Die Kuppel des Himmels: Historischer Roman (German Edition)
ehrbare Leute, aber es gibt ein paar Spitzbuben im Ort, wie den Wirt, die Gott weiß wohin Beziehungen unterhalten.«
»Man hat mir gesagt, Ihr seid der Beste!«
»Wer hat das gesagt?«
»Francesco Granacci.«
Zum ersten Mal hellte sich die Miene des Rothaarigen auf. »Seid Ihr Florentiner?«
»Ja.«
»Was soll das Geschwätz vom Papst? Warum habt Ihr das nicht gleich gesagt! Kommt, frühstückt mit uns, dann wollen wir alles Weitere besprechen.«
Es half nicht, dass Michelangelo darauf verwies, dass sie bereits das Morgenmahl eingenommen hatten. Sie traten in die große Stube, die mit ihrer niedrigen Decke eher einer Höhle glich. Am Fenster saß ein etwa vierzehnjähriges Mädchen. Sie stickte, sah nicht von ihrer Arbeit auf und sprach kein Wort. Es war, als sei sie gar nicht anwesend. Michelangelo entging nicht, dass ein unerwartet zärtlicher Blick des Hausherrn zu ihr hinüberhuschte, dann war Fritz wieder ganz bei ihnen und lud sie ein, an dem großen, groben Tisch Platz zu nehmen. Während der Zeitverlust den Bildhauer folterte, freute sich Francesco von Herzen über die unverhoffte Gelegenheit eines zweiten Frühstücks. Fritz lachte und deutete auf den Jungen.
»Wenn ich Euren Diener sehe, glaube ich nicht, dass ihr heute schon etwas zwischen die Zähne bekommen habt. So wie der zulangt!«
Eine Stunde später brachen sie endlich auf. Die Frau des Steinmetzen hatte ihnen ein Brot mitgegeben, in das dünne Speckscheiben und Tomatenstücke eingebacken waren, dazu zwei Flaschen Wein. Zu fünft stiegen sie in den Berg – Michelangelo, Francesco und Fritz il Rosso sowie dessen Söhne Guido und Matteo. Der Bildhauer schwieg. Es entsprach seiner Natur, eher weniger als mehr zu reden. Dafür fragte Francesco Matteo aus.
»Wie kommt dein Vater zu dem seltsamen Namen Fritz?«
Matteo lachte. »Es ist ein deutscher Name. Unsere Vorfahren sind aus dem Norden eingewandert.«
»Familientradition. Der erstgeborene Enkel wird wieder Fritz heißen«, ergänzte Guido.
»Der Gottesmutter sei Dank, dass dieser Enkelfluch, Fritz heißen zu müssen, an uns vorübergegangen ist«, sagte Matteo und bekreuzigte sich.
Dann erzählte Francesco von der nächtlichen Erscheinung in der Kirche. Fritzens Söhne wechselten einen schnellen Blick. Zu seiner Verwunderung lag aber weder Schrecken noch Angst darin, sondern wilder, gefährlicher Hass.
»Hand aufs Herz, was meinst du, seid ihr einem Gespenst begegnet oder einem Lebenden?«
»Messèr Michelangelo ist sicher, dass der Junge so lebendig war wie ich und ihr.«
»Dann ist es wahr, das Schwein lebt immer noch«, knurrte Matteo.
»Was ist? Was hat er getan?«
»Er hat sich an unserer Schwester vergangen«, stieß Guido hervor.
»Anna war die Lustigste von uns allen.«
»Seitdem schweigt sie.«
»Es bricht einem das Herz!«
»Vater hat ihn bis ins Gebirge verfolgt, um ihn zur Rede zu stellen. Vor Angst ist der Hundsfott den Berg runtergefallen.«
»Den Sturz überlebt keiner.«
»Nur der, den der Teufel beschützt.«
Dann schwiegen die Brüder. Dafür arbeitete es in ihren Köpfen umso heftiger, was man an ihrem finsteren Mienenspiel erkannte. Mit dem Jungen würde Francesco keinesfalls tauschen wollen, wenn dieser ihnen je in die Hände fallen sollte.
Eine knappe Stunde später sah Michelangelo in ein Tal hinab, als bücke er sich über die Zinnen des Palazzo della Signoria in Florenz.
»Ab jetzt wird es schwierig. Bleibt dicht hinter mir«, rief Fritz ihnen zu.
Der Steinmetz hatte nicht übertrieben, der Abstieg über schmale Pfade, die sich dicht an steile Wände schmiegten, nahm eine halbe Stunde in Anspruch. Francesco, der nicht schwindelfrei war, betete ein Vaterunser nach dem anderen, nur unterbrochen von einem Bittgebet an die Jungfrau Maria und einem Confiteor.
»Sehr musikalisch, Euer Diener«, spottete Fritz.
»Er wurde nicht dafür geschaffen und tut es dennoch, also verhöhnt ihn nicht«, wies der Bildhauer den Steinmetz zurecht.
Mit jedem Schritt, den sie tiefer hinabkamen, spürten sie die feuchte Kühle mehr, denn die Sonne reichte mit ihren Strahlen noch nicht ins Tal. Als sie die Sohle erreichten, gab es für Michelangelo kein Halten mehr. Er untersuchte das Gestein.
»Wie viel Steine braucht Ihr?«, fragte der Steinmetz.
»Sechzig.«
»Sechzig?« Fritz glaubte, sich verhört zu haben. »Das ist Arbeit für ein Jahr.«
»Dann beschafft Euch Hilfskräfte. Es muss in einem halben Jahr erledigt sein!«
»Das wird teuer!«
»Ist nicht
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