Die Kunst, gelassen zu erziehen
uns doch so einsetzen. Wenn wir also etwas für uns tun, kommt das immer auch unseren Kindern zugute.
In unserem Alltag lässt sich Stress zwar nicht gänzlich vermeiden, aber wir können dafür sorgen, dass er nicht überhandnimmt und
unsere ganze Aufmerksamkeit frisst. Wenn wir achtsam sind, können wir den Ursachen eher auf die Spur kommen und zu den Wurzeln unseres Stresses
vordringen. Wir erkennen vielleicht schon kleine Signale, bevor uns der Stress beherrscht. Je mehr Übung wir darin haben, umso eher gelingt es uns,
Stress auch langfristig zu reduzieren. Bei unserer Stresserforschung können uns die Reflexionen unten anregen.
ÜBUNG
Was stresst Sie?
Schreiben Sie in Ihr Notizbuch eine Liste mit zwei Spalten. Tragen Sie in die eine all das ein, was es in Ihrem Leben zu viel gibt, etwa Arbeitspensum, Haushalt, Druck … In die andere Spalte tragen Sie ein, woran es Ihnen mangelt, also vielleicht Zeit für sich, Zeit für Ihr Kind, Geld …
In einem nächsten Schritt können Sie eine Prioritätenliste schreiben:
Was kann ich gerade nicht leiden? (Zum Beispiel Haushaltspflichten.)
Was will ich ganz und gar nicht haben? (Zum Beispiel noch mehr Arbeit.)
Wogegen sträubt sich geradezu alles in mir? (Zum Beispiel Verpflichtungen am Wochenende zu haben – etwa Kinder zu Sportveranstaltungen zu fahren.)
Was aus der Liste ist mir wirklich wichtig, was weniger?
Wo könnte ich mir selbst Gutes tun? (Zum Beispiel einen Wellnesstag einlegen oder mal wieder in die Oper gehen.)
Wie ist es möglich, aus der Stressspirale auszusteigen? (Zum Beispiel regelmäßige Atemübungen machen oder eine feste Mittagspause einhalten.)
Habe ich zu hohe Erwartungen und unrealistische Ziele, die mich jetzt in Stress versetzen? Wo könnte ich meine Ansprüche zurückschrauben? (Zum Beispiel nicht mehr alles bügeln oder den zehnjährigen Sohn allein mit Roller oder Rad zum Sport fahren lassen.)
Es lohnt sich immer, uns mit unserem Stress und den daraus resultie-renden Reaktionen auseinanderzusetzen, um
die Beziehung zu unseren Kindern so wenig wie möglich zu belasten. Denn trotz aller Liebe kann es unter dem Druck der alltäglichen Pflichten immer
wieder passieren, dass wirden KONTAKT zu ihnen VERLIEREN und ihre Bedürfnisse
nicht mehr richtig wahrnehmen.
Stress führt leicht dazu, dass wir ungerecht werden. Wenn unsere Kinder nicht so funktionieren, wie wir es erwarten, werden sie uns schnell lästig, und wir reagieren oft ungeduldig und barsch. Der alltägliche Stress verwandelt sich in Ärger und Wut – was neue Probleme schafft.
Was geht in Stresssituationen in uns vor?
Wenn wir uns gestresst fühlen, kann der Geist »dichtmachen«, und wir werden unflexibel. Wir können dann vielleicht nicht mehr klar denken, oder die emotionale Verbindung zu unserem Kind bricht ab. Die beiden Autoren Daniel J. Siegel und Mary Hartzell (siehe >) bezeichnen das als den »unteren Weg«, weil das Gehirn bei seiner Arbeit einen niederen Verarbeitungsmodus wählt, der den präfrontalen Kortex außen vor lässt. So können intensive Gefühle wie Angst, Traurigkeit oder Zorn die Oberhand gewinnen. Und wir sind in einer solchen Gemütsverfassung in einem sich ständig wiederholenden KREISLAUF GEFANGEN , der weder für uns noch für unser Kind zufriedenstellend ist.
Wenn wir uns aber über den Ursprung unserer Schwierigkeiten klar werden, können wir lernen, uns selbst besser zu verstehen, und eine Flexibilität entwickeln, die unsere Abstürze auf ein Minimum reduziert. Wir gehen dann den »oberen Weg«, indem wir den höheren Verarbeitungsmodus einschalten, der den präfrontalen Kortex für seine Prozesse verwendet. Dort sind wir in der Lage, unsere rationalen, reflektierenden Denkvorgänge einzusetzen und Mitgefühl, Achtsamkeit und flexibles Verhalten zu üben.
Mensch ärgere dich nicht!
Gelingt es uns nicht, eine Stresssituation in den Griff zu bekommen, steigen in uns meist Ärger und Wut hoch. Wenn wir uns dann von unseremAutopiloten führen lassen, schalten wir auf Angriff, und unser Ärger entlädt sich in einem Wutausbruch. Ist unser Autopilot auf Rückzug programmiert, schlucken wir unseren momentanen Ärger, bis unser Speicher voll ist und wir irgendwann explodieren.
Aber es gibt noch eine andere Strategie, wie wir mit negativen Stimmungen, Gefühlen und Denkmustern umgehen können: indem wir dem
Ärger in uns zuhören und ihm erlauben – genauso wie allen anderen Gedanken, Gefühlen und körperlichen Empfindungen – das zu sein, was er
Weitere Kostenlose Bücher