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Die Kurtisane des Teufels

Die Kurtisane des Teufels

Titel: Die Kurtisane des Teufels Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sandra Lessmann
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beiden Freunde sich bei den Damen entschuldigten, um eine Partie Piquet mit zwei anderen Gentlemen zu spielen, setzten sich die drei Männer vom Nebentisch zu Kitty und Polly.
    »Welche Überraschung, Euch wiederzusehen, Madam«, rief William Hogarth erfreut. »Ihr erinnert Euch doch an mich. Es waren tragische Umstände, unter denen wir uns begegneten, aber wie es scheint, habt Ihr seitdem mehr Glück im Leben gehabt.«
    Er stellte seine beiden Begleiter vor. »Dies ist Captain Marcellus Laroon, Maler, Sänger und Offizier der Armee, und Sir Godfrey Kneller, Hofmaler.«
    Sir Godfrey machte eine tiefe Verbeugung.
    »Ich könnte mir kein reizenderes Modell vorstellen als Euch«, sagte er galant. »Vielleicht ergibt sich einmal die Gelegenheit zu einem Porträt.«
    Die drei Künstler bestellten Wein. Als Black Betty ihnen eine Karaffe gebracht hatte, deutete Kitty auf das Notizbuch, das Hogarth auf dem Tisch abgelegt hatte, und fragte: »Zeigt Ihr uns Eure Zeichnungen?«
    Der junge Kupferstecher zögerte einen Moment, dann nickte er zustimmend und schlug das Büchlein auf. Die letzte Skizze, die noch nicht fertiggestellt war, zeigte Kitty.
    »Bin ich das wirklich?«, staunte sie. »Ihr habt mich so hübsch gezeichnet.«
    »Glaubt mir, Madam«, warf Marcellus Laroon ein. »Ihr seid umwerfend schön! Und Eure Bescheidenheit ist entzückend.«
    Kitty nahm das Notizbuch aus Hogarths Händen und blätterte zurück. Der junge Künstler hatte noch einige andere anwesende Gäste gezeichnet, denen man deutlich den zunehmenden Alkoholgenuss ansah.
    »Wenn sie betrunken sind, geben die Leute sich natürlicher«, erklärte er.
    Die Charakterstudien verrieten das überragende Talent des Kupferstechers.
    »Habt Ihr schon einmal daran gedacht zu malen?«, fragte Polly beeindruckt.
    »Schon oft«, gestand Hogarth. »Aber bisher habe ich noch keinen Versuch unternommen. Es ist nicht leicht, in diesem Metier genug zu verdienen, um eine Familie zu unterhalten.«
    »Aber wenn Ihr berühmt werdet, wird Euer Name in aller Munde sein, und die Menschen werden hohe Preise für Eure Bilder zahlen!«, meinte Kitty aufmunternd.
    »In hundert Jahren vielleicht«, spottete Hogarth.
    Fasziniert blätterte Kitty das Notizbuch weiter durch. Plötzlich hielt sie inne, und ihre Miene wurde traurig.
    »Sah ich damals so aus?«, fragte sie erschüttert, während sie das Porträt betrachtete, das der Maler an jenem Tag gemacht hatte, als das Haus in der Dyott Street zusammengestürzt war. »Wie ein gehetztes Tier?«
    »So habe ich Euch gesehen«, entgegnete der junge Kupferstecher. »Deshalb bin ich sehr erfreut, Euch so wunderbar verwandelt zu finden.«
    Ohne ihn anzublicken, betrachtete Kitty die Skizzen des Trümmerhaufens und der zum Skelett abgemagerten Leichen der Frauen.
    »Ich wollte nicht so enden wie sie«, sagte sie leise.
    Betroffen sah Polly sie an, wagte es jedoch nicht, die Versunkenheit ihrer Freundin zu stören. Wieder hielt Kitty bei einer Zeichnung inne. In ihre Augen traten heiße Tränen.
    »Das ist ja Betty!«, murmelte sie bewegt.
    »Die Hökerin? Ja, ich kannte sie gut«, bestätigte Hogarth. »Ich habe sie mehrmals gezeichnet. Sie war eine Persönlichkeit.«
    Als er Kittys Tränen sah, löste er vorsichtig die Skizze von Betty aus dem Notizbuch und reichte sie der jungen Frau.
    »Es wäre mir eine Freude, wenn Ihr sie annehmen würdet, Madam.«
    Kitty dankte ihm und steckte die Zeichnung ein. Sie würde das Erinnerungsstück immer in Ehren halten.
    In das angeregte Gespräch mit den drei Künstlern vertieft, verging für Kitty und Polly die Nacht wie im Flug. Immer wieder richteten sich lüsterne Blicke auf die beiden Kurtisanen, doch niemand unter den Anwesenden schien sich zuzutrauen, den hohen Preis, den sie verlangen würden, zu zahlen. In den frühen Morgenstunden torkelten der Herzog von Richmond und seine Begleiter von der Baracke nebenan, in der die Glücksspiele stattfanden, in den »Green Man« zurück.
    Schwankend verbeugte sich Charles Lennox vor Kitty und lallte: »Ich bin untröstlich, Miss Montague, dass ich Euch nicht länger Gesellschaft leisten kann. Wir haben dem Wein wohl etwas zu freimütig zugesprochen. Wenn Ihr erlaubt, werde ich Euch morgen Nachmittag meine Aufwartung machen.«
    Nur mühsam hatte sich der Herzog wieder aufgerichtet und taumelte am Arm seiner Freunde aus dem Kaffeehaus. Draußen riefen die adeligen Trunkenbolde nach einer Mietkutsche.
    »Nun, ich schätze, für uns wird es auch Zeit, uns auf

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