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Die Kunstjaegerin

Die Kunstjaegerin

Titel: Die Kunstjaegerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elis Fischer
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Erfinder Eugen Valier, früher als Werkstatt gedient hatte. Wenn es warm genug war, nutzte Theresa sie als Kreativzentrum, jetzt im Herbst war sie malerische Dekoration.
    Am Türpfosten der Hütte hatte Leon die Slackline befestigt, die quer durch den Garten bis zu einer hohen Birke gespannt war. Als Flora kam, war Theresa gerade wieder mal hinuntergefallen, und Dino versuchte ein Lachen zu unterdrücken.
    »Mama, das ist doch nicht so schwer. Schau, ich zeig’s dir noch mal. Einfach einen Fuß vor den anderen«, rief er und sprang vom Band, als er die Freundin seiner Mutter um die Ecke biegen sah.
    »Komm, Flora, du kannst das bestimmt.«
    »Ja, bitte lös mich ab«, flehte Theresa und klopfte sich das Laub von ihrer Jacke.
    »Na gut, ich versuch’s, aber lacht mich nicht aus.«
    »Versprochen«, antwortete Dino mit gekreuzten Fingern hinter dem Rücken.
    Als im Wohnzimmer das Festnetztelefon läutete, rannte Theresa ins Haus, froh mit dem schmerzhaften Balancieren aufhören zu können.
    Gerade noch rechtzeitig, bevor der Anrufbeantworter ansprang, fand sie das Telefon, hob ab und hörte Marie Hohenau schluchzen.
    Völlig aufgelöst erzählte sie vom Besuch der Polizisten.
    »Das war ein Verhör! Wie eine Verbrecherin kam ich mir vor, er wollte mein Alibi wissen. Natürlich habe ich keines, was macht eine alleinstehende ältere Frau um 23 Uhr? Schlafen, was sonst!«
    Theresa erinnerte sich nur allzu gut an ihre eigene Vernehmung, während Pauls Tante fortfuhr: »Was soll ich tun? Mir einen Anwalt nehmen, weil mein Exmann ermordet wurde?«
    »Nein, ich bin mir sicher, er verdächtigt Sie nicht, das ist wirklich reine Routine. Bei mir hat er es genauso gemacht und sogar eine DNA-Probe genommen.« Das stimmte zwar nicht, aber sie musste Marie beruhigen, da durfte sie etwas übertreiben.
    »Außerdem glaubt Kiesling an einen Raubmörder und hat am Tatort fremde DNA-Spuren gefunden. Keine Angst.«
    »Das besänftigt mich, ich habe glatt meine Contenance verloren.« Ah ja, Hohenau’scher Slang.
    »Ich verstehe Sie gut, mich hat er auch ins Schwitzen gebracht«, antwortete Theresa. Sie zögerte und wusste nicht, ob es pietätlos wäre zu fragen. Schließlich wagte sie es doch. »Rembert hat mir auf die Mailbox gesprochen und gesagt, er hätte die ›Krönung‹ aus dem Rahmen genommen. Wenn der noch da ist, dürfte ich ihn mitnehmen? Er ist eine Erinnerung an meinen Vater.«
    »Natürlich mein Kind, er gehört doch Ihnen. Ich denke, dass es von Rechts wegen, wenn die Wohnung nicht mehr versiegelt ist, in Ordnung geht. Oh Gott, darum werde ich mich wahrscheinlich auch kümmern müssen. Dass die Dinge, sofern sie noch vorhanden sind, wieder an ihre Besitzer zurückgehen. Nehmen Sie den Rahmen mit und melden Sie sich, falls Sie die Dokumentation nicht finden. Auf Wiedersehen.«
    »Vielen Dank, auf Wiederhören.« Theresa legte auf und schüttelte grübelnd den Kopf.
    »Wer war’s?« Sie zuckte zusammen. Unbemerkt war Flora ins Haus gekommen.
    »Marie Hohenau. Sie ist stinkwütend, sie glaubt, sie wird verdächtigt und hat kein Alibi. Dein Robert kann manchmal ein wahres Ekel sein. Ich verstehe nicht, dass er diese arme Frau so behandelt.«
    »Erstens ist er nicht mein Robert. Und zweitens müssen Polizisten vielleicht derart tough auftreten.«
    »Im Film ja, aber doch nicht im echten Leben!«
    Arcetri, April 1635
    Carissimo et illustrissimo mio amico!
    Teuerster Freund!
    Zuallererst muss ich mich für Euer Mitgefühl und Eure tröstenden Worte zum Tode meiner geliebten Tochter bedanken. Es hat mir sehr geholfen zu lesen, dass auch Ihr in Virginia diese Herzensgüte gesehen habt. Ja, sie war ein reiner, edler Mensch.
    Entschuldigt meine lange Zeit des Schweigens, aber einerseits peinigt mich der Gliederschmerz, der immer mehr Teile meines Körpers befällt, andererseits wird es immer gefährlicher, die Briefe so zu schreiben und zu verschicken, dass es den Schergen Muzzarellis nicht gleich ins Auge sticht.
    Die Veröffentlichung meines › Dialogs über die beiden hauptsächlichen Weltsysteme ‹ in Weyden hat die Kirche sehr erzürnt. Und von der neuen Wachsamkeit meiner Bewacher zeugen verschiedene Vorfälle. Ein an mich adressierter Brief wurde abgefangen und dem Herrn Kardinal Barberini überbracht. Wie mir mitgeteilt wurde, hatte ich das Glück, dass ich lediglich der Empfänger war, nicht der Verfasser. Trotzdem, er war voll des Lobes auf meinen ›Dialog‹.
    Natürlich ist dies etwas, das die Kurie noch mehr reizt.

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