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Die Kurtisane des Teufels

Die Kurtisane des Teufels

Titel: Die Kurtisane des Teufels Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sandra Lessmann
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Tag allein und kehrte erst am späten Abend zu ihr zurück. Er erklärte ihr, dass er an den Geschäften eines Freundes beteiligt sei, die genug Gewinn abwarfen, dass er keiner geregelten Arbeit nachgehen musste. Da er über ausreichend Geld verfügte, so dass sie zwar nicht im Überfluss, aber bequem leben konnten, fragte Kitty nicht weiter nach der Art der Geschäfte, denen Daniels Freund nachging. Noch immer dachte sie daran, einen Dienstplatz als Magd oder Stubenmädchen zu suchen, doch in Daniels Gesellschaft verflog die Zeit so schnell, dass sie nie die Muße dazu fand.
    Eines Morgens, als Daniel sich schon früh zu seinem Freund aufgemacht hatte und Kitty ein wenig länger im Bett geblieben war, überkam sie nach dem Aufstehen auf einmal Übelkeit. Sie versuchte, ihren Magen zu beruhigen, indem sie ein wenig trockenes Brot knabberte, doch es half nicht, und schließlich erbrach sie sich in die Waschschüssel. Bis auf das eine Mal, als sie sich mit den Pocken angesteckt hatte, war Kitty nie krank gewesen. Daher hielt sie das Unwohlsein für eine kleine Magenverstimmung, möglicherweise hervorgerufen von dem stark eisenhaltigen Wasser des Islington Spa, das sie am vergangenen Tag getrunken hatte.
    Nachdem sie sich gewaschen und angekleidet hatte, schüttete sie das Schmutzwasser und den Inhalt des Nachtgeschirrs in einen Eimer und schickte sich eben an, ihn nach unten zum Abort zu tragen, als es an der Tür klopfte.
    Es war die Milchmagd, die ihnen jeden Morgen eine Kanne Milch verkaufte, ein stämmiges, vierschrötiges Mädchen mit rosigen Wangen und einer Mähne lockigen blonden Haares, die Haube und Strohhut kaum bändigen konnten. Als sie in Kittys blasses Gesicht sah, lächelte sie wissend und sagte mit Verschwörermiene: »Na, da steht uns wohl nächsten Frühling ein freudiges Ereignis ins Haus, Madam.«
    Auf Kittys verständnislosen Blick hin fügte die Milchmagd hinzu: »Oh, ich kenne die Zeichen. Ihr seid ein wenig grün um die Nase, und Euer Gesicht ist runder geworden. Ihr tragt ein Kind unter dem Herzen.«
    Kittys Augen weiteten sich überrascht. »Glaubt Ihr wirklich?«
    »Wenn ich es Euch doch sage, Madam. Ihr wusstet es noch nicht? Da habt Ihr Eurem Gatten aber eine frohe Nachricht mitzuteilen, wenn er zurückkehrt.«
    Ein tiefes Gefühl der Glückseligkeit breitete sich in Kitty aus und verscheuchte die Übelkeit. Strahlend holte sie die Milchkanne, die die Magd aus ihrem Eimer mit Hilfe einer Schöpfkelle füllte, und reichte ihr dann die zweite Hälfte des Kerbholzes, so dass das Mädchen es mit ihrem eigenen Exemplar zusammenlegen und die heutige Lieferung markieren konnte.
    Als die Milchmagd sich verabschiedet hatte, sah Kitty lange zum Fenster hinaus und sann über die überraschende Neuigkeit nach. Sie trug ein Kind. Daniels Kind! Ihre Liebe hatte Früchte getragen. Ob er wohl ebenso glücklich darüber war wie sie, wenn sie es ihm erzählte? Einen kurzen Moment lang überkamen sie Zweifel. Und wenn Daniel noch kein Kind wollte? Schließlich waren sie nicht einmal verheiratet. Bisher hatte sich Kitty gescheut, ihn darauf anzusprechen, doch nun, da sie ein Kind erwartete, lag die Sache anders.
    Den ganzen Tag über konnte sie an nichts anderes denken, und als Daniel schließlich weit nach Sonnenuntergang heimkehrte, war sie durch die Grübelei so verunsichert, dass er beim Eintreten ihrem Gesicht sogleich ansah, dass etwas nicht in Ordnung war.
    »Was ist mit dir, Liebes?«, fragte er und küsste sie zärtlich auf den Mund, der unter seinen Lippen zitterte wie ein ängstlicher Vogel. »Was bedrückt dich? Ich weiß, ich war lange fort, aber die Geschäfte erforderten viel Zeit. Wir sind gerade erst fertig geworden.«
    Sie blickte ihn nervös an. »Ich erwarte ein Kind«, sagte sie und verstummte dann, da sie nicht wusste, was sie hinzufügen sollte.
    Der liebevolle Ausdruck auf seinem Gesicht wich unverhohlenem Entsetzen. »Bist du sicher?«
    »Nicht vollkommen, aber …«
    »Verstehe.«
    Er wandte sich ab und blieb einen Moment unschlüssig in der Mitte der Kammer stehen. Dann hob er seinen Hut auf, den er beim Eintreten auf einen Stuhl geworfen hatte, und setzte ihn auf.
    »Wohin gehst du?«, rief sie beunruhigt.
    »Ich muss nachdenken«, erwiderte er und öffnete die Tür. »Warte nicht auf mich.«
    Die Nacht über fand Kitty kaum Schlaf. Nachdem sie noch lange im Bett gesessen und auf Daniels Rückkehr gewartet hatte, nickte sie irgendwann übermüdet ein, schreckte aber mehrmals auf,

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