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Die Kunst, frei zu sein

Die Kunst, frei zu sein

Titel: Die Kunst, frei zu sein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Hodgkinson
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sollten wir handeln, wenn die Mutoid Waste Company in die Stadt kommt: Wir sollten sie mit offenen Armen willkommen heißen und sie nicht zwingen, einer ordentlichen Arbeit nachzugehen.
    Das Problem bei der Landstreicherei ist, dass größere Regierungen sie nicht ausstehen können. Sie hassen das Chaos, die aufsässigen Elemente, den Gedanken, dass Menschen durchs Land ziehen und tun, was sie wollen. Je mächtiger Regierungen werden, desto unduldsamer gehen sie gegen Landstreicher vor. Nachdem diese neunhundert Jahre lang in Ruhe gelassen oder sogar ermutigt worden waren, verabschiedeten die aggressiven, zentralistischen, ordentlichen und ordnenden Regierungen der Tudorzeit eine Reihe von Gesetzen gegen die Landstreicher. Dafür, dass diese Menschen den Behörden Sorge bereiteten, bieten sich zwei Erklärungen an. Erstens hatten nach der Reformation und den Flurbereinigungsgesetzen Tausende ihren Arbeitsplatz verloren. Die alten kollektiven Lebensweisen wurden angegriffen, weshalb es mehr Bettler gab. Zweitens kümmerten sich die Klöster und die großen aristokratischen Haushalte nicht mehr um die Bettler. Einerseits waren die Klöster von den neuen habgierigen Pinkeln besetzt worden, und andererseits wurde die katholische Tradition der Gastfreundschaft durch den sich herausbildenden protestantischen Individualismus verdrängt.
    Das neue Arbeitsethos ließ keinen Raum mehr für den gesellschaftlichen Zweck des Wanderers. Im Jahr 1565 schrieb der Regierungsvertreter Sir Thomas Smith über ihn: »Da er keine Mieteinkünfte und keinen Lebensunterhalt bezieht und müßig lebt, wird er als unverbesserlicher Vagabund zur Rede gestellt, manchmal ins Gefängnis geschickt und manchmal auf andere Art bestraft. So sehr ist unserer Politik der Müßiggang zuwider.« Als die Gefängnisse mit solchen unverbesserlichen Bettlern gefüllt waren, beschlossen die Behörden, sie zu den neuen Plantagen auf Jamaika zu entsenden, wo sie sieben Jahre lang als Leibeigene dienen mussten. Dem Vernehmen nach wurden sie schlechter behandelt als die Sklaven, denn die Eigner hatten ein Interesse daran, ihre Sklaven ausreichend zu ernähren und bei relativ guter Stimmung zu halten, damit sie lebenslange Dienste leisten konnten, während die exilierten Leibeigenen nach sieben Jahren wieder abreisen würden, weshalb es sich nicht lohnte, auf ihre Gesundheit oder auch nur auf ihr Überleben zu achten.
    Besserungsanstalten waren das elisabethanische Gegenstück zu den nationalsozialistischen Konzentrations- oder Arbeitslagern. Ein Gesetz von 1576 vertrat die Meinung, dass »Jugendliche an Zwangsarbeit und Arbeit gewöhnt und damit erzogen werden können«! Träge Kinder zwischen fünf und vierzehn Jahren stellte man an den Pranger oder peitschte sie aus. Andere Menschengruppen, die von den Behörden mit Misstrauen betrachtet wurden, waren »Hausierer und Kesselflicker, Soldaten und Matrosen, Komiker, Studenten, nichtlizensierte Heiler, Wahrsager, Zauberer«. Zigeuner und Iren behandelte man als Landstreicher, und durch ein Gesetz von 1572 wurde den Iren, die man mit »Pfaffentum« und Rebellion in Verbindung brachte, empfohlen, nach Irland zurückzukehren. Es ist das Übliche: Die Regierung greift hart gegen Müßiggang durch.
    Die vielleicht wichtigste Frage lautet: Was verstehen wir unter einem Zuhause? Es ist möglich, dass der obdachlose Wanderer sich eher zu Hause fühlt als der durch seine Hypothek gefesselte Banker. Eine Menge Zeit und Geld für Hypotheken und das »Traumhaus« aufzuwenden ist stets eine Ablenkung von dem eigentlichen Thema, nämlich von uns selbst und unserer inneren Befindlichkeit. Die Hypothek ist die kommerzielle Ausbeutung unserer Sehnsucht nach einem Zuhause.
    Aber die entscheidende Lösung für das Problem der Hypothek besteht darin, sich deswegen keine Sorgen zu machen. Es handelt sich um eine Fiktion. Lass dich durch die Schulden nicht niederdrücken. Was machen sie schon aus? Wirst du je obdachlos sein und hungern? Das ist unwahrscheinlich. Wie schlimm kann die Situation also werden? Dem System ist es lieb, wenn du verschuldet bist. Die Geldmacher in der Stadt, denen deine Hypothek gehört, freuen sich über deine Schulden. Sie tun dir keinen Gefallen, auch wenn sie dir in ihren Werbebroschüren noch so sehr das Gegenteil versichern. Sie beuten dich aus. Die Wucherer haben eine Mordsgaudi. Lass um Himmels willen nicht zu, dass sie dir Schuldgefühle einflößen. Sie sind diejenigen, die sich schuldig fühlen sollten,

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