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Die Kurtisane des Teufels

Die Kurtisane des Teufels

Titel: Die Kurtisane des Teufels Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sandra Lessmann
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wahr?«
    Kitty nickte.
    »Eine Kokotte, mit der man sich in guter Gesellschaft sehen lassen kann, vermag es weit zu bringen«, erklärte der Herzog. »Das Auftreten einer Dame ist viel wichtiger als Schönheit. Einer Frau, die beides besitzt, stehen alle Türen offen.«
    Mit einem schelmischen Lächeln erhob er sich, nahm erneut Kittys Hand und half ihr beim Aufstehen. Vor einem Spiegel an der Wand zog sie ihr Dekolleté zurecht und strich sich eine Locke aus der Stirn, die dem Haarknoten entschlüpft war. Charles Lennox betrachtete sie bewundernd. Bevor sie die Kammer verließen, drückte er Kitty einen wohlgefüllten Geldbeutel in die Hand.
    »Gehen wir nach unten und sehen wir nach unseren Begleitern«, schlug er vor.
    Im Schankraum hatten die anderen Speisegäste munter weitergezecht. In einer Ecke lag ein zersplitterter Stuhl, Überbleibsel einer Rauferei, die jedoch beendet war, als der Herzog von Richmond mit Kitty eintrat. Polly saß an einem der Tische und ordnete gelassen ihre Kleidung, deren Zustand verriet, dass sie ebenfalls gerade einen Freier beglückt hatte. Nan dagegen war nirgendwo zu sehen.
    Als Sally Salisbury die beiden Rückkehrer bemerkte, sprang sie wutentbrannt von ihrem Stuhl auf und schrie: »Verfluchte Schlampe, nimm deine schmutzigen Finger von ihm!«
    Ohne nachzudenken, ergriff die entrüstete Kurtisane ein Glas und schleuderte es in Kittys Richtung. Sally hatte nach dem Kopf ihrer Rivalin gezielt, doch Richmond zog Kitty geistesgegenwärtig an sich, so dass das Geschoss sie verfehlte und stattdessen Fanny traf, die, wieder angekleidet, auf einem Stuhl neben der Tür gesessen und sich noch einige Gläser Madeira genehmigt hatte. Mit einem zornigen Schrei fuhr die Posier-Dirne hoch und stürzte sich auf Sally.
    »Was fällt dir ein, Metze? Willst du mir den Schädel spalten? Na warte!«
    Von Eifersucht und dem Usquebaugh, den sie im Laufe des Abends in sich hineingeschüttet hatte, angeheizt, empfing Sally die Angreiferin mit einem Fausthieb ins Gesicht. Der Schlag ließ die kräftig gebaute Fanny zurücktaumeln, warf sie aber nicht um. Ihre Hände zuckten vor, und die gespreizten Finger vergruben sich in Sallys Haaren und dem Ausschnitt ihres Kleides. Kurze Zeit später rollten die zwei weiblichen Kampfhähne kreischend und fauchend über den mit Sand bestreuten Holzboden, kratzten und bissen sich gegenseitig und rissen einander die Haare aus.
    Entsetzt betrachtete Kitty das schreckliche Schauspiel. »Wollt Ihr nicht eingreifen, Euer Gnaden?«, fragte sie.
    »Um Gottes willen, nein«, antwortete er ironisch. »Die Furien würden mich in Stücke reißen. Seht Ihr nun, was ich meine? Lasst uns gehen. Das ist kein Ort für Euch.«
    Da es ohnehin fast ein Uhr morgens war und die »Rose« um diese Zeit schloss, verließen Kitty, Polly, der Herzog und zwei seiner Begleiter mit einigen der anderen Speisegäste die Schenke und gingen die wenigen Schritte zu »Tom Kings Kaffeehaus«, das die ganze Nacht geöffnet hatte.
    Die Baracke war bereits voll bis zum Bersten. Nur widerwillig machten die Trunkenbolde dem in Spitzen und Brokat gekleideten Herzog Platz. An einem Tisch im hinteren Bereich des Kaffeehauses ließen sich die Ankömmlinge nieder. Richmond winkte einem der Schankmädchen, deren Haut so schwarz wie Ebenholz war.
    Kitty, die noch nie eine Afrikanerin gesehen hatte, starrte das hübsche schwarze Mädchen verblüfft an.
    »Das ist Black Betty«, erklärte Polly, als sie Kittys staunenden Gesichtsausdruck sah. »Sie ist so etwas wie eine feste Einrichtung hier im ›Tom Kings‹.«
    Black Betty brachte ihnen Kaffee. Obwohl Kitty das bittere Gebräu nicht mochte, trank sie ein paar Schlucke, um ihren Kopf ein wenig vom Alkohol zu klären. Die Kaffeestube war kaum wiederzuerkennen. Bisher hatte Kitty sie nur während des Tages erlebt, wenn sich kaum ein Gast in die Baracke verirrte. Doch nun, zur Nachtzeit, war das einfache kleine Kaffeehaus der Mittelpunkt der vornehmen Welt.
    An einem Nebentisch saßen drei bürgerlich gekleidete Männer. Einer von ihnen machte geschäftig eine Skizze in einem kleinen Notizbuch. Als er aufsah und ihre Blicke sich trafen, erkannte Kitty in ihm den Kupferstecher William Hogarth, der sie nach dem Zusammenbruch des Hauses in der Dyott Street angesprochen hatte. Eine Weile betrachtete er sie forschend und schien zu überlegen, woher er sie kannte. Dann ging ihm endlich ein Licht auf, und er nickte ihr anerkennend zu. Als der Herzog von Richmond und seine

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