Die Kunstjaegerin
ihre Lippen nach, während Paul etwas zu rasant aus der Parklücke fuhr. »Pass doch auf!«, schimpfte sie.
»Excusez-moi, allerdings wird dir dein Lippenstift dort, wo wir hinfahren, nichts nützen. Ich wette, wir haben es in Frascati ausschließlich mit Brüdern zu tun.«
»Treffer!«, sagte Boris und sah von seinem I-Phone auf. »Es gibt ein Kloster, zwar keine Jesuiten, aber immerhin Kapuziner.«
»Nudeln und Affen, super!«, rief Dino erfreut.
»Was genau machen wir, wenn wir angekommen sind?«, fragte Theresa. »Klopfen wir an die Klostertür und bitten darum, in den Büchern stöbern zu dürfen?«
Sie bereute mittlerweile, dass sie vorgeschlagen hatte, die Suche fortzusetzen. Die Erschöpfung machte ihrem Körper zu schaffen und sie hätte sich jetzt lieber im hoteleigenen Spa massieren lassen, statt im engen Auto durchgeschüttelt zu werden.
»Was ist, wenn dort frauenfeindliche Mönche sind, wie am Berg Athos?«, fragte Flora, während sie in ihrer Tasche kramte.
»Dann bleibt ihr zwei eben draußen«, meinte Paul trocken.
»Sehr nett, danke. Ohne uns wärt ihr gar nicht hier. Und jetzt wollt ihr das Manuskript alleine finden und die Lorbeeren ernten?
Nein, nein, so geht das nicht.« Flora warf, zur Freude des kichernden Dinos, Paul ihren Lippenstift an den Kopf.
»Hört auf zu streiten, Kinder. Die lassen Frauen rein. Außerdem haben sie eine große Bibliothek«, beruhigte Boris, während er sein Handy weglegte. »Das Internet weiß einfach alles.«
Nach zweieinhalb Stunden stand die sechsköpfige Gruppe vor einem wuchtigen, verwitterten Eichenholztor. Die Bibliothek des Klosters schien samstags geschlossen zu sein, doch Theresa hoffte auf die Nächstenliebe der Brüder und klopfte energisch.
Tatsächlich öffnete nach wenigen Minuten ein kleiner, dicker Mönch in kastanienbrauner Kutte die Tür.
Wie im Film, dachte sie, und verkniff sich ein Lachen. Dann brachte sie ihr Anliegen auf Italienisch vor. Ihr Gegenüber lauschte gespannt.
»Kommen Sie rein«, antwortete der Ordensbruder schließlich auf Deutsch. »Ich bin Bruder Franziskus und komme aus dem Weinviertel.«
So wie Theresa über ihn gelächelt hatte, lächelte er nun zurück.
Sie war froh, dass sie keine blöde Bemerkung gemacht hatte.
»Da glauben Sie also, hier einen Schatz zu finden?« Er schüttelte den Kopf. »Ich bin mir nicht sicher. Aber gehen wir zu Fra Giovanni. Er ist der Bibliothekar.«
Sie folgten ihm über lange, weiße Kieswege durch den Klostergarten bis zum Refektorium, wo sich die Mönche gerade zum Mittagessen versammelt hatten. Die langen, dunkelbraunen Holztische waren nur spärlich besetzt. Als die Gäste den Saal betraten, richteten sich alle Augen auf sie.
»Ach, wie unhöflich von mir, darf ich Sie zu unserem bescheidenen Mahl einladen?«, fragte Bruder Franziskus.
Dino nickte freudig.
»Schatz«, sagte Theresa zu ihm, »jetzt ist nicht die Zeit zu essen.
Wie müssen schnell etwas suchen. Später, versprochen?«
»Aber es gibt Nudeln!«
»Zehn Minuten?« Theresa sah ihn bittend an.
»Na gut, wenn ich mir keine Bilder ansehen muss!«, schmollte Dino und trottete seiner Mutter hinterher.
Bruder Franziskus führte sie weiter durch die Gemäuer, bis er am Ende eines langen Säulengangs die Tür zur Bibliothek öffnete.
»So, hier ist Fra Giovanni.«
Auch dem groß gewachsenen, kahlköpfigen Mönch erzählten sie die Kurzfassung der Geschichte. Als sie das Nötigste erklärt hatten, ging er mit ihnen stumm in den hinteren Lesesaal. In der Mitte des Raums stand ein wuchtiges, wurmstichiges Pult. Darauf lag, geschützt unter einem Glassturz, eine Bibel, die das richtige Alter haben konnte.
»Diese hier wurde uns von unserem Seligen Antonio Baldinucci vermacht. Seither liegt sie unberührt als eine Art Reliquie hier.«
Fra Giovanni zögerte. »Ich weiß nicht, ob ich sie herausnehmen darf.«
Verflucht noch mal, dachte Theresa, das durfte nicht wahr sein!
Da waren sie wahrscheinlich an der richtigen Adresse und dem Ziel so nahe! Und jetzt sollten sie die Bibel nicht anfassen dürfen? Ein bisschen, aber nur ein bisschen, konnte sie Domenico Casagrande verstehen. Man war knapp davor, eine bahnbrechende Entdeckung zu machen, und plötzlich kam wieder ein Hindernis – hier in Form eines gläubigen Mönchs!
»Padre Giovanni, dies wäre für Sie die Gelegenheit, Ihrem Antonio so nahe zu sein wie sonst nie im Leben«, schmeichelte sie und erzählte, was sie empfunden hatte, als sie das Bild, das einst
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