritanischen,
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