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Die Kunstjaegerin

Die Kunstjaegerin

Titel: Die Kunstjaegerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elis Fischer
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Auch der häufige Briefwechsel mit den protestantischen Ländern ist den Zensoren höchst verdächtig. Aber sie können mich nicht dafür belangen, außer die Bewachung durch die Inquisition noch gründlicher durchzuführen, was unseren Plan schwieriger macht.
    Ich habe das Gefühl, dass der Zorn meiner mächtigen Verfolger beständig an Erbitterung zunimmt, sowie meine Gesundheit in eben dieser Beständigkeit abnimmt. Doch mein Forscherwille ist ungebrochen, allein das hält mich noch am Leben.
    Ich erinnere Euch daran, Eure Gebete bei dem Gott der Barmherzigkeit fortzusetzen, auf dass er den unversöhnlichen Hass aus den Herzen meiner unglückseligen Verfolger auslöschen möge.
    Für Eure Gesundheit bete ich und verabschiede mich mit den besten Wünschen,
    Euer G.

Kapitel 7
    Wien, Donnerstag, 7. November
    Angespannt saß sie im Auto. Sollte sie wirklich alleine hingehen?
    Sie hatte gerade ihrem Chefredakteur die Illustrationen für das neue ›Stylish‹ abgeliefert und umkreiste das Atelier des Restaurators. Langsam steuerte sie den Sharan durch die Taborstraße und überlegte, ob sie die Dokumentation nicht besser morgen holen sollte, wenn Flora Zeit hatte. Andererseits war sie jetzt schon da.
    Im Vorüberfahren betrachtete sie die Schaufenster. Einst die wichtigste Einkaufsmeile des 2. Bezirks, war die Taborstraße jetzt eine Aneinanderreihung von Ramschläden. Viele kleine Geschäfte standen leer und verkamen zusehends. Das Bild einer Geisterstadt entstand in ihrem Kopf: Wind, der zerknitterte Zeitungen und zerbrochene Äste über die Straße weht, ein Fahndungsplakat an der Tür eines Saloons. Dazu die klagende Mundharmonika von Sergio Leone, ›Spiel mir das Lied vom Tod‹. Sehr passend.
    Musste sie wirklich ins Atelier? Durfte sie überhaupt? Theresa verhandelte mit sich selbst. Wenn die Werkstatt noch versiegelt war, würde sie wieder gehen. Wenn sie freigegeben war, konnte sie doch schnell ihren Rahmen holen, bevor der auch noch verschwand.
    Theresa bog in die nächste Seitengasse, nahm den ersten freien Parkplatz,  stieg  aus  und  marschierte  schnell  zum  Antiquitätengeschäft, bevor sie es sich anders überlegen konnte.
    Sie hatte den Schlüssel und die Erlaubnis der Witwe. Ein Kinderspiel also.
    Als Theresa den Eingang erreichte, sah sie, dass sie den Schlüssel gar nicht mehr benötigte. Das Siegel war zerrissen und die Tür nur angelehnt. Was um Himmels willen konnte das bedeuten? War eingebrochen worden und der Eindringling möglicherweise noch da?
    Die Mundharmonika jaulte plötzlich wieder in ihrem Kopf.
    Dann setzten die Trommeln ein, die Geigen, die Glocke. Ach nein, die läutete in der Kirche nebenan. 9 Uhr. Theresa schüttelte den Kopf und versuchte einen klaren Gedanken zu fassen. Das einzig Richtige wäre, Kiesling anzurufen. Sie wühlte in ihrer Tasche.
    Natürlich hatte sie kein Handy dabei. Das lag im Auto.
    Der klassische Zwiespalt zwischen ›wollen‹ und ›sollen‹.
    Theresa überlegte kurz, fühlte ihren Puls und atmete tief ein. Die Neugier siegte. Langsam schob sie die Tür mit der Schulter auf und rief vorsichtig: »Hallo?«
    Wenn sie im Fernsehen einen Krimi anschaute, fragte sie sich bei solchen Situationen immer, wieso diese Idioten hineingingen!
    Die sollten gefälligst auf die Polizei warten! Aber das hier war etwas anderes, beruhigte sich Theresa, kein Einbrecher würde um diese Uhrzeit hier sein.
    Während sie die Tür so weit aufdrückte, dass sie durchschlüpfen konnte, sprach sie sich weiter Mut zu. Außer ihrem leisen Schnaufen war kein Laut zu hören. Ihr Blick glitt über die Tische, Vitrinen und Bilder. Ein Rascheln in der hinteren Ecke des Raums ließ sie erschrocken zusammenzucken. Theresa drückte sich an die Wand und wagte kaum zu atmen. Etwas Schwarzes, Pelziges huschte über ihre Füße. Eine Ratte! Ihr Herz schlug bis zum Hals.
    Jetzt bitte keinen Anfall! Seit ihrer Kindheit litt sie unter Herzrasen, das zu den unmöglichsten Zeiten auftrat und sich schwer kontrollieren ließ. Theresa hielt die Luft kurz an und blies sie langsam wieder aus. Ihr Puls beruhigte sich. Wenn sie das Leon erzählte, würde er ausflippen. Besser sie erwähnte es nicht.
    Angestrengt horchte Theresa, doch alles blieb still. Wer hatte das Polizeisiegel zerrissen? Wollte ein Trittbrettfahrer noch den Rest abstauben?
    Sie blickte sich um, aber es schien nichts zu fehlen, das Geschäft sah genauso aus wie bei ihrem ersten Besuch. Was sollte sie jetzt tun? Nach der

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