Die Kunst, gelassen zu erziehen
könnten dahinterstecken? Vielleicht haben Sie Angst, dass Ihnen alles entgleitet, wenn Ihre Tochter so einfach über die Familienregeln hinweggeht, oder ein Gefühl von Bitterkeit taucht auf und Sie denken sich: »Das hätte ich mir früher mal bei meinen Eltern erlauben sollen!« Was auch immer Sie herausfinden – indemSie in Ihrer Wut nicht sofort reagieren, so schwer Ihnen das auch fallen mag, schaffen Sie es, einen ABSTAND zu diesem Gefühl zu bekommen und sich nicht länger von ihm beherrschen zu lassen. In diesem Zustand gelingt es Ihnen auch wieder, das grundlegende Gutsein in Ihrem Kind zu sehen – trotz seines Verhaltens.
Wenn durch die achtsame Wahrnehmung Ihrer Gefühle und Gedanken schließlich Ihre WUT VERRAUCHT ist – bitten Sie Ihre Tochter für den nächsten Tag um ein Gespräch. Dann können Sie sich ruhig und im Sinne von Buddhas Gesprächsregeln auseinandersetzen, und jeder kann deutlich machen, was ihn ärgert und was sich ändern soll. Sie haben mit dieser Vorgehensweise nicht nur einen sinnlosen Konflikt vermieden, sondern vermutlich auch eine Eskalation Ihrer Wut, die ein konstruktives Gespräch verhindert und die Lage zwischen Ihnen und Ihrer Tochter noch verschärft hätte. So aber sind Sie fähig, angemessen auf die Situation zu antworten.
Das Gift des Geistes entschärfen
In der buddhistischen Lehre gilt Ärger oder Zorn als das Gift des Geistes. Damit wir dieses Gift nicht aussenden, hat Buddha
Regeln für das rechte Sprechen aufgestellt, die selbstverständlich auch für den Ausdruck von Wut gelten:
zur richtigen Zeit sprechen
die Wahrheit sprechen
zum Wohl des/der anderen sprechen
sanft und in Güte sprechen
Es gibt keinen Grund, warum wir unseren Kindern ein » Nein « nicht genauso freundlich sagen können wie ein » Ja «.
[ John Holt | amerikanischer Pädagoge (1923–1985) ]
Wenn wir uns in Achtsamkeit üben, können wir jedes Mal, auch wenn wir sehr wütend sind, rechtzeitig überlegen: Warum will ich das sagen? Will ich dem anderen mit meinen Worten helfen, will ich ihn kritisieren, will ich ihm gegenüber angeben, will ich ihn beeinflussen, oder will ich ihn verletzen (weil ich mich verletzt fühle)?
Ärger achtsam ausdrücken
Wenn wir wissen, welche Absichten wir verfolgen, können wir viel ruhiger entscheiden, wie wir unseren Ärger ausdrücken wollen: Statt loszupoltern, könnten wir beispielsweise beschließen, besser den Mund zu halten und einfach nur ZUZUHÖREN und abzuwarten.
Wenn wir harte Worte benutzen, versuchen wir eigentlich nur unserem Gegenüber klarzumachen, wie sehr uns unser Anliegen am Herzen liegt und wie verletzt wir sind. Doch da er automatisch nur, damit beschäftigt ist, sich zu verteidigen, bekommt er gar nicht mit, was wir ihm sagen möchten. Wir könnten uns das Ganze also eigentlich sparen.
Durch die achtsame Wahrnehmung können wir auch besser bei uns bleiben und ICH-BOTSCHAFTEN aussenden. Unser Kind kann Kritik an seinem Verhalten viel besser annehmen, wenn wir es nicht mit Anklagen und Vorwürfen bombardieren. Statt »Immer lässt du deine Anziehsachen im Bad herumliegen, und nie räumst du irgendetwas auf!« wäre ein »Ichbin ziemlich sauer darüber, dass du dich nicht an unsere Abmachung hältst, deine Sachen in den Wäschekorb zu räumen« wesentlich klarer – und fairer obendrein, denn der zweite, verallgemeinernde Vorwurf hat nichts mit der konkreten Situation zu tun. Drücken wir uns klar aus, weiß unser Kind, wie wir uns fühlen und was der Auslöser für unser Wütendsein ist.
So können wir Ärger, der immer wieder in uns entstehen wird, konstruktiv einsetzen, um unsere Grenzen zu erkennen und zu ziehen – und nicht zerstörerisch, indem wir den anderen verletzen oder unsere Beziehung zu ihm gefährden. Letztlich ist das Kind nicht verantwortlich für unseren Ärger – es ist nur der AUSLÖSER . Sind wir gut gelaunt und ausgeglichen, bleiben wir in einer ähnlichen Situation vielleicht vollkommen ruhig und finden eine kreative Lösung für den Konflikt. Kinder drücken nur den Knopf, der unsere Schwachstellen sichtbar macht– wenn wir die Verantwortung für unsere Emotionen übernehmen, ist das der erste Schritt zu harmonischen Beziehungen.
Von Gefühlen nicht mitreißen lassen
Mit zunehmender Achtsamkeitspraxis gewinnen wir an innerer Stabilität, und mit der Zeit wird es uns möglich, auch inmitten von
Angst, Unsicherheit und Chaos wachsam und stabil zu bleiben. Normalerweise werden wir von solchen Emotionen leicht
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