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Die Kurtisane des Teufels

Die Kurtisane des Teufels

Titel: Die Kurtisane des Teufels Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sandra Lessmann
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jungen Mann, der bis auf ein schmutziges Tuch, das er sich um die Lenden geschlungen hatte, völlig nackt war. Als er sie bemerkte, sah er sie neugierig an und lächelte ihr zu. Trotz seiner etwas grob geschnittenen Züge und der unrasierten Wangen war er ihr sympathisch, so dass sie das Lächeln freimütig erwiderte.
    Während Kitty dem Schließer in den Saal folgte, musste sie noch immer an den jungen Mann denken, der sich in bitterster Armut eine so einnehmende Freundlichkeit bewahrt hatte. Durch das große vergitterte Fenster fielen die Strahlen der Frühlingssonne herein, die jedoch nichts gegen die feuchte Kälte der steinernen Mauern auszurichten vermochte. Nicht einmal das Kohlenfeuer, das in einem gewaltigen Kamin auf der Westseite des Saales brannte, drang in jede Ecke. An einem großen Tisch saßen Gefangene und ihre Besucher. Andere beobachteten das Geschehen von den Galerien auf der Nord- und Ostseite, auf denen durch Bretterwände abgeteilte Betten standen.
    Ein junger Mann in kurzer Perücke und einfacher bürgerlicher Kleidung kam mit einem begrüßenden Lächeln auf Kitty zu.
    »Es tut mir leid, dass Ihr diese Unannehmlichkeiten ertragen müsst, Madam«, sagte er mitfühlend. »Bedauerlicherweise gibt es vorerst keine Möglichkeit, Euch den Aufenthalt hier zu ersparen.«
    Der Advokat war Stephen Robinson, Sohn und Erbe des liebenswürdigen Richters, der Kitty seit Jahren regelmäßig aufsuchte, um sich mit dem Stock züchtigen zu lassen. Sie hatte den Sohn einige Male in Mutter Grimshaws Haus gesehen und seine bewundernden Blicke bemerkt, doch der junge Anwalt stand erst am Anfang seiner Laufbahn und besaß noch nicht die Mittel, um sich Kitty leisten zu können.
    »Ich darf Euch versichern, dass die Kosten für Eure Unterbringung beglichen werden, ganz gleich, wie hoch sie sich belaufen mögen«, fuhr Stephen Robinson fort. »Es gab sogar einen Streit zwischen Seiner Gnaden, dem Herzog von Richmond, und seinem Halbbruder St. Albans, wer die Ehre haben sollte, für Eure Unkosten aufzukommen. Schließlich haben sie sich darauf geeinigt, die Summe zu teilen.«
    »Bitte bestellt beiden Herren meinen verbindlichsten Dank«, sagte Kitty gerührt.
    »Seine Gnaden, der Herzog von Richmond, wollte es sich eigentlich nicht nehmen lassen, Euch aufzusuchen und Euch höchstselbst Trost zu spenden, aber leider hält ihn eine kleine Unpässlichkeit davon ab.«
    »Es ist doch nichts Schlimmes, hoffe ich.«
    »Er fühlt sich schon eine ganze Weile nicht wohl, aber das wird schon wieder«, meinte der Advokat zuversichtlich. »Nun zu Eurem Fall. Morgen findet die Leichenschau statt, bei der Ihr aussagen müsst. Wenn Ihr Glück habt, befindet man auf Unfall oder Selbstmord. Wenn nicht, wird Euch in drei Wochen im Sitzungshaus am Old Bailey der Prozess gemacht.«
    »Und wie schätzt Ihr meine Aussichten ein?«, fragte Kitty.
    »Nachdem ich mit dem Konstabler gesprochen habe, der Euch verhaftete und der ebenfalls bei der Leichenschau aussagen wird, befürchte ich, dass dieser Eiferer, der Euer Gewerbe verdammt, alles daransetzen wird, Euch als Schuldige hinzustellen. Ihr werdet wohl um den Prozess nicht herumkommen.«
    »Der mit einer Verurteilung zum Tode enden kann«, ergänzte Kitty düster.
    »Ja«, gab Robinson zu. »Aber da es keinen Präzedenzfall gibt, ist bei dem Prozess noch alles offen. Verliert nicht die Hoffnung, Madam. Bis nach Tyburn ist es noch ein langer Weg.«
    Da er aus ihrem Gesicht las, dass seine Worte sie nicht zu trösten vermochten, faltete er unbehaglich die Hände und sah auf seine Finger hinab, bevor er sich dazu überwinden konnte, weiterzusprechen.
    »Leider habe ich noch eine schlechte Nachricht, Madam, die ich Euch nicht ersparen kann.«
    »Was ist es?«, drängte Kitty, da er erneut zögerte.
    »Als der Tod dieses bedauernswerten Signor Martelli bekanntwurde, erwirkte die Gesellschaft zur Reformation der Sitten einen Durchsuchungsbeschluss für Mistress Grimshaws Putzmacherladen. Heute Morgen stürmten die Büttel das Haus und verhafteten die Kupplerin und einige der Mädchen, derer sie habhaft werden konnten.«
    »Allmächtiger!«, entfuhr es Kitty entsetzt. »Das ist alles nur meine Schuld. Wohin hat man die Armen gebracht?«
    »Sie wurden unverzüglich einem Friedensrichter vorgeführt. Die Mädchen verurteilte man zu Zuchthaus, Mutter Grimshaw zum Pranger.«
    »Das ist schrecklich. Wenn ich doch nur etwas tun könnte, um ihnen zu helfen«, rief Kitty erschüttert.
    »Beruhigt Euch.

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