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Die Kunst, frei zu sein

Die Kunst, frei zu sein

Titel: Die Kunst, frei zu sein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Hodgkinson
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Winters Schwall
    Des Laubes Schirm gesprenkelt hat,
    Am lodernden Kamin, gesellig und froh,
    Karge Nahrung und den Krug
    Mit selbstgebrautem Trunk zu teilen –
    An unsrer Seite deine Sara und meine Susan
    Und vielleicht Alfoxdens sinnend’ Mieter
    Und die Maid feurigen Auges, die ihm mit
    Schwesterliebe die Einsamkeit versüßt.
    Der »selbstgebraute Trunk« klingt mir sehr verlockend. »Alfoxdens sinnend’ Mieter« ist übrigens William Wordsworth und die »Maid feurigen Auges« seine Schwester Dorothy. Eine solche Idylle habe ich versucht, hier in unserem gemieteten Bauernhaus in Devon zu schaffen. Wir haben einen eigenen Pub und eine Speisekammer voller Bier und laden unsere Freunde zu angenehmen Gesprächen und fröhlichen Zechereien ein. Mein Haus-Pub wird in der Tat eine Stätte der Freiheit sein, denn nun, da das Rauchen an allen öffentlichen Orten verboten werden soll, könnte mein Wirtshaus, The Green Man, bald das einzige in England sein, wo man zum Tabakgenuss ermuntert wird.
    Während sich die industrielle Revolution quälend voranwälzte, kam es zu häufigen Protesten gegen ihre Auswirkungen. Es gab zahlreiche Bemühungen, ideale Gemeinschaften zu gründen und das Leben nach genossenschaftlichem oder kommunistischem Vorbild zu gestalten (in jenen frühen Tagen des politischen Radikalismus besaß das Wort »kommunistisch« noch keine der heutigen albtraumhaften Assoziationen von Zentralismus und Ödheit). William Morris, W. B. Yeats und D. H. Lawrence träumten alle von einem irdischen Paradies, und es hatte in der Regel nichts mit der Stadt zu tun. »Wo immer Menschen sich ein vollkommenes Leben vorstellen«, schrieb Yeats,
    denken sie an einen Ort, an dem gepflügt, gesät und geerntet wird, nicht an einen Ort, wo sich große Räder drehen und Rauch ausgespien wird … Wir wollen ein uraltes Lebensideal bewahren. Wo seine Bräuche herrschen, dort wirst du das Volkslied, das Volksmärchen, das Sprichwort und die bezaubernden Sitten der alten Kultur finden … Wir müssen auf eine Weise wirken, dass sich jene noble alte Lebensart in unserem Volk kraftvoll ausbreitet.
    William Morris hatte einen ähnlichen Traum:
    Es scheint mir niemandes Aufgabe zu sein, die Dinge zu verbessern – trotz meines Murrens ist es jedenfalls nicht meine Aufgabe –, aber nehmen wir an, die Menschen lebten in kleinen Gemeinschaften zwischen Gärten und grünen Feldern, so dass man nach fünfminütigem Spaziergang auf dem Land sein könnte, und nehmen wir an, sie hätten wenig Ansprüche, zum Beispiel fast kein Mobiliar, und keine Bediensteten und widmeten sich den (schwierigen) Künsten des Lebensgenusses und fänden heraus, was sie wirklich wollen. Dann dürfte man hoffen, dass die Zivilisation wirklich begonnen hätte.
    In den siebziger Jahren des zwanzigsten Jahrhunderts hatte John Seymour mit seiner Anleitung für Selbstversorger, Das große Buch vom Leben auf dem Lande, erheblichen Erfolg. Wie William Cobbetts Cottage Economy, ein früheres Werk, enthält Seymours Buch eine positive Philosophie und nicht bloß praktische Ratschläge. Und wie Cobbetts Band ist es von einem unabhängigen und exzentrischen, doch ganz und gar vernünftigen Geist durchdrungen. Seymour traf seine Entscheidung, dem modernen Industriesystem zu entfliehen und auf dem Land zu leben, aus pragmatischen Gründen. In seinem Buch Wir ziehen hinaus aufs Land (1961) schildert er, wie seine Familie und er nach einer billigen Lebensweise Ausschau hielten, damit er als freier Journalist nicht so hart arbeiten musste. Die Stadt zu verlassen und ein Landleben zu führen kann jedoch Schwerarbeit sein. Rustikale Abgeschiedenheit mag romantisch erscheinen, doch das Leben ist leichter im Kreis von Freunden und Nachbarn. Man braucht andere Menschen. In Das große Buch vom Leben auf dem Lande schwärmt Seymour – wie Yeats und Morris – von einer ländlichen Gesellschaft:
    Ich glaube, wenn ein halbes Dutzend Familien beschlössen, sich teilweise selbst zu versorgen, und sich ein paar Kilometer entfernt voneinander niederließen und wüssten, was sie tun, könnten sie ein sehr gutes Leben führen. Jede Familie würde über ein Gewerbe oder einen Beruf oder ein Handwerk verfügen und deren Produkte an die übrige Welt verkaufen. Jede Familie würde eine Vielzahl von Objekten anbauen, züchten oder produzieren, die sie selber nutzt und mit den anderen Familien gegen deren Güter austauscht. Niemand würde sich bei der Ausübung seiner spezialisierten Kunst oder

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