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Die Kurtisane des Teufels

Die Kurtisane des Teufels

Titel: Die Kurtisane des Teufels Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sandra Lessmann
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Verstopfung des Wasserlaufs vorzubeugen, in den die Anwohner seit Hunderten von Jahren ihre Abfälle warfen. Unrat, Essensreste, Tierkadaver und Gedärme, die die Fleischer in den Fluss entsorgt hatten, gingen im träge fließenden Wasser in Fäulnis über und überzogen die Gegend mit einem dermaßen abstoßenden Gestank, dass Kitty versucht war, sich die Nase zuzuhalten.
    »Wo sind wir hier?«, fragte sie und warf einen missbilligenden Blick in die engen dunklen Gassen, die vom Kanal in alle Richtungen ausstrahlten.
    »Im Freibezirk des Fleet«, belehrte Daniel sie. »Das düstere viereckige Gebäude mit den vergitterten Fenstern ist das Fleet-Gefängnis. Die meisten der Insassen sind säumige Schuldner.«
    Noch bevor Kitty sich erkundigen konnte, was sie an diesem bedrückenden Ort sollten, zupfte ein zerlumptes altes Weib Daniel am Ärmel, lächelte ihn zahnlos an und sagte einladend: »Sir, wollt Ihr nicht eintreten und Euch trauen lassen?«
    Dabei deutete das Mütterchen auf eine heruntergekommene Schenke, deren Schild über der Tür die ineinander verschlungenen Hände eines Mannes und einer Frau zeigte. Darunter stand geschrieben: »Hier werden Trauungen vollzogen.«
    Daniel wandte sich zu Kitty um und fragte mit einem Lächeln, das ihr Herz schmelzen ließ: »Willst du? Willst du meine Frau werden?«
    Erleichtert nickte sie und begann zu strahlen. »Natürlich will ich … aber, geht das einfach so ohne Aufgebot oder Sondergenehmigung?«
    »Die Kirche erlaubt es nicht, aber sie kann nichts gegen den Brauch ausrichten«, erklärte Daniel. »Hier im Freibezirk des Fleet gibt es viele verschuldete Geistliche, die Trauungen durchführen und sich um die Geldstrafe, die darauf steht, nicht zu kümmern brauchen, da sie ohnehin schon im Schuldgefängnis sitzen.«
    Wie im Traum folgte Kitty Daniel und der Alten durch den mit Tabakrauch erfüllten Schankraum des Gasthauses in ein Hinterzimmer, in dem bereits mehrere Paare auf das Erscheinen des Klerikers warteten. Ein Seemann, den man an seinem rollenden Gang erkannte, hielt die Hand eines pausbäckigen Mädchens, das vielleicht nicht seine einzige Braut war, ein Hugenotte machte seiner Angebeteten Liebesgeständnisse auf Französisch, und ein Chelsea-Pensionär in marineblauer Uniform nahm eine wenig ansehnliche Gevatterin zur Frau. Die Prämie, die das Kirchspiel der Braut ihm zahlte, da die Armenpfleger nun kein Almosen mehr zahlen mussten, war vermutlich Anreiz genug.
    Schließlich erschien der Geistliche, ein rechter Hungerhaken, so lang und mager war er, in Soutane und Chorhemd, das Gebetbuch der anglikanischen Kirche in den knochigen leichenblassen Händen. Als Daniel und Kitty an der Reihe waren, legte der junge Mann die Gebühr von sieben Schillingen und sechs Pence auf das aufgeschlagene Buch, das der Geistliche ihm hinhielt, zusammen mit einem einfachen Goldring, den er am Morgen besorgt haben musste.
    Die Zeremonie wurde so kurz und knapp wie möglich abgehalten, denn es warteten noch weitere Brautpaare, die aus ganz London und sogar den umliegenden Grafschaften herkamen. Eine Fleet-Hochzeit war weitaus billiger als die Eheschließung im Pfarrsprengel, für die seit etwa zwanzig Jahren eine Sondersteuer zu entrichten war.
    Nachdem sich Daniel und Kitty das Jawort gegeben hatten, machte der Geistliche eine Notiz in ein speckiges kleines Handbuch, aus dem er die Namen der Vermählten – so sie dies wünschten – in ein offizielles Register übertragen würde. Daniel versicherte seiner frischgebackenen Gemahlin, dass ihre Ehe ebenso gültig war wie eine, die in der Gemeindekirche geschlossen wurde. Der Geistliche nickte bestätigend. Daraufhin lud die Wirtin die Eheleute ein, in ihrer Schenke zu feiern, und pries ihren Wein und Brautkuchen an.
    So verließ am Nachmittag das junge Mädchen aus Stamford ein wenig beschwipst und gesättigt am Arm ihres Gatten die Schenke als Mistress Catherine Gascoyne und blickte einem glücklichen Familienleben entgegen, das sie sich drei Monate zuvor nicht hätte träumen lassen.

9
    Hinter einem Vorhang von duftigen Schneeflocken hing der leblose Körper eines Gehängten am Galgen. Mit einem leisen Aufstöhnen wandte sich Kitty ab. Sofort legte Daniel seinen Arm um ihre Schultern und zog sie sanft zu sich.
    »Es tut mir leid«, sagte er tröstend. »Es kommt selten vor, dass sie jemanden auf dem Clerkenwell-Anger hängen. Wenn ich gewusst hätte, dass eine Hinrichtung vorgesehen war, hätte ich dich nicht

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